MFG - "Ich habe ein Perpetuum Mobile in mir"


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St. Pöltens gute Seite

"Ich habe ein Perpetuum Mobile in mir"

Text Marion Pfeffer
Ausgabe 09/2010

Halb Österreich hat die Kärntnerin Brigitte Schlögl berufsmäßig durchquert, bevor sie im Mai in der niederösterreichischen Museumslandschaft das Ruder übernommen hat. Ein Gespräch über das Landesmuseum, Kitsch und die Niederösterreicher.

Was möchten Sie denn gerne von mir wissen?“ Brigitte Schlögl fackelt nicht lange. Als promovierte Politikwissenschafterin und Publizistin, die ihre ersten Sporen bei der Salzburger Volkszeitung verdiente, kann man der 48-Jährigen beim Interview nichts vormachen. Schlögl nimmt das Gespräch gleich in die Hand, genauso wie ihre Karriere: „Das hat sich bei mir immer alles ergeben. Und zu ihrer Frage, die sie gerade stellen wollten: Nein, ich bin nicht vergeben, das hat sich nicht ergeben“, umschreibt sie kurz ihren Lebenslauf. Ein Prinzip von ihr ist es, nichts auszuschließen und die Möglichkeiten beim Schopf zu packen: „Mich treibt meine Neugier an und der Spaß, den ich an der Arbeit habe!“

Schlögl ist seit Mai Geschäftsführerin der Museums Betriebs GmbH kurz MBG. Was sie an dem Job fasziniert hat: „Erstens hab ich in der Branche noch nicht gearbeitet und zweitens ist bei mir ein absolutes Interesse an Kultur da. Ich könnte nie etwas machen, das mich nicht interessiert.“ Hinter dem Begriff MBG versteckt sich nicht nur das Landesmuseum, sondern auch der Klangturm, die Artothek NÖ, das Museum Gugging und der Kunstraum Niederösterreich. Eine große Aufgabe. „Ja sicher die größte Aufgabe bisher. Allerdings muss ich gestehen, ich bin noch nie so entspannt einen Job angegangen wie diesen. Ich habe ein tolles Vermächtnis übernommen und einzelne funktionierende Bausteine. Es besteht ein großes Spielfeld und viel Platz für meine eigene Handschrift“, so Schlögl über ihr neues Projekt. Der Tatendrang ist groß. Mit ihrem Tempo mitzuhalten, gibt sie zu, ist nicht immer ganz leicht. Als Chefin verlangt sie schon Einiges von ihren Mitarbeitern. Dafür ist sie für jede Kritik offen und immer gesprächsbereit. „Ich habe das Glück mit einem tollen Team zu arbeiten. Für die Ausstellungen habe ich ja die Kuratoren und künstlerischen Leiter und ich habe eine super Partnerin in der Geschäftsführung, Cornelia Lamprechter, die mir das Controlling abnimmt. Das bedeutet, ich kann mich voll und ganz darauf konzentrieren, gute Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Konzepte funktionieren.“
Politisch gut ausgedrückt, aber was dürfen wir nun konkret von Brigitte Schlögl erwarten? „Ich komme aus dem Tourismus, das bedeutet ich bin eine Dienstleisterin. Uns muss klar sein, dass wir die wichtigste Zeit der Leute gestalten – ihre Freizeit. Mein Ziel muss es sein, dass jeder etwas mit nach Hause nehmen kann. Mein Fokus ist ganz klar der Mensch.“ Was die Menschen wirklich wollen, erfährt Schlögl in langen Gesprächen. „Ich bin momentan in der Phase, in der ich mich umhöre, mit Leuten rede, meine Mitarbeiter kennenlerne und auslote, wie der Hase läuft und wo man Dinge verbessern kann.“ Deshalb gibt es jetzt im Landesmuseum bei den Bienenstöcken ein Stockerl, damit auch die ganz Kleinen bestaunen können, wie es im Stock schwirrt. „Müssen Sie sich vorstellen: Vor kurzem kommt ein älterer Herr ins Museum und beklagt sich, dass er seinen Schirm abgeben muss. Schirme sind bei uns nicht erlaubt, weil die Spitzen den Boden beschädigen und die Feuchtigkeit schlecht für die Ausstellungsstücke sind. Der Arme hat den Schirm aber als Gehhilfe benutzt. Daher haben wir jetzt auch Leih-Gehhilfen im Museum. So eine Kleinigkeit soll doch niemanden von Kultur abhalten!“

Mittlerweile ist Schlögl seit acht Jahren in Langenlois zu Hause, da bekommt man sicher einen Eindruck von den Niederösterreichern. Wie ticken wir eigentlich? „Südländer sind sie keine, das muss man ehrlich sagen. Sie lassen sich zwar hinter dem Ofen leicht hervor locken, aber zu sich rein lassen sie einen nicht so schnell. Dafür habe ich selten so viele Menschen mit Handschlagqualität kennengelernt. Auf die Niederösterreicher kann man sich verlassen!“
Tatsächlich hat ihr Weg bis nach St. Pölten „48 Jahre gedauert“. Die gebürtige Klagenfurterin hat es zunächst zum Studium ins schöne Salzburgerland verschlagen, wo sie ganze 13 Jahre „hängen geblieben“ ist. Im Seilbahngeschäft hat sie das Management von der Pike auf gelernt. Dort hat sie sich zunächst als junge Uni-Absolventin als Assistentin des Direktors behauptet und später die Leitung des Marketings, dann der Öffentlichkeitsarbeit und zuletzt der Gastronomiebetriebe der Seilbahnen AG übernommen. In der damals doch recht männerdominierten Branche hat sich Schlögl allerdings als Frau nie im Abseits gefühlt: „Diese ganze Männer/Frauen Debatte hab ich nie so richtig verstanden. Ich habe mich nie anders behandelt gefühlt oder hätte es härter gehabt als ein Mann. Es ist sicher so, dass Frauen zu vielen Themen der Arbeitswelt einen anderen Zugang haben. Meiner Erfahrung nach war das allerdings immer positiv und habe ich mich deshalb nicht weniger durchsetzen können. Ganz im Gegenteil.“ Gemacht hat sie auch stets nur das, was ihr Spaß gemacht hat und solange sie das Gefühl hatte, dass sie noch einen Auftrag hat.

Und so trieb sie die Neugier 2002 in die Weinstadt Langenlois. Im Loisium konnte Schlögl ihre Vinophilie mit ihrem Beruf verbinden und im weitesten Sinne in die Fußstapfen des Großvaters – eines Winzers – treten. Als Geschäftsführerin der Loisium Kellerwelt gewann sie zwei Tourismusstaatspreise und zog 2007 in den Gartenbereich weiter. Drei Jahre lang kümmerte sie sich um das Gartenfestival 2010 in der Thermenregion und unterrichtete nebenbei in Krems an der Tourismusschule.

„Ich habe, glaube ich, so ein Perpetuum Mobile in mir, das mich dauernd am Laufen hält. Nichtstun ist nichts für mich. Sogar im Urlaub bin ich aktiv. Mich interessiert so viel und für das, was ich will, setze ich mich ein. Mittlerweile erkenne ich aber auch schon die Zeichen, wenn mein Körper einfach mal eine Pause braucht.“ Dann packt sie sich zusammen und fährt nach Bad Waltersdorf zum Batterien aufladen. Das Alter spielt bei ihr allerdings keine Rolle, dafür lebt sie zu sehr im Moment. Was früher war, ist vorbei. Was in ein paar Jahren ist, kann niemand vorher sagen. Wichtig ist, was gerade ansteht und das ist spannend. Frei nach ihrem Lebensmotto: Love it, change it or leave it …