MFG - Fluchtweg
Fluchtweg


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Fluchtweg

Text Thomas Fröhlich
Ausgabe 03/2014
Wenn diese MFG-Ausgabe erscheint, liegt die Burlesque and Cabaret Night des Cirque Rouge in der Bühne am Hof schon einige Tage zurück.
Schade. Denn die Mischung aus Glamour, Eleganz, erwachsenem Witz, geschwungenen Reden und ebensolchen Tanzbeinen sowie betörender Sinnlichkeit ließ die Besucherinnen und Besucher für einen kurzen Moment die Jogginghosen-Tristesse im Hundekackhaufen-Ambiente vor der Tür (also die Realität) vergessen. Nicht strip, sondern tease lautet das Zauberwort: Verführung, gebettet in trashige Noblesse, die eine dunkel-verheißungsvolle Schönheit verströmt.
Eskapismus? Ja, unbedingt. Stellvertretend für eine bessere, fantasievollere Welt.
Denn sehe ich mir die so genannte Wirklichkeit an, kommt mir eh das Frühstück vom Vortag hoch. Da randaliert etwa die Antifa-Dummlinke in der Bundeshauptstadt, weil ihr die Dummrechte beim Feiern missfällt: ein Stellvertreterkrieg zwischen Pest und Cholera. Da darf man im Reality-Dschungel-TV einem minderbegabten und -bemittelten Provinzpolitikertöchterl mit russischem Namen beim Deppatsein zusehen statt das eigene Leben in den Griff zu kriegen. Und da stänkert eine militante Nichtraucherin und ausgewiesene Feindin jeglicher Genusskultur in einem St. Pöltner Café doch des Nächtens (!), dass sie und ihr seit Stunden plärrendes Kleinkind dem bösen, bösen Rauch aus dem Nebenraum ausgesetzt seien. Während draußen die Abgase des Individualverkehrs mäandern.
Fazit: Um sehr frei mit dem großartigen Beatnik-Autor – und Raucher – William Burroughs zu sprechen, „Realität ist etwas für Menschen, die mit Drogen nicht umgehen können.“ Oder – stellvertretend – mit Genuss. Fantasie. Ich will sofort zurück. Ins Rouge.