MFG - Gleich
Gleich


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Gleich

Text Tina Reichl
Ausgabe 03/2020
Wenn mein Sohn sagt, er hört gleich auf mit seinem Handy zu spielen, er kommt wirklich gleich zum Zähne putzen und er beginnt auch gleich mit der Hausübung, ist das ein dehnbarer Begriff. Unter „gleich“ versteht er und der Durchschnittsösterreicher nämlich nichts anderes als bald mal, in nächster Zeit, eh dann mal, vielleicht im Anschluss oder mal sehen. Wenn im Geschäft der Zettel hängt „Komme gleich!“ kann dieses  eine Stunde Mittagspause bedeuten oder 10 Minuten „Ich rauch nur kurz eine und checke meinen Insta Account“, während es sich beim gleichen Satz im Schlafzimmer nur mehr um Sekunden handeln dürfte. Die Steigerungsform von gleich ist das Wort „glei-heich“ – meistens etwas harsch und genervt ausgesprochen. Der genaue Zeitrahmen wird aber hier ebenfalls nicht konkretisiert. Da kann ich bei prompt, in Kürze oder unverzüglich schon sicherer sein, dass etwas bald mal passiert. Will ich jemanden auffordern, etwas gleich zu unternehmen sind sowieso andere Wörter angesagt: „Sofort, augenblicklich, stante pede oder Zack! Zack! Zack!“ – klingen aber irgendwie nicht sehr freundlich. Erstaunlicherweise gibt einem dieses „ gleich“ hingegen ein gutes Gefühl, man glaubt es sogar und wartet beruhigt. Zumindest in der ersten Viertelstunde. Wenn mein Sohn sagt, dass er jetzt eh gleich zum Handyspielen aufhört, dann meint er das ja sicher auch so. Es kann sich also nur noch um Minuten handeln… Nach mehrmaligen Erinnerungen im 10-Minuten-Takt bequemt er sich dann doch aus seinem Zimmer und steckt sein Handy ans Aufladegerät. Akku aus!
Warum nicht gleich?