MFG - Psychostasis
Psychostasis


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Psychostasis

Text Thomas Fröhlich
Ausgabe 06/2022
Im Rahmen der Biennale in Venedig konnte man bis Ende Mai den gleichnamigen Kurzfilm der Künstlerin Holly Zausner sehen: Eine Frau in mittleren Jahren durchstreift die Stadt (die Serenissima) – sie befindet sich offenbar in einem Limbo zwischen Leben und Tod („Psychostasis“ beschreibt jenen Zustand, in dem die Seele seitens des Göttlichen gleichsam „gewogen“ wird). Immer wieder zieht es sie in Museen, Bibliotheken, Kirchen und Konzertsäle, in denen die Musik (der Erinnerung) andauert. Kunst als Rettung also? Der Film gibt keine festen Antworten, hinterlässt aber Hinweise, die auch nichtreligiöse Menschen annehmen dürfen. Nun ist St. Pölten klarerweise nicht Venedig, obgleich mittlerweile die Einwohneranzahl ähnlich ist: Immer mehr eingesessene Venezianer verlassen die Stadt nicht zuletzt aufgrund entfesselter Wohnraumpreise und hemmungslosen Overtourisms. Nun, das Problem mit Overtourism etwa hat St. Pölten garantiert nicht – man darf der Stadt aber eine sehr rührige Kunst- und Kulturbeflissenheit unterstellen, auch wenn diese oftmals in Nischen blüht, abseits der institutionalisierten Kulturförderung, die nicht selten lieber nach ideologischen denn nach künstlerischen Vorgaben Entscheidungen trifft. Böse Zungen meinen auch, Hauptsache, es werde brav gegendert – der Rest ergebe sich von selbst. Das soll jedoch nicht davon ablenken, dass wir (noch) eine schöne kulturelle Bandbreite vorfinden, die einigen Unermüdlichen und Begeisterten zu verdanken ist, die mit Herzblut bei der Sache sind. Und um deren „Psychostasis“ ich mir keine Sorgen zu machen brauche.