Nächstes Jahr vergessen
Text
Michael Müllner
Ausgabe
Wir widmen diese Ausgabe also der Tangente? Warum auch nicht. Das Festival für Gegenwartskultur war das Schlagobershauberl auf dem Teuersten seit der Hauptstadtwerdung. Da darf man schon ein bisserl gescheit daherreden.
Wir hören seit Jahren, dass die Landespolitik auf Kosten der nächsten Generationen lebt. Wir hören seit Jahren, dass die Kommunen aus dem letzten Loch pfeifen. Da beruhigt es dann doch, dass wo ein politischer Wille ist, auch ein Weg gefunden wird. Es war ein schönes Gefühl, als ich nach jahrelangem journalistischem Hinschauen das erste Mal über einen halbwegs hergerichteten Jüdischen Friedhof gestapft bin. Es freut mich, dass große Projekte in dieser Stadt möglich sind, auch wenn es sich dabei um Themen handelt, die nicht alle interessieren. Eine Bücherei. Eine Musikschule. Ein Alumnatsgarten. All das brauchen viele überhaupt nicht. Aber in einer Gemeinschaft zählt auch, was ein Einzelner braucht und nicht nur wofür die meisten sind.
Nächstes Jahr um die Zeit haben wir die Tangente vergessen. Sie hat uns St. Pöltnerinnen und St. Pöltner nicht erreicht. Und wenn doch, dann hat sie uns leider genervt. Zu viel gut gemeint, zu viel schlecht gemacht. Zu viel Sahnehäubchen. Aber das ist nur meine Meinung. Ich hätte mich gerne tiefer in Zahlen gegraben und versucht meine Wahrnehmung mit Fakten zu prüfen. Was wurde konkret erreicht und was hat es genau gekostet? Aber da endete rasch das Sympathisch-Weltverbessernde und begrüßte mich im breiten Mostviertler-Dialekt das altbekannte Intransparente. Schade.