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St. Pöltens gute Seite

Roul Starka

Roul Starka
Kolumnist
Der Dichter. Plaudert gerne aus dem Nähkästchen und lotet die Untiefen der St. Pöltner Seele aus. Ist dabei – egal ob in Jesolo, Kroation oder Wien – eigentlich trotzdem immer in St. Pölten. Bringt als Chansonier die Dichtung ins MFG. Ganz starka!

Foto Josef Vorlaufer

Lieber Sommer!

Lieber Sommer, zeig mir, was du kannst. Lass mich mit meinem Hund am Traisenstrand liegen, mit meiner Frau zu den Nackerten am Ratzersdorfer See gehen. Mit meinen Kindern will ich grillen, es soll bratwürsteln und koteletten, Senf und Soßen viele Male im Kreis, an unseren Herzen vorbei. Gott ist eine Henne, in ihre Schenkel will ich beißen oder ihre Flügerl langsam abnagen. In der Wiese liegen und staunen, über mir ein Himmel, der zu mir spricht.
Ja, so stell ich mir das vor. Vor  ...


Foto Gundolf Renze - Fotolia.com

Wir wählen

Wir wählen unentwegt, und es ist uns sehr wichtig. Fahre ich über die Mariazellerstraße in die Stadt oder über die Josefstraße. Gehe ich dort ins Schubert oder ins Wellenstein, Caffè Latte oder Cappuccino. Wir wissen genau, was wir wollen und wählen frei, entfachen „Religionskriege“ ob Kantwurst oder Salami, Sachertorte oder Malakoff. Am Abend nehmen wir uns die Fernbedienung und sagen laut: „Ich wähle!“ Nur bei politischen Wahlen ist es uns oft wurscht, siehe Wahlbeteiligung.  ...


Foto celeste clochard - Fotolia.com

Gut Anfangen

Meine einzige Vorgabe für meine Kolumne ist: Es soll etwas mit St. Pölten zu tun haben. Na gut. Und wie schreib ich jetzt nicht über Flüchtlinge?
Mein Urgroßvater war Tscheche, und wahrscheinlich findet jeder in seiner Familie zwei, drei Generationen zurück sogenannte Wirtschafts-Flüchtlinge. Sie wollten es woanders besser haben. Das ist ein Grundrecht des Menschen, wir wandern seit tausenden von Jahren. „Ja, aber“, hör ich euch rufen. Es gibt kein „ja, aber“! Es gäbe uns  ...


Foto Thaut Images - Fotolia.com

San Poeten

St. Pölten wächst. Der Herrenplatz, dampfend schwanger mit seinem Busen Richtung Domplatz und Richtung Traisen, zu den Blumen und zum Wasser zieht es unsere Herzen, rot im Gesicht will da etwas entstehen, was es noch nicht gab. Plätze und Menschen und Ideen verbinden sich, gestalten gemeinsam einen Markttag der Zukunft. Unaufhaltsam gluckert die Luft durch Speis und Trank der neuen Lokale, Haare flattern im Wind durch erotische Hände, viele Sprachen höre ich täglich und rieche Triest im  ...


Foto Johannes Reichl

Speise und Sprache

Menschen schmeißen mit Sprache um sich wie die Fernsehsender mit Kochsendungen, Hauptsache viel und laut und schnell. Tatsächlich wird aber fast gar nichts mehr zu Hause gekocht oder geschrieben. Die meisten Präpositionen landen auf dem Teller statt im gesprochenen Satz. Dort aber leuchten sie pseudoweitgereist mit allerlei Schnickschnack. Und der Teller darf dann um Himmels Willen nicht rund sein oder gar weiß. Lieber haben sie das „Älägante“.
Die Welt will „Das Perfekte  ...


Foto VIPDesign - Fotolia.com

Heimreise

Ich wollte von Venedig zurück nach St. Pölten und bin in Paris angekommen. Jetzt will ich drüber reden. Charlie statt Rialto.
Ich glaube nicht an Religion, ich glaube an Gott. „Das“ Gott hat keine Buchstaben. Religion ist ein Ventil für Angst und entsteht, wenn Papa und Mama keine Zeit haben. Religion vermittelt den Schein, etwas zu wissen, was andere nicht wissen. Wir müssen mit allen Religionen aufhören. Das kann nicht von heute auf morgen gehen. Wenn ich heute einen Menschen  ...


Foto Maik Dörfert/Fotolia.com

Lied und Leid

Conchita Wurst hat den Song Contest gewonnen, und noch nie habe ich so viele Hasstiraden auf Facebook gelesen, teilweise von Menschen, die ich persönlich kenne. Das tut weh. Österreich hat gewonnen, mit einem Lied. Hätte sich ein Hermann Maier alle Knochen gebrochen, alles wäre in bester Ordnung, „weil das beim Sport nun mal so ist“.
Würde ich für Conchita jubeln, wenn sie letzte geworden wäre? Würde ich „sie“ oder „er“ sagen? Ich weiß es nicht.
Vielleicht sollten  ...


Foto zVg

Liebes Facebook!

Liebes Facebook,
nur mit dir kann ich gleichzeitig nasenbohren und gescheit sein. Nur du hast noch nie gesagt, dass ich zugenommen hab. Mit dir muss ich nie „heute endlich mal“ spazierengehen. Du verzeihst mir meine Tippfehler und zeigst mir Urlaubsfotos von den schönsten Töchtern.
Nie wieder vergesse ich Geburtstage von Menschen, die ich noch nie gesehen habe. Mit dir bekommt man keine Geschlechtskrankheiten und muss auch nicht den Kaffee bezahlen, den man gar nicht bestellt  ...


Foto Dron/Fotolia.com

Weihnachten in STP

Weihnachten, alles war Märklin und Karpfen und Carrera, Oma und Eierlikör, Bruder, Schwester, Tannenbaum. Der Höhepunkt war das Läuten der Weihnachtsglocke, es klingelingte verlässlich.
Was uns natürlich schon seit Jahren aufgefallen war, dass meine Mutter immer kurz vor dem Zeitpunkt des Klingelns in die Küche musste, den Kuchen oder sonst was im Rohr anschauen. Wir waren schon alle über 20, als wir wie jedes Jahr, hochrot und festlich im Gesicht, unsere Mutter lachend fragten,  ...


Foto zVg

St. Pölten, MERKUR

Meine Frau und ich waren heute beim Merkur. Frisch-Fleisch-Wurst, die Damen freundlich, die jüngeren sogar ohne Handy, ohne Stöpsel im Ohr. Wir gingen weiter, meine Frau wollte Erdäpfel kaufen. Nur: Wir fanden sie nicht; sind ja ein ausgefallenes Gewächs. Wir fragten zwei grün gekleidete Jungbuben: „Entschuldigen Sie!“, sagte meine Frau. „Hä?“, sagte ein gewisser ‚Staudmayer‘. Sein Kollege, der ‚Floribert‘, sagte: „Brauchn Sä wos?“ „Jo, brauch ma, Erdäpfin“,  ...