MFG - Once upon a time in the eighties
Once upon a time in the eighties


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Once upon a time in the eighties

Text Edwin Prochaska
Ausgabe 02/2006

Manchmal fallen im Leben Anfang und Ende zusammen, schließen sich Kreise. Just zu einem Zeitpunkt, an dem ich mich aus dem Musik-Management zurückgezogen und auch die langjährige Zusammenarbeit mit Größen wie Drahdiwaberl oder Andy Baum beendet habe und mich nun anderen Dingen zuwenden will, holt mich die Vergangenheit wieder ein. Besser: Das Leben führt mich zurück zum Anfang einer meiner bedeutendsten Lebensabschnitte. Das Telefon läutet und eine Dame vom „Hilfswerk“ ist dran und erklärt mir, sie möchten eine Benefizveranstaltung mit den Größen der Stadt aus den 80ern machen und ob ich ihr helfen könne dabei. Sie habe dabei an „Peter Pan“, „Espresso“, Paul Coxx“ usw. gedacht. Nach dem ersten Erstaunen kamen die Erinnerungen…

So in etwa lauteten die Schlagzeilen in den lokalen Medien irgendwann Mitte der 80er Jahre!
Tatsache, das gab´s! In ein und derselben Woche lagen „Peter Pan“ („Love is on your side“) auf Platz 4, „Espresso“ mit „Say“ auf 6 und Paul Coxx mit dem „Lovesong“ auf Platz 9! Und es waren ausschließlich St.Pöltner Bands!
Begonnen hatte alles damit, dass mich mein Cousin Stefan eines Tages besuchte und meinte: „Hearst, dem Franz (Pansky – ehm. „Löwenkeller“-Chef) sei Bua spielt do mit ana ziemlich leiwanden Band im Proberaum – hör ma uns des an…“ Gesagt getan. Und die Überraschung war groß! Vier 17-ährige Jungs und ein 15jähriges Mädel spielten da unbeschwerten, völlig unorthodoxen Pop – ein wenig in Anlehnung an die damals so aktuelle „Neue Deutsche Welle“. Wir begannen zu checken…Und dann gings Schlag auf Schlag: Nach einem „Warm Up“-Gig im „Löwenkeller“ veranstalteten wir einen Auftritt in der damals topaktuellen „Fabrik“ – und es kamen 2.000 Besucher!! Und das Fernsehen. Das Jungendmagazin „O.K.“ drehte einen Beitrag, im selben Atemzug hatten wir einen Plattenvertrag an der Hand und nur ein Jahr später spielten „Peter Pan“ mit allen österreichischen Größen am Wiener Rathausplatz vor zig-Tausenden Leuten… Nur einige Wochen nach dem Beginn mit der Zusammenarbeit mit „Peter Pan“ stand im „Kuckucksnest“ ein anderes Konzert einer St.Pöltner Band am Programm: „Espresso“ gaben ihr Debut. Die zweite Band neben „Pan“, die aus einer Schülerband namens „Taktlos Exakt“ hervorgegangen war. Und uns blieb neuerlich die Spucke weg! Was „Espresso“ an groovigem Funk von der Bühne donnerten, war beeindruckend! Und auch mit „Espresso“ gelang es uns, sofort einen Plattenvertrag zu ergattern.
Parallel dazu arbeitete Albin Wegerbauer gerade an der Karriere eines tollen Sängers aus Wilhelmsburg namens Paul Swoboda, alias „Paul Coxx“, dessen Debut ebenso erfolgreich verlief,  sowie an der Karriere eines Kleinkünstlers und Parodisten namens Alexander Bisenz… Tatort Cabrio
Zwei Jahre später: Ganz Österreich schaut auf St.Pölten! In den (Fach-) Medien wird St. Pöltens Musikszene als „stärkste neben den Wienern und Steirern (STS, EAV, Wilfried, Bukowski u.a.) gehandelt, ein Interviewtermin jagt den anderen, Fernsehsendungen. Livekonzerte, große Bühnen, Touren…
Dabei war dies nur die Spitze des Eisberges. Das „Cafe Schmalz“ erspielte sich grade ihren heutigen „Legendenstatus“, das „Reini Dorsch Trio“ wurde zur Partyband Nr. 1 in der Region, die „P.O.-Box“ (mit „Büro-V – Manager Peter Puchner an der Gitarre) gewann den NÖ-Bandwettbewerb, „Chico“ lieferte ein gefeiertes Album ab („Meanin´ Of A Man“), „Fresh Freddie“ rollten die Undergroundszene auf und selbst der Schlager hatte seinen Newcomer mit Chris Heart - und die Zentrale fast aller war das legendäre „Cabrio“ in der Linzerstraße, heute ein bedeutungsloser Italiener… es war irgendwie fast irre, was sich in der zweiten Hälfte der 80er Jahre abspielte in der Stadt! Changes
Aber wie sooft in Karrieren – die ersten Fehler schlichen sich ein. „Espresso“ ging eigene Wege und experimentierte mit Funk-Pop-Gemischen, was zwar noch Radioerfolge ergab („Why don´t you listen to my music“), aber die Eigenart von „Espresso“ verschwand langsam,  Simone splittete sich in Richtung Solokarriere von „Peter Pan“ ab und fuhr zum Songcontest, Paul Coxx war das Risiko zu groß, und er zog einen Topjob in einer Botschaft der Karriere vor. „Peter Pan“ starteten danach noch einen vielgelobten und respektierten Album-Erfolg („Sweet Little America“) mit Karl Wimmer alias „Mr.Corge“ an der Front. Doch immer schnellere Band-Umbesetzungen ließen ahnen, dass die großartige Zeit langsam zu Ende gehen würde…Ein Schicksal, das auch schon in den späten 70ern die großartige und erfolgreiche St. Pöltner Rockband „New Malformation“ (mit Billy Liesegang aus London, später lange Bandleader der Nina Hagen Band, an der Gitarre) ereilte: Der Zerfall.
Auch damals schon war das „Prophet im eigenen Land“-Syndrom zu erleben. Viele sahen den Riesenerfolg der hiesigen Musikszene nicht oder versuchten, diesen abzuwerten. Welches Potential aber in diesen Bands tatsächlich steckte, zeigt, dass mehr als die Hälfte der damaligen knapp 18jährigen Musiker heute etablierte Größen in nationalen Musikgeschehen sind: Mario und Silvio Berger, Bernhard Moshammer, Peter Pansky, Dieter Libuda, Simone, Werner Sandhacker, Goran „Gogo“ Mikulic, Oliver Jung, u. a. m. … und auch meine eigene Karriere war untrennbar mit dieser damals so sensationellen Szene verbunden…

„Peter Pan“ waren:

Peter Pansky (b), Harry Friedl (dr.), Dieter Libuda (Gogo Mikulic, Günther Böck –g.), Werner Sandhacker (key) und Simone Stelzer (voc. – später Karl Wimmer)
„Espresso“ waren:
Berhard Moshammer (b.), Mario Berger (g.), Bernhard Aigelsreither (g.,  heute Studioproduzent von „Bauchklang“), Oliver Jung (key.) und Christian Deix (voc.)
Bei Paul Coxx spielten u.a. Dieter Libuda (g.) und Peter Böhm (dr.)