MFG - Reden mit dem Exxx
Reden mit dem Exxx


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Reden mit dem Exxx

Text Matthias Steinperl
Ausgabe 01/2005

Wir trafen den Workaholic, der zuletzt mit seinem Rücktritt als VP-Stadtrat aufhorchen ließ, im „süßen Eck“ und sprachen mit ihm über saure Politerfahrungen, IKEA Möbelanleitungen und die Familie Putz.

mfg: Kompliment! Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk! Schelling (auf die Uhr blickend, 11 Uhr): Stimmt schon, Pünktlichkeit ist keine Politiker-Stärke. Als Geschäftsmann weiß ich aber, dass Unpünktlichkeit eine Geldvernichtungsmaschine ist! Meine Termine haben eine genaue Beginn- und Endzeit, wie dieses Interview, das von 11 bis 12 Uhr dauert. Es gibt nichts Gefährlicheres, als offene Termine!  Oder offene Spitzenkandidatendiskussionen für die Gemeinderatswahl. Sie wollten diese Frage innerhalb der ÖVP jetzt geklärt wissen, sind damit aber gescheitert und haben den Hut genommen. Warum hatten Sie es so eilig? Schelling: Mir ging es um eine strategische Entscheidung, welche Maßnahmen wann zu treffen sind, um bei den nächsten Wahlen zu gewinnen – und nur dafür bin ich da! Die Partei wollte im Herbst 2005 den Spitzenkandidaten nominieren, durch den Bürgermeisterwechsel haben sich die Rahmenbedingungen aber geändert. Ein Fenster hat sich geöffnet, die Chance, die absolute Mehrheit der SPÖ zu brechen, ist so hoch wie nie, weil der neue Bürgermeister noch nicht so gefestigt ist. Ich hatte sicher nicht die Ambition, jetzt Vizebürgermeister zu werden, mir ging es einzig um die prinzipielle Ausrichtung und eine damit verbundene Personifizierung, und zwar jetzt, weil sich sonst das Fenster wieder schließt. Dr. Brader war anderer Meinung und hat sich damit auch durchgesetzt. Sind Sie persönlich enttäuscht, auch über „Unkenrufe“ mancher Parteikollegen? Nein. Dankbarkeit und Enttäuschung sind keine politischen Kategorien, und über persönliche Befindlichkeiten anderer möchte ich nicht diskutieren. Mein Rücktritt war sehr emotionslos, ich wollte damit die Personaldiskussion beenden. Meine Mutter hat immer gesagt, wenn du etwas machst, dann voll und ganz oder gar nicht. Ein Dahinnudeln bringt nichts! Hätte ich diesen Schritt in einem Jahr gesetzt, hätte es geheißen ‚Der Schelling lässt die Partei im Stich.’  Viele haben sich gefragt, warum Sie sich als erfolgreicher Unternehmer die Politik überhaupt antun? Ich bin seit 1981 in St. Pölten und habe diese Stadt als Kommune mit enormen Potential wahrgenommen, nur nutzen wir dieses überhaupt nicht aus. Die Stadt hat sich viel zu sehr darauf verlassen, dass andere etwas machen! Das hat mich sehr gestört, ebenso wie diese große Gemeinde von Nestbeschmutzern. Da erscheinen alle zur Eröffnung einer Firma, und kaum ist die Veranstaltung vorüber, schimpfen sie schon darüber. Ich wollte in diesen Chor nicht miteinstimmen, sondern selbst aktiv etwas machen. Außerdm wollte ich der ÖVP, die 30 Jahre lang Stimmen verloren hat, helfen, was auch gelungen ist: Bei den letzten Wahlen hat sie zwei Mandate dazugewonnen - und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht! Sie haben u.a. für die Politik auch Ihr Privatleben umgemodelt? Ja, ich habe vor einigen Jahren meine Lutz-Anteile an das Unternehmen zurückverkauft und das Geld als Vorsorge für mich und meine Frau angelegt. Ich bin zwar nach wie vor für die strategische Planung und die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, aber nicht mehr Mädchen für alles - einfach weil ich mich auch für anderes freispielen wollte. Als Mensch braucht man immer wieder neue geistige Herausforderungen.  Sie haben zwei Töchter. Haben die in ihrer Studentenbude IKEA Möbel stehen? Schelling (lächelnd): Nein, die sind eigentlich sehr überzeugt von Lutz Weil die Bauanleitungen von Lutz verständlicher sind? Baut Dr. Schelling seine Möbel selbst zusammen? Das Magazin News hat einmal einen Montage-Wettbewerb durchgeführt, den ich gewonnen habe - ich leg also schon Hand an. Ich vertrete auch den Standpunkt, dass alle unsere Einkäufer und Vertreter die Produkte zuerst einmal selbst zusammenbauen können müssen, bevor wir sie herausgeben.  Sie waren fast 10 Jahre bei LEINER/KIKA, sind dann – so wurde immer kolportiert – nicht im Guten geschieden. Heute ist Lutz Nr.1. Erfüllt Sie das mit Genugtuung? Nein. In der Wirtschaft geht es ausschließlich darum, Ziele zu erreichen. Als ich bei Lutz begonnen habe, hatte das Unternehmen einen Umsatz von 160 Millionen Schilling, Leiner/Kika von 680 Millionen. Als ich gesagt habe, ich möchte Nummer 1 werden, wurde ich belächelt. Ich habe dann ein Beispiel gebracht: Als kleiner Junge bin ich mit meiner Mutter immer zum Meinl oder zum Konsum einkaufen gegangen, weil es nichts anderes gab. Nun, heute gibt es weder Meinl noch Konsum! LUTZ ist heute - als Einzelgruppe - der Größte in der Möbelbranche.  Das haben wir gemeinsam mit den Mitarbeitern erreicht, und wir haben uns schon ein neues Ziel gesteckt: Die Verdopplung der Umsatzzahlen bis 2013. Steht das Lob für die Mitarbeiter nicht im Widerspruch zu Vorfällen wie nicht ausbezahltem Urlaubs- und Weihnachtsgeld an geringfügig Angestellte? Nein, weil das ja nicht absichtlich war, sondern uns - und ich stehe nicht an, das zuzugeben - ein Fehler passiert ist, der uns auch sehr leid tut. Wir haben das aber sofort in Ordnung gebracht.  Ein Erfolgsfaktor von Lutz ist auch die Familie Putz. Wird Ihnen diese in den Gemeinderat nachfolgen? (lachend) Nein, das bestimmt nicht. Ich hab mich zu Beginn meiner Lutz-Zeit gefragt, wie man im Konzert der Großen mitspielen kann - und da ist Werbung ein wichtiger Faktor. Heute ist die Familie Putz Kult, ja die bekannteste Familie Österreichs! Sie setzt sich auf aktuelle Themen drauf und persifliert diese – das ist Unterhaltung, die vielleicht auch polarisiert. Bei der Werbung für die neue MÖMAX-Linie nehmen wir übrigens auch IKEA aufs Korn, mit Slogans wie „Ich hasse Fleischbällchen“  A propos Essen. Sie gelten als leidenschaftlicher Hobbykoch. Wohin gehen Sie in St. Pölten essen? Das ist eigentlich buntgemischt. Ich gehe zum Würstelstand ebenso wie ins Gourmetlokal, etwa in die Galerie. Zum Heurigen genauso wie in gut bürgerliche Wirtshäuser. Ich würde es nicht aushalten, jeden Tag dasselbe zu essen. Ich liebe die Abwechslung – auch als Hobbykoch, da experimentiere ich recht gerne herum.  Wäre Koch nicht ein adäquater neuer Nebenjob anstelle der Politik?  Kaum: Koch auf höchstem Niveau zu sein, ist ein Fulltimejob. (auf die Uhr blickend, punkt 12 Uhr). So, der nächste Termin wartet. Ich treffe mich mit dem Ex-Innenminister – einem Leidensgenossen von mir! Zur Person: „Ich bin eigentlich alles geworden, was ich mir erträumt habe – und jeden Cent habe ich mir selbst verdient.“, sagt Dr. Hans Jörg Schelling. Geboren wird er am 27. Dezember 1953 in Vorarlberg „mitten im Winter in einem kleinen Bergdorf auf 3.000 Meter Höhe.“ Dr. Schelling hat zwei ältere Schwestern. Die Mutter war Krankenschwester, der Vater Schuldirektor. Volksschule und Gymnasium in Feldkirch „inklusive zwei Nachzipf in der 3. und 5. Klasse.“ In Wien studiert Schelling kurzzeitig Jus, widmet sich aber mehr dem Fußball, wo er beim Wr. Sportclub den Stopper oder Vorstopper gibt und „hin und wieder auch in die Erste hineinschnuppern durfte.“ Anschließend Wechsel nach Linz, „wo ich in Rekordzeit Betriebswirtschaftslehre studiert habe.“ Danach Assistent am Institut für Marketing. Von 1981 bis 1991 bei Leiner/Kika, dort ab 1988 Geschäftsführer. Ab 1990 selbständiger Unternehmensberater. 1992 Wechsel zu Lutz, Beteiligung am Unternehmen und Ausbau zur Nr. 1. Dr. Schelling ist verheiratet und hat zwei Töchter aus 1. Ehe. Die „Jobs“  selbständiger Unternehmensberater GF XXXLutz GmbHgf Gesellschafter Big Deal Marken und MarketingberatungsgesmbHVizepräsident WK-Österreichstv. Vors. Wirtschaftsbund St. Pölten Stadt & BezirkVors. Managementclub NÖ MitteAufsichtsrat POST AGAufsichtsrat Palmers Textil