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Heil- & Pflegeanstalt Mauer-Öhling im Nationalsozialismus


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St. Pöltens gute Seite

Heil- & Pflegeanstalt Mauer-Öhling im Nationalsozialismus

Text Philipp Mettauer
Ausgabe 09/2019
Die kontaminierte Jugendstilperle
Bei ihrer Gründung galt die „Heil- und Pflegeanstalt“ Mauer-Öhling bei Amstetten als eines der modernsten und fortschrittlichsten Krankenhäuser der Habsburgermonarchie. Nach der feierlichen Eröffnung am 2. Juli 1902 in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph beschrieb sie dieser in einem Brief an seine Geliebte Katharina Schratt als „ein mit allen Erfindungen der Neuzeit ausgestattetes Etablissement, mit Wirtschaftshof, Meierei, Feldern, Werkstätten etc. – Alles zum Besten der Narren. Es muß ein Hochgenuß sein, dort eingesperrt zu sein.“
Mit seinen im Jugendstil errichteten 18 Patienten-Pavillons, die von ursprünglich sieben Ärzten und 200 Pflegepersonen betreut wurden, war es nach dem Wiener „Steinhof“ und dem Grazer „Feldhof“ die drittgrößte psychiatrische Klinik Österreichs. Zu ihrem Einzugsgebiet zählten neben Amstetten, Waidhofen/Ybbs, St. Pölten, Wiener Neustadt, Baden, Krems, Melk, Mödling, Neunkirchen, Pöggstall, Scheibbs, Hietzing-Umgebung, in der NS-Zeit auch Eisenstadt mit dem nördlichen Burgenland sowie Znaim mit den annektierten, „Niederdonau“ zugeschlagenen Gebieten Südmährens.
Nach dem Ersten Weltkrieg, spätestens aber seit Mitte der 1930er Jahre, herrschten in der Anstalt durch die eklatante Überbelegung mit bis zu 1.900 Pfleglingen bei gleichzeitigem Personalmangel allerdings unerträgliche Zustände. Mit der endgültigen Machtübernahme der NS-Administration – die Direktion lag mit Michael Scharpf und Josef Schicker bereits seit 1933 in den Händen nationalsozialistischer Ärzte – kippte das System ins Mörderische.
Von „Massentransporten“ zu anstaltsinternen „Liquidierungen“
Schon bald nach dem „Anschluss“ im März 1938 entwickelte sich die „Heil- und Pflegeanstalt“ zu einem Ort von NS-Medizinverbrechen, zum Ausgangspunkt von Transporten in die Tötungsanstalten und zur Drehscheibe innerhalb des nationalsozialistischen Terrorapparats zur Durchsetzung von „erb- und rassebiologischen“ Wahnvorstellungen.
Mindestens 350 Patientinnen und Patienten aus Mauer-Öhling wurden ab Jänner 1940 nach dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zwangsweise sterilisiert – die Männer im Krankenhaus von Amstetten, die Frauen in Waidhofen/Ybbs. Das „Erbgesundheitsgericht“, bei dem die „Unfruchtbarmachungen“ auf Antrag beschlossen wurden, befand sich beim Kreisgericht St. Pölten.
Von Juni 1940 bis August 1941 wurden rund 1.300 Pfleglinge zunächst in die Zwischenanstalt Niedernhart, danach in eine – angeblich – „der Direktion nicht genannte Anstalt übersetzt“, das heißt in Schloss Hartheim bei Linz vergast und eingeäschert. Nach der Beendigung dieser sogenannten „Aktion T4“ wurde bis Kriegsende anstaltsintern weiter gemordet. Die Sterblichkeitsrate verdreifachte sich bis Ende 1943 auf 18%. Die „Übersterblichkeit“, d.h. die erhöhte Zahl von Todesfällen während der NS-Herrschaft verglichen mit dem Vorkriegsniveau durch gezielte Mangelernährung, systematische Vernachlässigung und psychiatrische Gewalt, betrug 570 Patientinnen und Patienten.
Im Gegenzug waren so in der „Heil- und Pflegeanstalt“ bis zu 1.000 Betten für „volksdeutsche Umsiedler“ aus Bessarabien, der Dobrudscha (heute in Rumänien), der Slowakei und Südtirol bzw. ab März 1942 für ein Reservelazarett der Wehrmacht freigemacht worden. Aus dem Stalag-Lager Gneixendorf-Krems wurden alliierte Kriegsgefangene in die Anstalt transferiert, ab September 1944 fungierte Mauer-Öhling als „Sammelstelle“ für die gesamten „Alpen- und Donaugaue“ für „geisteskranke Ostarbeiter“.
Zwischen Februar und Oktober 1943 verlegte die Verwaltung 320 Personen in „Todestransporten“ in die „Heil- und Pflegeanstalt“ Gugging, von denen dort die wenigsten das Kriegsende erlebten. Im November 1944 wurden 20 „geisteskranke“ sowjetische Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter in das „Barackenlager 65“ nach Linz-Waldegg „abtransportiert“ und ermordet. Im selben Monat begann der „Euthanasie“-Arzt Emil Gelny gemeinsam mit dem Vorstand der Frauenabteilung Josef Utz unter Beihilfe des Pflegepersonals mit der „Liquidierung“ von nochmals 190 Patientinnen und Patienten. Das „Endphaseverbrechen“ dauerte bis April 1945, die Ermordeten warf man in Massengräber am erweiterten Anstaltsfriedhof. Die verantwortlichen Ärzte, Juristen und Beamten wurden nie oder nur alibihalber zur Rechenschaft gezogen.
Spätes Forschen
Erste Ansätze einer öffentlichen Auseinandersetzung mit der NS-Euthanasie begannen spät. Eine frühe Initiative stellt die von Peter Nausner 1984 gedrehte Fernsehdokumentation „Unwertes Leben“ dar. Der Filmemacher erhielt dafür zwar den Österreichischen Preis für Volksbildung, der ORF sah sich allerdings nach der Erstausstrahlung mit gerichtlichen Klagen seitens Täterangehöriger bedroht und nahm von weiteren Sendungen Abstand. (Eine Kopie gibt es auf youtube.)
Sperrfristen und Falschauskünfte verhinderten lange Zeit die wissenschaftliche Bearbeitung. Noch 1989 schrieb Michaela Gaunerstorfer in ihrer unveröffentlichten Diplomarbeit zu Mauer-Öhling 1938-1945: „Krankengeschichten konnte ich leider nicht mehr einsehen; sie dürften bereits der Skartierung zum Opfer gefallen sein.“ Tatsächlich befanden sie sich im Keller des Landesklinikums. Ein Forscherinnenteam der Gedenkstätte Hartheim im Auftrag des Oberösterreichischen Landesarchivs konnte 2005 zwar die Protokollbücher und Krankenakten benutzen, der Zugang zu weiteren Archivschränken blieb ihnen allerdings verwehrt.
Rund um das Jahr 2010 wurde schließlich das Verwaltungsarchiv, die Korrespondenzen und Personalakten der Ärzte ohne Skartierungsvermerk „entsorgt“. Die Krankengeschichten konnten von einem engagierten Mitarbeiter gerettet und dem NÖ Landesarchiv übergeben werden. In Kooperation mit dem Institut für jüdische Geschichte Österreichs wurden 30.000 Stück von den Jahren 1902 bis 1975 in einer Datenbank erfasst und sind mittlerweile für Forschung und Familienrecherche zugänglich. Die erste publizierte wissenschaftliche Arbeit von Wolfgang Neugebauer vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes von 1987 stützte sich aus diesen Gründen auf die Akten des Volksgerichtsprozesses, der 1948 gegen Beamte der Gesundheitsverwaltung und Oberpflegerinnen und -pfleger geführt wurde. Zwar wurde der Teilbestand der Krankenakten der „T4“-Opfer, die über Umwege ins Bundesarchiv Berlin gelangt waren, 1998 von einem Team der ärztlichen Direktion des Landesklinikums gesichtet, die Resultate allerdings nicht publiziert. Der jüngste Beitrag von Herwig Czech 2016 über die niederösterreichischen Heil- und Pflegeanstalten Gugging, Mauer-Öhling und Ybbs berücksichtigt schließlich auch die Bestände der „Reichsstatthalterei Niederdonau“.
Mit dem Symposium „Psychiatrie ohne Menschlichkeit – Wir vergessen nicht!“ 2007 und der folgenden Errichtung eines Denkmals auf dem Gelände des ehemaligen Landesklinikums Tulln-Gugging, waren dies die letzten erinnerungspolitischen Auseinandersetzungen mit der NS-Euthanasie in Niederösterreich.
Spätes Erinnern
Bis zur Enthüllung des Mahnmals der „Himmelstreppe“ für die Ermordeten der NS-Euthanasie vor dem Pavillon der „Schule für psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege“ im Landesklinikum Mauer am 8. Mai dieses Jahres, erinnerten lediglich zwei gut versteckte Gedenktafeln an die NS-Zeit. Auf der Rückseite der Aufbahrungshalle erinnert eine 1980 – nicht ohne inneren Widerstand – angebrachte Inschriftentafel „an alle verstorbenen Patienten des Krankhauses, besonders an die Opfer der Jahre 1940–1945“, um gleich vis-à-vis allen „gefallenen und verstorbenen Bediensteten“ zu gedenken. Eine weitere Plakette im hinteren Friedhofsteil markiert die Ruhestätte von „7 Kriegsgefangenen“, die wohl stellvertretend gemeint sein muss, denn alleine 46 sowjetische Staatsangehörige starben in der Anstalt.
Der „Euthanasie“-Friedhof
Aufgrund des drastischen Anstiegs der Sterblichkeitsrate wurde der Anstaltsfriedhof, dessen Kapazitäten mit seinen 1.000 Grabstellen trotz Exhumierungen und Wiederbelegungen nach nur neun Jahren erschöpft waren, längs der Straße Amstetten-Waidhofen erweitert. Wie das Friedhofsprotokoll dokumentiert, dessen Sicherung im ehemaligen Archivkeller des heutigen Landesklinikums erst kürzlich gelang, wurde das neue Areal ab November 1944 belegt. Es bildete dies den Auftakt der großen Mordaktion in der Anstalt, die bis zwei Wochen vor Kriegsende dauern und der 190 Personen zum Opfer fallen sollten. Bis zu neun Tote in einem Grab, bis zu 15 täglich wurden in diesem Zeitraum beerdigt, was der Anzahl der monatlichen Begräbnisse der Vorjahre entsprochen hatte. Unter den Ermordeten befanden sich neben österreichischen Patientinnen und Patienten und den „Evakuierten“ aus den „luftgefährdeten“ Heil- und Pflegeanstalten im „Rheinland“, auch sowjetische Zivilpersonen, polnische und griechische Zwangsarbeiter, serbische, französische und italienische Kriegsgefangene, „Volksdeutsche“ aus der Slowakei, Südtiroler „Optanten“ und deutsche Wehrmachtsangehörige. Sie gehörten nicht nur der katholischen, sondern auch der evangelischen, russisch-, griechisch-, serbisch-orthodoxen, mosaischen Religionsgemeinschaft an, manche waren „gottgläubig“ oder konfessionslos. Die im Kriegslazarett Verstorbenen, die regulär am Öhlinger Pfarrfriedhof bestattet worden waren, bis auch dieser überbelegt war, wurden ebenfalls auf dem erweiterten Areal bestattet – auf der den „Geisteskranken“ gegenüberliegenden Seite.
Der erweiterte Teil des Friedhofs wurde in den späten 1980er Jahren aufgelassen. Während die Wehrmachtssoldaten auf den Soldatenfriedhof Oberwölbling nördlich von St. Pölten umgebettet wurden, wurden auf die Gräber der Psychiatrietoten, deren Grabhügel noch zu erkennen waren, Fichten gepflanzt. Bei einem aufmerksamen Gang durch dieses Dickicht konnten noch zwei Grabeinfassungen inklusive Nummerierung dokumentiert werden. Aufgrund eines Borkenkäferbefalls musste das Waldstück 2017 gerodet werden, ohne archäologische Begleitung oder zumindest einer oberflächlichen Fundsicherung wurden die Wurzelstöcke aus dem Boden gefräst. Die darauffolgende Wiederaufforstung mit Kiefern misslang schließlich aufgrund des heißen und trockenen Sommers 2018.
Der eingefriedete, reguläre Teil des Friedhofs präsentiert sich heute, bis auf wenige Holzkreuze von Bestattungen der letzten Jahre, als eine gepflegte, aber leere Wiesenfläche. Auch hier sind die Grabhügel noch gut zu erkennen, die Gräber selbst sind allerdings nicht mehr zu identifizieren. Nichts deutet mehr auf die evangelische, die konfessionslose und vor allem auf die israelitische Abteilung mit annähernd 60 Gräbern hin, die bis 1941 belegt wurde und zumindest bis in die 1960er-Jahre bestanden haben muss.
Zur Jahrtausendwende wurde die Bundesstraße 121 von Amstetten bis zum „Weißen Kreuz“ vierspurig ausgebaut, darunter eine Unterführung errichtet, wobei die denkmalgeschützte Friedhofsmauer um einige Meter nach innen versetzt wurde und mindestens eine Grabreihe unter dem Asphalt verschwand. „Friedhof ist im Weg“ titelten am 15. Mai 2001 die Nieder­österreichischen Nachrichten und meinten lapidar: „Auch vor den Toten macht die Verkehrslawine nicht halt. […] Eventuell müssen sogar Verstorbene für den Straßen-Ausbau ihre Gräber räumen.“ Das Sammelgrab, in das die Exhumierten umgebettet wurden, ist nicht mehr lokalisierbar.
Ohne Hinweis auf seine kontaminierte Geschichte harrt das Gelände nach wie vor einer der Bedeutung des Ortes würdigen Gestaltung. Dieser als unbefriedigend zu bezeichnende Zustand wird in Kooperation mit der neuen Leitung des Landesklinikums schrittweise verbessert werden und die aktuellen Forschungsresultate in weitere Gedenkprojekte mit einfließen. Angedacht ist etwa ein virtuelles Gedenkbuch mit der namentlichen Nennung der Opfer, ein „Weg der Namen“ von der „Himmelstreppe“ zum „Euthanasie“-Friedhof und die Einrichtung eines Museums-Pavillons im Rahmen der niederösterreichischen Landesausstellung 2026.
Weitere Forschungsvorhaben und Gedenkveranstaltungen
Am 10. September 2019 startet das INJOEST mit einer Eröffnungsveranstaltung im Rathaussaal Amstetten das Top Citizen Science Projekt „Namen, Gräber und Gedächtnis. Mauer-Öhling in der NS-Zeit“, bei der alle Interessierten eingeladen sind, mitzuforschen.
Am 3. Oktober 2019 werden in St. Pölten weitere „Steine der Erinnerung“ verlegt, mit denen der deportierten und ermordeten Jüdinnen und Juden gedacht wird. Unter ihnen befindet sich auch Emil Reiss, der im April 1940 in der „Heil- und Pflegeanstalt“ ums Leben kam.
www.injoest.ac.at/aktuelles
ZUM AUTOR
Philipp Mettauer, Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Juden Österreichs, studierte Geschichte und Politikwissenschaft an den Universitäten Wien, Madrid, Salamanca und Basel. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Österreichisch-jüdischer Emigration nach Argentinien; Shoah und Nationalsozialismus im Familiengedächtnis; Zwangsumsiedlung der Wiener Jüdinnen und Juden in Sammelwohnungen; Provenienzforschung an der Österreichischen Nationalbibliothek; Psychoanalyse und Psychotherapie in Westdeutschland nach 1945; NS-Euthanasie und Medizinverbrechen in den „Heil- und Pflegeanstalten“ Am Steinhof, Mauer-Öhling und Gugging. Mettauer publizierte zahlreiche Artikel, Buchbeiträge und Monographien. Tipp zum Weiterlesen: Die Utopie des „gesunden Volkskörpers“. Von der „Erb- und Rassenhygiene“ zur NS-Euthanasie, INJOEST (Hg.), St. Pölten 2019.
„DAS BÖSE VERTREIBEN“
Bereits im Vorjahr gestaltete der Künstler Florian Nährer gemeinsam mit Patienten und jungen Künstlern das Wandgemälde „Wonderwall“ für die Jugendpsychiatrie in Mauer-Öhling. Heuer folgte das Mahnmal für die NS-Opfer der ehemaligen „Heil- und Pflegeanstalt“, das auch eine sehr persönliche Note trägt.
Wie kann man sich die generelle Arbeit an einer solch deprimierenden Materie, auch im emotionalen Sinne, vorstellen – was geht einem durch den Kopf, wie sehr wird man „persönlich“ hineingezogen?
Mein zwölfjähriger Sohn Laurenz ist ein Mensch mit Down Syndrom. Er wäre damals sicher ein Opfer der NS-Euthanasie geworden. In all den Jahren mit Laurenz hatte ich nicht einen Moment, der mich am Wert seines Lebens zweifeln hätte lassen, ganz im Gegenteil, wir hatten und haben viele wunderbare Augenblicke mit ihm.
Dieser Gedanke hat mich während der Monate, an denen ich an diesem Projekt gearbeitet habe, nie losgelassen. Welchen Wert hat ein behinderter Mensch heute? Wenn wir heute Mahnmale für damals ermordete behinderte Menschen errichten, macht es mich traurig, dass gleichzeitig heute in Österreich behinderte Babys bis zum Ende des 9. Schwangerschaftsmonats abgetrieben werden dürfen – da steigt Ärger in mir hoch.
Sie nennen Ihr Werk „Himmelstreppe“ – wie sind Sie auf die Idee gekommen und welcher Grundgedanke liegt dem Werk zugrunde?
Als ich zum ersten Mal das Gelände des Anstaltsfriedhofs betrat, fiel mir sofort auf: Es gibt dort keine Grabsteine! Lediglich einige vereinzelte Steinstelen lehnten herum.
Noch schlimmer empfand ich die Situation auf dem Gelände der Friedhofserweiterung aus den 1940er-Jahren. Dort hatte man vor rund 50 Jahren direkt auf den Gräbern von ungefähr 400 Menschen einen Wald gepflanzt. Diese Abwesenheit der Grabsteine erschütterte mich, denn damit waren sozusagen die letzten Zeugen dieser hier systematisch ermordeten Menschen ausgelöscht. Für mich war somit klar, dass ich mit alten Grabsteinen arbeiten wollte.
Woher sind die gekommen, und was soll damit beim Betrachter evoziert werden?
Die Grabsteine, die ich für dieses Mahnmal verwendet habe, stammen von aufgelassenen Gräbern der näheren Umgebung von Mauer-Öhling. Im Normalfall würden diese geschreddert und zu Beton verarbeitet werden. Hier werden sie zu einem Platzhalter, zu einem Stellvertreter für die vielen hundert Ermordeten der NS-Euthanasie. Die Steine habe ich aufeinander gestapelt, als eine Art Treppe, die die Erde wieder mit dem Himmel vereinen will, daher auch der Titel „Himmelstreppe“. Bei der Arbeit an dem Denkmal ist mir auch eine weitere Analogie in den Sinn gekommen: „Die Bremer Stadtmusikanten“: Die vier Tiere waren von der Gesellschaft ausgemustert und zum Tode verurteilt. Erst als sie sich zusammentaten und einen „Turm“ bildeten, konnten sie mit Hilfe der Musik und Kunst das Böse vertreiben.