MFG - Selbstbestimmt leben lernen trotz „Autismus“
Selbstbestimmt leben lernen trotz „Autismus“


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St. Pöltens gute Seite

Selbstbestimmt leben lernen trotz „Autismus“

Text Beate Steiner
Ausgabe 09/2019

„nomaden“ wandern zu Betroffenen, fördern die Entwicklung und unterstützen im Alltag.

Unter Menschen bin ich im Ausland“, empfindet Günther Paal, bekannt als Gunkl. Der Kabarettist bezeichnet sich selbst als „Aspergianer“ und kann pointiert die „Innenansichten“ eines Menschen mit Autismus, konkret mit Asperger-Syndrom, erklären. „Sobald ich unter Menschen gehe, muss ich aufpassen. Weil für alle anderen ist auch klar, was nicht klar ausgesprochen wird – für mich nicht.“ Deshalb ist für den Kabarettisten „Distanz das Schönste, was zwischen Menschen entstehen kann. Erst aus der Distanz seh’ ich alles. Deshalb sind Mauern gut, aber Türen wichtig.“ Für die „nomaden“ öffnete Günther Paal die Türen, war Testimonial bei der Jubiläumsveranstaltung des Vereins, der seit zehn Jahren Jugendliche und Erwachsene mit einer Autismus-Spektrumsstörung und deren Angehörige unterstützt.
Individuelle Maßnahmen für Betroffene und Angehörige
Gegründet von der St. Pöltner Psychologin und Tanztherapeutin Johanna Kienzl, sind die „nomaden“ in den vergangenen zehn Jahren zur wichtigen therapeutischen Einrichtung geworden. Derzeit berät das achtköpfige Team rund 90 Betroffene von zwei bis 58 Jahren. „Wir gehen in die Familien, die Kindergärten, die Schulen und versuchen, gemeinsam mit allen Beteiligten Lösungen für schwierige Situationen zu finden“, erklärt Kienzl. So tragen die „nomaden“ zur positiven Entwicklung von Menschen mit der tiefgreifenden Entwicklungsstörung Autismus bei, die es in vielen verschiedenen Ausprägungen gibt. Manche Autisten führen ein augenscheinlich ganz „normales“ Leben. Bei anderen ist die Entwicklungsstörung so tiefgreifend, dass sie ihr Leben lang intensiv betreut werden müssen.   
Die „nomaden“ sind Anlaufstelle für alle Formen dieser Entwicklungsstörung. „Unsere Maßnahmen sind individuell auf die Klienten abgestimmt, fördern die Entwicklung und steigern die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Bezugspersonen“, erklärt Kienzl. Die „nomaden“ haben zwei Ziele: Die Vernetzung und Unterstützung der Betroffenen und des Umfelds sowie ein möglichst sebständiges Leben der Betroffenen. Heilbar ist Autismus nicht, eine Therapie kann aber Defizite aufholen, sodass viele Betroffene ein selbstständiges Leben mit Arbeit, Beziehung und Freunden führen können.
Denn Selbstständigkeit und auch Selbstbestimmung sind für Menschen mit einer Autismus-Spektrumsstörung besonders wichtig. Übersetzt von Gunkl heißt das: „Wenn ich mit jemandem rede, verhänge ich über meinen Normalfall eine Ausnahme. Nicht umgekehrt – ich rede, und dann darf ich wieder ein bissl autistln.“
INFO NOMADEN
•    Verein, der Menschen mit tiefgreifender Entwicklungsstörung (Autismus-Spektrumsstörung) und deren Angehörige aufsuchend betreut
•    Schwerpunkte: Förderung der Betroffenen, Beratung des Umfelds
•    Zusätzlich: moderierte und kostenlose Selbsthilfegruppe
•    Gegründet 2009 von Johanna Kienzl
www.nomaden.at