MFG - Der bayrische Rasta
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St. Pöltens gute Seite

Der bayrische Rasta

Text Florian Kogler
Ausgabe 04/2008

Bereits zum vierten Mal steigt am 23.Mai 2008 das House of Riddim Festival in der Pielachtalarena Hofstetten/Grünau. Headliner ist dieses Jahr ein ganz besonderer Künstler, der die deutschsprachige Reggaelandschaft seit Jahrzehnten prägt wie kein anderer: Hans Söllner!

Gemeinsam mit seiner Band Bayman’ Sissdem wird er in gewohnter Manier seine gesellschafts- und sozialkritischen Texte zum Besten geben.
Dass es so kommen würde, hatte am Weihnachtstag 1955 in Bad Reichenhall wohl niemand geglaubt. Dort erblickte der Liedermacher als Johann Michael Söllner als erster Sohn von Johann senior und Therese Söllner das Licht der Welt. Seine Eltern waren beide katholisch, und so ging es für Hans mit drei Jahren in den katholischen Kindergarten in Bad Reichenhall.

Unagepasst
Zum ersten Mal eckte er als Jugendlicher mit 14 Jahren so richtig an. Damals wurde er aus dem örtlichen Trachtenverein geworfen, da seine Haare zu lang waren.
Als fünfzehnjähriger absolvierte er eine Lehre als Koch, die er drei Jahre später erfolgreich abschloss. Er wurde daraufhin zur Bundeswehr eingezogen, die er jedoch nach drei Monaten Grundausbildung wieder verließ. „Ich entschloss mich lieber den Behinderten den Arsch zu wischen, als den Blöden in denselbigen zu kriechen.“ Nach Ende seines Zivildienstes zog es Hans nach München, wo er zwei Jahre lang vergeblich nach Arbeit suchte. Dieses Erlebnis verarbeitete er musikalisch in dem Stück „Endlich eine Arbeit“, welches 1982 auf seinem Debütalbum „Nachdenkliches zum Schmunzeln“ erscheinen sollte.
Frustriert von der Arbeitslosigkeit, beginnt Hans Söllner eine weitere Lehre als KFZ-Mechaniker, die er erfolgreich abschließt. Während seiner Lehrzeit bringt er sich auf einer geschenkten Gitarre selbst das Spielen bei. Seine musikalischen Fertigkeiten kommentiert er selbst allerdings so: „Ich hab halt das Glück gehabt, dass ich mit nur drei Akkorden zwanzig Lieder spielen kann - und das können eben nur drei auf der Welt - Bob Marley, Bob Dylan und ich. Ich begreif die Gitarre wirklich nur als ein Hilfsmittel, damit ich keine Gedichte aufsagen muss.“ Es folgt sein erster Auftritt in der Münchner Kleinkunstbühne Robinson 1979.
Seine Zeit in der bayrischen Hauptstadt verläuft jedoch für ihn alles andere als erfolgreich. Immer mehr reift in ihm die Ablehnung der staatlichen Autorität. „Ich kam zu dem Schluss, dass ich von diesem Staat nichts zu erwarten habe und entschloss mich, meine mir noch verbleibende Zeit in diesem Leben diesem Staat zu verklickern, dass er mich am Arsch lecken kann.“
Im Jahre 1982 nimmt Söllner an einem Wettstreit im bayrischen Traunstein teil – und gewinnt. Dies ermöglicht ihm die Veröffentlichung seines ersten Albums mit Liedern, die er während seiner Lehrzeit in München geschrieben hat.

Jamaika und die Folgen
Die große Wende in seiner jungen Karriere kommt aber 1986, als er nach Jamaika reist. Dort passieren zwei für Hans Söllner’s weiteres Schaffen wichtige Dinge: Er entdeckt seine Liebe zum Reggae…und zu Marihuana! Der Konsum von Cannabis wird ihm bald zur lieben Gewohnheit und bringt ihm allerlei Probleme ein. Mit dem Gesetz gerät Söllner öfter in Konflikt. Das erste Mal in den frühen Achtziger-Jahren als er an einer illegalen Hausbesetzung teilnimmt. Für weitaus größeres Aufsehen sorgt er allerdings, als er Staatssekretär Peter Gauweiler und Ministerpräsident Franz Josef Strauß als Nazi’s bezeichnete. Bis heute wurde Hans Söllner zu Bußgeldern in der Höhe von über 150.000 Euro verurteilt.
Doch gerade sein Widerstand gegen die Obrigkeit, verschaffte ihm eine große und treue Anhängergemeinde. Trotz seiner bisher 22 Alben und zahlreichen Auftritten, unter anderem am Chiemsee Reggae Summer, ist Hans Söllner stets die Stimme der kleinen Leute geblieben.
Spiegelbild seiner stets humorvollen und dennoch kritischen Texte war die Zusammenstellung seiner Band „Bayerman Vibration“ Anfang der Neunziger. Denn zur Rekrutierung der Bandmitglieder startete Söllner kein Casting, sondern marschierte einfach zum Münchner Arbeitsamt.

Eine Glaubensfrage
Seine Liebe zum Reggae vertieft er 1993, als er aus der katholischen Kirche austritt und zum Rastafari-Glauben übertritt. So sagt er über sich und seine Weltanschauung: „Ich liebe dieses Land und meine Heimat, ich liebe diese Welt und die darauf seienden Menschen und Lebewesen in all ihren Farben und Sprachen und Gerüchen. Ich erkenne die Vielfalt an und alle Gewalttätigkeiten, Schmerzen und Ängste sind ein Geschwür unserer nicht mehr im Einklang mit der Natur lebenden Gesellschaft.“
Anfang des neuen Milleniums scharrt Hans Söllner die österreichische Reggae-Formation The Buccaneers um sich, aus denen später Bayman‘Sissdem werden, mit denen sich Hans Söllner auch am 23. Mai in Hofstetten/Grünau die Ehre geben wird.
Hans Söllner setzt sich weiterhin für die Legalisierung von Marihuana ein, erfolglos. Eine Klage auf sein Recht, dass er als Rastafari aus religiösen Gründen Marihuana rauchen dürfe, wird vom Bundesverwaltungsgericht abgeschmettert. Dennoch ist er alles andere als gewillt seinen Kampf, den er Zeit seines Lebens geführt hat, aufzugeben. „Da ich mittlerweile auch davon überzeugt bin, daß jeder Mensch den Weg gehen muss, den sein Rhythmus bestimmt, werde ich meinen Weg, auch wenn er durch Gerichtssäle und Ausnüchterungszellen führt, bis zum Ende gehen. Und so wie es bis jetzt aussieht, wird es ein langer Weg.“

Infos zur Person:
Name: Johann „Hans“ Michael Söllner
Geburtsdatum: 24. Dezember 1955
Familienstand: Freundin Barbara, 4 Kinder
Musikalische Einflüsse: Bob (Marley & Dylan)

Hans Söllner hat in seiner nunmehr 26-jährigen Karriere 22 Alben aufgenommen. Sein aktueller Longplayer mit dem Titel „Viet Nam“ erschien letztes Jahr im November 2007.

Infos zum Thema:
House of Riddim Festival

23. Mai 2008
Pielachtaler Sehnsucht
Hofstetten-Grünau
Mit: Hans Söllner und Bayaman‘Sissdem, Fantan Mojah (Jam) Leftside aka Dr. Evil (Jam), Burning Spectacular, Ganjaman,
B-Seiten Sound and many more.
Tickets: VVK: 29 EUR/AK 35 EUR.
VVK VAZ St. Pölten, 02742/71400,
ticket@nxp.at oder Ö-Ticket.