Stil got the blues
Ausgabe
St. Pölten liegt definitiv nicht am Mississippi. Und auch die Anzahl der Baumwollfelder hält sich in überschaubaren Grenzen. Dennoch ist St. Pölten ein ausgezeichnetes Blues-Biotop. Was nicht zuletzt Tom Hornek zu verdanken ist. Er hat nämlich den Blues. Seit genau 40 Jahren.
„The sky is crying, look at the tears roll down the street. / The sky is crying, look at he tears roll down the street. / I‘m wading in tears looking for my baby, / And I wonder, where can she be?”
Elmore James
Natürlich muss es regnen, wenn man über den Blues reden will. Am Rathausplatz nieselt‘s ohne Unterlass. Doch unterm Baldachin der Hollywoodschaukel im Schanigarten des Cinema Paradiso ist‘s angenehm trocken. Und so sitzen Tom Hornek und der Schreiber dieser Zeilen einander wippend gegenüber, um dem Phänomen Blues und dessen Gedeihen in der Traisenmetropole ein wenig auf die Spur zu kommen. Hornek selbst, der mit seinem Boheme-Kapperl und seinem sympathisch dreckigen Grinsen durchaus einem Musikbeisl im Greenwich Village der 60ies entsprungen sein könnte, darf man ja ohne Übertreibung als einen der St. Pöltner Bluesman schlechthin bezeichnen. In unzähligen Formationen tätig und auch als Veranstalter einschlägiger Events umtriebig, feiert er dieser Tage seinen 40. Geburtstag. Ansehen tut man ihm das nicht – und auch wenn Hornek sicher nicht als Blaupause für gesundes Leben durchgeht, gibt man ihm grad einmal 35. Wenn überhaupt. Wie zur Bekräftigung dessen zündet er sich eine Zigarette an und inhaliert genüsslich. „St. Pölten ist ein gutes Pflaster für den Blues,“ meint er und gemeinsam erinnern wir uns an seinen ersten, erfolgreichen Auftritt mit eigenen Songs und der Band Bluesmopolitans am Bayou der Viehofner Seen im vergangenen Mai.
Doch seine Beschäftigung mit Blues und all seinen Spielarten geht viel weiter zurück ...
„I often think of the life I‘ve had / And, ah, it‘s a wonder I ain‘t dead. / Dining and gambling, staying out all night / Living in a fools‘s paradise.“
Mose Allison
„Das ist immer eine Minderheitenmusik gewesen – und von klein auf hab‘ ich was über gehabt für Minderheiten,“ meint der in Lilienfeld geborene Hornek. „In meiner Familie haben bis auf meine Eltern alle Musik gemacht, Volksmusik, klar, aber eben auch Jazz, Swing und Blues.“ In der Hauptschule landete er dadurch postwendend in der Rolle des Außenseiters. In der Hotelfachschule in Krems war er immerhin schon einer von fünf, die dafür Interesse zeigten. Einer der anderen vier war Erwin „Seedose“ Nolz – eine Freundschaft, die jetzt noch besteht. 1984 begann Hornek Mundharmonika zu spielen, 1985 folgte sein erster Auftritt mit dem damaligen Boogieweltmeister Hannes Jaric. 1988 sollte Hornek dann richtig durchstarten: unter anderem bei der Mojo Bluesband, der Mika Stokkinen Band, aber auch mit Reggae-Partien wie Roots Vibration. 2002 gründet er die Austrian Blues Unit. Daneben kooperiert er auch regelmäßig mit Schriftstellern, wie etwa bei der sommernächtlichen Thriller-Lesung Off Season mit Texten des Horrorautors – und Bluesfans – Jack Ketchum voriges Jahr in der Seedose. Hornek hält nicht viel von Purismus. „Obwohl das prinzipiell nichts Schlechtes ist. Es schadet nichts, sich eine Zeit lang ausschließlich mit einer Ausrichtung allein zu beschäftigen. Aber schau Dir zum Beispiel die Band von Elvis an: Die hatte Blues, Country, Rock‘n‘Roll, alles mögliche drauf. Drum waren die auch so gut.“ Hornek macht einen tiefen Zug: „Ein Initialerlebnis war da auch die Begegnung mit dem großen US-Blueser Phil Guy, der mir damals ein Mixtape schenkte. Und da war herrlich kitschiger Soul drauf. Da ist mir klar geworden, warum der so spielt wie er spielt, mit ganzem Herzen und voller Inbrunst.“ Und auch Horneks Vorbilder umfassen amtliche Bluesgrößen wie Mose Allison genauso wie die Soul-Ikone James Brown, den Latin-Gitarrezauberer Carlos Santana, Prince und, natürlich den King, Elvis.
Nebenbei organisierte Hornek Veranstaltungen. Er war in den 90ern Sessionleiter im Drunter und Drüber, Initiator der ersten beiden St. Pöltner Bluesfestivals ab 2004 und Mastermind beim Sound‘n‘Roots Festival, das ihn wirtschaftlich allerdings beinahe an den Ruin brachte. Lange Zeit tourte er auch durch Deutschland und die Niederlande, und „ohne das Cinema Paradiso hätte ich sicher nicht so leicht den Weg nach St. Pölten zurück gefunden.“ Das habe ihn nachhaltig unterstützt – und mit der Cinema Paradiso Stageband sollte der Name gleichsam Programm werden.
„I saw my baby one morning, and she was walking on down the street. / I saw my baby one morning, and she was walking on down the street. / Made me feel so good, / Until my poor heart would skip a beat.“
Elmore James
Und wie sieht‘s in Horneks Privatleben aus? Sex, Drugs & Rock‘n‘Roll und busweise Groupies, so wie sich‘s für einen richtigen Bluesman gehört? Er winkt ab: „Seit mein jetzt sechsjähriger Sohn Jan auf der Welt ist, ist sowieso alles anders. Mit Kind brauchst Du ein großes Organisationstalent, das ich aber eh nicht hab.“ Und, nein, vom Musik Machen alleine leben könne er nicht. Dazwischen wird gekellnert, aber „optimal ist das nicht.“ Doch seine Lebensgefährtin Ines halte zu ihm – da seien dann auch manche Entbehrungen bewältigbar. „Aber Musik ist halt tatsächlich mein Leben, so kitschig sich das anhört,“ setzt er noch nach. „Blues, das ist halt auch so was wie gelebte Melancholie – aber wenn ein guter Groove hinzu kommt, kannst du dazu tanzen.“ Und das habe für ihn halt mehr Wert als der Nine-to-five-(Alb-)Traum. Er fühle sich dafür „dem Ganzen näher“, so esoterisch das vielleicht auch klingen möge. Wobei der direkte Kontakt zum Publikum oberste Priorität habe. „Es geht nichts über ein gutes Live-Konzert. Und da kommt‘s gar nicht auf die Anzahl der Personen im Publikum an, sondern auf‘s Feeling.“ Nachsatz: „Aber fein ist‘s halt schon, wenn‘s vielen taugt.“
„Get rhythm ... when you get the blues!“
Johnny Cash
In die Richtung zielt auch sein neues Band-Projekt The Bluesmopolitans. Erstmals geraten da in erster Linie eigene Kompositionen ins Rampenlicht, eine mitreißende Mischung aus Funk, Soul, Reggae, abgeschmeckt mit jeder Menge bluesigem Groove. Man darf ruhig auch Pop dazu sagen. An einem Demotape wird grad gearbeitet – weitere Livekonzerte lassen sicher nicht mehr lange auf sich warten.
„Worked all the summer, worked all the fall, / Had to take Christmas, in an overall. / But now she‘s gone, and I don‘t worry / Sitting on top of the world“
Howlin‘ Wolf
Nun, on top of the world sitzt der inzwischen auch RadioKulturHaus erprobte Kaffee- und Tabak-Liebhaber vielleicht noch nicht. Einstweilen sitzt er in der Hollywoodschaukel des Cinema Paradiso. Tom Hornek hat sich auf jeden Fall einen Fixplatz in der an guten Leuten nicht armen österreichischen Bluesszene geschaffen. Nicht zuletzt, indem er in seiner Musik auf die wesentlichen Dinge hinweist: a life, a song, a cigarette, wie es andernorts heißt. Oder, um es in seinen eigenen Worten auszudrücken:
„Troubles, troubles, troubles!“
The Bluesmopolitans
Und wer kann da schon ernsthaft was dagegen sagen?
Elmore James
Natürlich muss es regnen, wenn man über den Blues reden will. Am Rathausplatz nieselt‘s ohne Unterlass. Doch unterm Baldachin der Hollywoodschaukel im Schanigarten des Cinema Paradiso ist‘s angenehm trocken. Und so sitzen Tom Hornek und der Schreiber dieser Zeilen einander wippend gegenüber, um dem Phänomen Blues und dessen Gedeihen in der Traisenmetropole ein wenig auf die Spur zu kommen. Hornek selbst, der mit seinem Boheme-Kapperl und seinem sympathisch dreckigen Grinsen durchaus einem Musikbeisl im Greenwich Village der 60ies entsprungen sein könnte, darf man ja ohne Übertreibung als einen der St. Pöltner Bluesman schlechthin bezeichnen. In unzähligen Formationen tätig und auch als Veranstalter einschlägiger Events umtriebig, feiert er dieser Tage seinen 40. Geburtstag. Ansehen tut man ihm das nicht – und auch wenn Hornek sicher nicht als Blaupause für gesundes Leben durchgeht, gibt man ihm grad einmal 35. Wenn überhaupt. Wie zur Bekräftigung dessen zündet er sich eine Zigarette an und inhaliert genüsslich. „St. Pölten ist ein gutes Pflaster für den Blues,“ meint er und gemeinsam erinnern wir uns an seinen ersten, erfolgreichen Auftritt mit eigenen Songs und der Band Bluesmopolitans am Bayou der Viehofner Seen im vergangenen Mai.
Doch seine Beschäftigung mit Blues und all seinen Spielarten geht viel weiter zurück ...
„I often think of the life I‘ve had / And, ah, it‘s a wonder I ain‘t dead. / Dining and gambling, staying out all night / Living in a fools‘s paradise.“
Mose Allison
„Das ist immer eine Minderheitenmusik gewesen – und von klein auf hab‘ ich was über gehabt für Minderheiten,“ meint der in Lilienfeld geborene Hornek. „In meiner Familie haben bis auf meine Eltern alle Musik gemacht, Volksmusik, klar, aber eben auch Jazz, Swing und Blues.“ In der Hauptschule landete er dadurch postwendend in der Rolle des Außenseiters. In der Hotelfachschule in Krems war er immerhin schon einer von fünf, die dafür Interesse zeigten. Einer der anderen vier war Erwin „Seedose“ Nolz – eine Freundschaft, die jetzt noch besteht. 1984 begann Hornek Mundharmonika zu spielen, 1985 folgte sein erster Auftritt mit dem damaligen Boogieweltmeister Hannes Jaric. 1988 sollte Hornek dann richtig durchstarten: unter anderem bei der Mojo Bluesband, der Mika Stokkinen Band, aber auch mit Reggae-Partien wie Roots Vibration. 2002 gründet er die Austrian Blues Unit. Daneben kooperiert er auch regelmäßig mit Schriftstellern, wie etwa bei der sommernächtlichen Thriller-Lesung Off Season mit Texten des Horrorautors – und Bluesfans – Jack Ketchum voriges Jahr in der Seedose. Hornek hält nicht viel von Purismus. „Obwohl das prinzipiell nichts Schlechtes ist. Es schadet nichts, sich eine Zeit lang ausschließlich mit einer Ausrichtung allein zu beschäftigen. Aber schau Dir zum Beispiel die Band von Elvis an: Die hatte Blues, Country, Rock‘n‘Roll, alles mögliche drauf. Drum waren die auch so gut.“ Hornek macht einen tiefen Zug: „Ein Initialerlebnis war da auch die Begegnung mit dem großen US-Blueser Phil Guy, der mir damals ein Mixtape schenkte. Und da war herrlich kitschiger Soul drauf. Da ist mir klar geworden, warum der so spielt wie er spielt, mit ganzem Herzen und voller Inbrunst.“ Und auch Horneks Vorbilder umfassen amtliche Bluesgrößen wie Mose Allison genauso wie die Soul-Ikone James Brown, den Latin-Gitarrezauberer Carlos Santana, Prince und, natürlich den King, Elvis.
Nebenbei organisierte Hornek Veranstaltungen. Er war in den 90ern Sessionleiter im Drunter und Drüber, Initiator der ersten beiden St. Pöltner Bluesfestivals ab 2004 und Mastermind beim Sound‘n‘Roots Festival, das ihn wirtschaftlich allerdings beinahe an den Ruin brachte. Lange Zeit tourte er auch durch Deutschland und die Niederlande, und „ohne das Cinema Paradiso hätte ich sicher nicht so leicht den Weg nach St. Pölten zurück gefunden.“ Das habe ihn nachhaltig unterstützt – und mit der Cinema Paradiso Stageband sollte der Name gleichsam Programm werden.
„I saw my baby one morning, and she was walking on down the street. / I saw my baby one morning, and she was walking on down the street. / Made me feel so good, / Until my poor heart would skip a beat.“
Elmore James
Und wie sieht‘s in Horneks Privatleben aus? Sex, Drugs & Rock‘n‘Roll und busweise Groupies, so wie sich‘s für einen richtigen Bluesman gehört? Er winkt ab: „Seit mein jetzt sechsjähriger Sohn Jan auf der Welt ist, ist sowieso alles anders. Mit Kind brauchst Du ein großes Organisationstalent, das ich aber eh nicht hab.“ Und, nein, vom Musik Machen alleine leben könne er nicht. Dazwischen wird gekellnert, aber „optimal ist das nicht.“ Doch seine Lebensgefährtin Ines halte zu ihm – da seien dann auch manche Entbehrungen bewältigbar. „Aber Musik ist halt tatsächlich mein Leben, so kitschig sich das anhört,“ setzt er noch nach. „Blues, das ist halt auch so was wie gelebte Melancholie – aber wenn ein guter Groove hinzu kommt, kannst du dazu tanzen.“ Und das habe für ihn halt mehr Wert als der Nine-to-five-(Alb-)Traum. Er fühle sich dafür „dem Ganzen näher“, so esoterisch das vielleicht auch klingen möge. Wobei der direkte Kontakt zum Publikum oberste Priorität habe. „Es geht nichts über ein gutes Live-Konzert. Und da kommt‘s gar nicht auf die Anzahl der Personen im Publikum an, sondern auf‘s Feeling.“ Nachsatz: „Aber fein ist‘s halt schon, wenn‘s vielen taugt.“
„Get rhythm ... when you get the blues!“
Johnny Cash
In die Richtung zielt auch sein neues Band-Projekt The Bluesmopolitans. Erstmals geraten da in erster Linie eigene Kompositionen ins Rampenlicht, eine mitreißende Mischung aus Funk, Soul, Reggae, abgeschmeckt mit jeder Menge bluesigem Groove. Man darf ruhig auch Pop dazu sagen. An einem Demotape wird grad gearbeitet – weitere Livekonzerte lassen sicher nicht mehr lange auf sich warten.
„Worked all the summer, worked all the fall, / Had to take Christmas, in an overall. / But now she‘s gone, and I don‘t worry / Sitting on top of the world“
Howlin‘ Wolf
Nun, on top of the world sitzt der inzwischen auch RadioKulturHaus erprobte Kaffee- und Tabak-Liebhaber vielleicht noch nicht. Einstweilen sitzt er in der Hollywoodschaukel des Cinema Paradiso. Tom Hornek hat sich auf jeden Fall einen Fixplatz in der an guten Leuten nicht armen österreichischen Bluesszene geschaffen. Nicht zuletzt, indem er in seiner Musik auf die wesentlichen Dinge hinweist: a life, a song, a cigarette, wie es andernorts heißt. Oder, um es in seinen eigenen Worten auszudrücken:
„Troubles, troubles, troubles!“
The Bluesmopolitans
Und wer kann da schon ernsthaft was dagegen sagen?