MFG - Denkmalschutz ist reden
Denkmalschutz ist reden


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St. Pöltens gute Seite

Denkmalschutz ist reden

Text Beate Steiner
Ausgabe 06/2011

Palais Wellenstein, Stadtsäle & Co. St. Pöltens denkmalgeschützte Bauten werden zu neuem Leben erweckt – unter Aufsicht des Bundesdenkmalamts. Nicht immer friktionsfrei.

„Die unterschiedlichsten Projekte sind gerade im Entstehen, das werden ganz schöne Sachen, weil sie sich an städtebaulich interessanten Punkten befinden und auch wirtschaftlich wichtig sind“, erklärt Hofrat Margit Kohlert vom Bundesdenkmalamt, die sich z. B. freut, dass bei der Sanierung der Stadtsäle die Zeitschiene zwischen 19. und 20. Jahrhundert sichtbar geblieben ist.
Ein städtebaulich äußerst interessantes Objekt ist das Palais Wellenstein (ehemalige Stadtbücherei), das seit Jahren leer stehende Gebäude zwischen Wiener Straße und Domplatz. Eigentümer-Vertreter Michael Moser musste vor Beginn des Umbaus ein Raumbuch erstellen lassen. Auf mehreren hundert Seiten samt vielen Bildern und Plänen wird darin dokumentiert, was im vor rund 200 Jahren erbauten Palais erhaltenswert ist. Die 13.000 Euro für das Raumbuch werden übrigens gefördert, der Hauseigentümer bekommt die Hälfte der beträchtlichen Summe vom Staat zurück. Beim Palais Wellenstein wird ein Gutachter jetzt grundsätzlich feststellen, ob das Gebäude sanierbar ist oder nicht, dann ob die Böden und die Türen erhaltenswert sind, selbst Kleinigkeiten wie Türgriffe, Gitter oder Fensterbeschläge spielen eine Rolle. „Dabei ist natürlich auch der Wirtschaftsfaktor wichtig“, bestätigt Michael Moser, denn „das Bundesdenkmalamt ist immer im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Erhaltenswürdigkeit.“
Erzwungene Partner
Dazu werden alle Für und Wider abgewogen, „dann gibt es eine Kompromisslösung unter erzwungenen Partnern“, so Moser: „Durch mehrmalige Diskussionsrunden kommt ein vernünftiges Ergebnis heraus. Denkmalschutz ist reden.“ Das bestätigt auch Ernst Stölner, der gerade das Haus Ecke Rathausgasse – Marktgasse saniert: „Denkmalschutz ist eine sehr persönliche Sache, es gibt keine allgemein gültigen Regeln, denn alles hat seine Zeit“, sagt der Bauherr. Und: „Man muss die Kirche im Dorf lassen. Wenn es sich nicht mehr rechnet, wird keiner mehr denkmalgeschützte Häuser zum Leben erwecken.“ Das ist auch der Denkmalschützerin Margit Kohlert bewusst: „Wir gehen die Sache mit Augenmaß an, man muss der Wirtschaft Luft lassen und die Sache großzügig sehen, wenn die Dinge reversibel sind.“ Klarerweise gibt es in diesem Bereich, bei dem Entscheidungen nicht unwesentlich von den handelnden Personen abhängen, immer wieder Konflikte, für Beobachter oder Betroffene nicht nachvollziehbare Entscheidungen. Etwa das riesige knallrote Firmenschild auf dem Barockhaus am Herrenplatz – warum darf das sein, wenn es bei einem anderen historischen Gebäude auf dem Rathausplatz nicht gestattet ist, einen Vorbau an die Fassade anzuhängen. Dort war übrigens die Lösung, dass der Verkaufsstand einen halben Meter vorrückt. Und das rote Firmenschild ist dem Denkmalamt nicht bekannt. Oder das Verbot von Sonnenkollektoren auf einem denkmalgeschützten Gebäude auf dem Riemerplatz, „diese würden auf dem eindrucksvollen Dach einsichtig sein. Wir haben leider keine Ersatzdachfläche und daher keine Kompromisslösung gefunden“, so Kohlert.
Als Kompromiss-Finder von Seiten der Stadt tritt beim Denkmalschutz Stadtmuseumsleiter Thomas Pulle auf: „Ich bin Ansprechpartner für die Hausbesitzer und die Denkmalschützer, die auch entscheiden.“ Das Kulturamt bemüht sich, das historische Stadtbild zu bewahren. „Das funktioniert sehr oft“, ist Pulle überzeugt. Warum die Stadt bei den noch vorhandenen baulichen Schandflecken nicht durchgreift? „Weil die Häuser Privatbesitzern gehören und nicht der öffentlichen Hand. Die kann da gar nichts tun, das liegt im Interesse der Eigentümer.“
Die haben allerdings die Verpflichtung, das Besondere in seiner Besonderheit zu erhalten – und bekommen für die Mehrkosten auch Geld vom Staat. Trotzdem ein Tipp von Thomas Pulle: „Wer nichts mit dem Denkmalamt zu tun haben will, sollte sich kein denkmalgeschütztes Haus kaufen.“

Denkmalgeschützt sind

Bescheid-Denkmäler: Sie sind historisch oder künstlerisch wertvoll. Ihr historischer Charakter muss bewahrt werden.
Paragraf 2 Denkmäler: Kirche, Bund, Stadt oder Land sind die Besitzer. Sie waren bis vor einigen Jahren automatisch denkmalgeschützt, werden nun nach und nach vom Denkmalamt begutachtet. Dabei sind einige durchgefallen.
Meinungen zum Thema:
Ernst Stölner:

Wenn es sich nicht mehr rechnet, wird keiner mehr denkmalgeschützte Häuser zum Leben erwecken.
Thomas Pulle:
„Wer nichts mit dem Denkmalamt zu tun haben will, sollte sich kein denkmalgeschütztes Haus kaufen.“