Im Sande verlaufen
Text
Michael Müllner
Ausgabe
Zack-Prack! Gleich ein großangelegter „Tag der Revolution“ war nötig um den „Prozess Jugendentwicklungsplan“ am 4. Dezember 2005 gebührend zum grandiosen Finale zu treiben. Diesem wohnte dann auch rund ein Dutzend Jugendlicher bei.
Wir erinnern uns: Im September 2005 startete „limelight – st. pölten wird jünger“ (der Jugendentwicklungsplan umgesetzt vom städtischen Jugendkoordinator Wolfgang Matzl), mit dem Ziel nicht irgendeine Beratungs-Agentur zu beauftragen, sondern an der Basis in elf Arbeitsgruppen den Ist-Zustand der STP-Jugend zu analysieren und Forderungen, Maßnahmen sowie wünschenswerte Soll-Zustände zu erarbeiten. Der ‚Tag der Revolution‘ war als „Beteiligungsmodell“ für echte Jugendliche gedacht, abseits der Fachleute. Der Publizist Werner Harauer in einem Kommentar zum Event: „Das Ziel, dem Plan durch eine breite jugendliche Öffentlichkeit Legitimität und Gewicht zu verleihen ist allerdings verfehlt worden, der Rieseneinsatz von Manpower und Geldmittel verpufft.“
Insgesamt wurden für das Projekt Limelight 55.000 Euro ausgegeben, knapp die Hälfte ging an die Leiter der Arbeitsgruppen. Rund 25.000 Euro machte dieser „Rieseneinsatz“ in Cash allein für Werbeagentur und Werbemittel aus. Auch die Website www.lime-light.at – angelegt als „Partizipationsweb“ – wurde davon bezahlt. Nach einem feedback-losen Jahr mit etwa zwei Zugriffen pro Tag findet sich dort heute nur mehr ein Daten-Nirvana ohne Nachschlagemöglichkeit. Kulturamtsleiter Thomas Karl: „Vermutlich mag die Tatsache, dass die Position des Jugendkoordinators ohnehin im Bewusstsein der Jugend verankert ist, ein Grund gewesen sein, weshalb die Website offline genommen wurde.“
Dabei hätte Limelight ja ein Auftakt sein sollen. Kurz vor der Gemeinderatswahl herrschte unter den Teilnehmern der einzelnen Arbeitsgruppen sogar untypischer Optimismus: „Das wird schon kein Wahlkampf-Gag sein. Das ist dem Bürgermeister sicher ernst.“ Hoch und heilig auch die Kampfansagen in manchen Gruppen: „Getreu dem Spruch ‚Die Geister, die ich rief’ – so schnell wird uns die Politik jetzt nicht mehr los.“ Thomas Karl: „Auch wenn die Umsetzung in manchen Bereichen erst langsam einsetzt, allein die Vernetzung aller Betroffenen ist vielleicht schon der größte Verdienst von Limelight.“
Verbindlichsten Dank
Im Juni 2006 wurde Limelight vorerst abgeschlossen, in einer Rathaus-Presseaussendung las sich das wie folgt: „Die Ergebnisse des ganzen Prozesses werden in Form eines Manifestes – ein verbindliches Programm – präsentiert. Bei den angestrebten Zielen wird festgelegt, wer für die Umsetzung verantwortlich ist, welche Mittel dafür aufgewendet werden, woher diese kommen und bis wann umgesetzt werden soll. Damit wird für einen transparenten Ablauf von limelight gesorgt, die Beteiligung vieler Personen garantiert, dass der Jugendentwicklungsplan auch realisiert werden wird.“
Was wurde bis heute realisiert? Josef Gruber leitete die Gruppe Jugend & Migration: „Es gab Veranstaltungen für jugendliche Migranten und die Förderung von Deutschkursen. Unsere Hauptforderung, eine ‚unabhängige Anlaufstelle’ konnte von der Stadt aber nicht umgesetzt werden. Grundsätzlich war der Austausch der Teilnehmer in der Arbeitsgruppe eine gute Sache.“
Barbara Fellöcker leitete die Arbeitsgruppe offene Jugendarbeit: „Bei limelight ist leider nicht viel rausgekommen. Die Sternschnuppe, ein Nachtbus für Jugendliche, wurde rasch umgesetzt, aber sonst? Eine wichtige Forderung unserer Gruppe war beispielsweise ein Spritzentausch-Programm bzw. räumliche Infrastruktur, in der jugendliche Suchtkranke eine Ansprechmöglichkeit finden, und nicht irgendwo in der Passage herumlungern müssen. Das wurde bis heute nicht angegangen.“
Stillstand & Schubladen
Edwin Prochaska blickt auf zahlreiche Sitzungen der Gruppe Jugendkultur zurück: „Diese wunderbaren Arbeiten sind irgendwo in Schubladen und somit aus den Köpfen verschwunden. Das gilt auch für den zeitgleich von Thomas Karl in Auftrag gegebenen ‚Kulturentwicklungsplan’.
In beiden Studien wurde als zentraler Punkt der ‚unabhängige Kulturmanager’ gefordert, die dritte Person zwischen Kulturstadtrat und Kulturverwaltung, jemand der Schwung reinbringt! Stattdessen hat sich die Situation dahingehend verändert, dass der Kulturstadtrat als Ansprechperson weggefallen ist, da Matthias Stadler mit den Bürgermeister-Agenden alle Hände voll zu tun hat. Eine absolute Stillstand-Situation – ergo: wir sind zurück in der Steinzeit!“
Der angesprochene Kultur-Chef der Stadt, Thomas Karl, sieht das anders: „Ich glaube, dass es den ‚Wunderwuzzi‘ nicht gibt, da Kultur viel zu umfassend und vielschichtig ist, als dass ein Einzelner das Spektrum objektiv abdecken könnte. Es würden unweigerlich gewisse Gruppen bevorzugt und somit Begehrlichkeiten anderer geschürt. Schon allein die Bestellung würde einen regelrechten ‚Kulturkampf‘ auslösen. Wir haben damals intern auch potentielle Namen abgetestet, es kamen bei jedem sofort Vorbehalte.“
Timeout
Die grüne Stadträtin Sylvia Hehei sitzt dem Kontrollausschuss vor: „Die Kosten waren im Vergleich zu anderen Städten gering. Aber von all den guten Ideen ist leider wenig übriggeblieben. Wie so oft in der Stadtpolitik: Ein Anfang wird gemacht, danach geht‘s konzeptlos weiter!“
Jugendkoordinator Matzl war vorerst nicht erreichbar. Er teilte mit, dass er gerade einen Wüsten-Urlaub vorbereite und ab Mai wieder verfügbar sei. Wie sagte der amerikanische Politiker Adlai Stevenson? „Eine Revolution muss man am Anfang, nicht am Ende abbremsen.“
Infos zum Thema: Die elf Arbeitsgruppen
Insgesamt wurden für das Projekt Limelight 55.000 Euro ausgegeben, knapp die Hälfte ging an die Leiter der Arbeitsgruppen. Rund 25.000 Euro machte dieser „Rieseneinsatz“ in Cash allein für Werbeagentur und Werbemittel aus. Auch die Website www.lime-light.at – angelegt als „Partizipationsweb“ – wurde davon bezahlt. Nach einem feedback-losen Jahr mit etwa zwei Zugriffen pro Tag findet sich dort heute nur mehr ein Daten-Nirvana ohne Nachschlagemöglichkeit. Kulturamtsleiter Thomas Karl: „Vermutlich mag die Tatsache, dass die Position des Jugendkoordinators ohnehin im Bewusstsein der Jugend verankert ist, ein Grund gewesen sein, weshalb die Website offline genommen wurde.“
Dabei hätte Limelight ja ein Auftakt sein sollen. Kurz vor der Gemeinderatswahl herrschte unter den Teilnehmern der einzelnen Arbeitsgruppen sogar untypischer Optimismus: „Das wird schon kein Wahlkampf-Gag sein. Das ist dem Bürgermeister sicher ernst.“ Hoch und heilig auch die Kampfansagen in manchen Gruppen: „Getreu dem Spruch ‚Die Geister, die ich rief’ – so schnell wird uns die Politik jetzt nicht mehr los.“ Thomas Karl: „Auch wenn die Umsetzung in manchen Bereichen erst langsam einsetzt, allein die Vernetzung aller Betroffenen ist vielleicht schon der größte Verdienst von Limelight.“
Verbindlichsten Dank
Im Juni 2006 wurde Limelight vorerst abgeschlossen, in einer Rathaus-Presseaussendung las sich das wie folgt: „Die Ergebnisse des ganzen Prozesses werden in Form eines Manifestes – ein verbindliches Programm – präsentiert. Bei den angestrebten Zielen wird festgelegt, wer für die Umsetzung verantwortlich ist, welche Mittel dafür aufgewendet werden, woher diese kommen und bis wann umgesetzt werden soll. Damit wird für einen transparenten Ablauf von limelight gesorgt, die Beteiligung vieler Personen garantiert, dass der Jugendentwicklungsplan auch realisiert werden wird.“
Was wurde bis heute realisiert? Josef Gruber leitete die Gruppe Jugend & Migration: „Es gab Veranstaltungen für jugendliche Migranten und die Förderung von Deutschkursen. Unsere Hauptforderung, eine ‚unabhängige Anlaufstelle’ konnte von der Stadt aber nicht umgesetzt werden. Grundsätzlich war der Austausch der Teilnehmer in der Arbeitsgruppe eine gute Sache.“
Barbara Fellöcker leitete die Arbeitsgruppe offene Jugendarbeit: „Bei limelight ist leider nicht viel rausgekommen. Die Sternschnuppe, ein Nachtbus für Jugendliche, wurde rasch umgesetzt, aber sonst? Eine wichtige Forderung unserer Gruppe war beispielsweise ein Spritzentausch-Programm bzw. räumliche Infrastruktur, in der jugendliche Suchtkranke eine Ansprechmöglichkeit finden, und nicht irgendwo in der Passage herumlungern müssen. Das wurde bis heute nicht angegangen.“
Stillstand & Schubladen
Edwin Prochaska blickt auf zahlreiche Sitzungen der Gruppe Jugendkultur zurück: „Diese wunderbaren Arbeiten sind irgendwo in Schubladen und somit aus den Köpfen verschwunden. Das gilt auch für den zeitgleich von Thomas Karl in Auftrag gegebenen ‚Kulturentwicklungsplan’.
In beiden Studien wurde als zentraler Punkt der ‚unabhängige Kulturmanager’ gefordert, die dritte Person zwischen Kulturstadtrat und Kulturverwaltung, jemand der Schwung reinbringt! Stattdessen hat sich die Situation dahingehend verändert, dass der Kulturstadtrat als Ansprechperson weggefallen ist, da Matthias Stadler mit den Bürgermeister-Agenden alle Hände voll zu tun hat. Eine absolute Stillstand-Situation – ergo: wir sind zurück in der Steinzeit!“
Der angesprochene Kultur-Chef der Stadt, Thomas Karl, sieht das anders: „Ich glaube, dass es den ‚Wunderwuzzi‘ nicht gibt, da Kultur viel zu umfassend und vielschichtig ist, als dass ein Einzelner das Spektrum objektiv abdecken könnte. Es würden unweigerlich gewisse Gruppen bevorzugt und somit Begehrlichkeiten anderer geschürt. Schon allein die Bestellung würde einen regelrechten ‚Kulturkampf‘ auslösen. Wir haben damals intern auch potentielle Namen abgetestet, es kamen bei jedem sofort Vorbehalte.“
Timeout
Die grüne Stadträtin Sylvia Hehei sitzt dem Kontrollausschuss vor: „Die Kosten waren im Vergleich zu anderen Städten gering. Aber von all den guten Ideen ist leider wenig übriggeblieben. Wie so oft in der Stadtpolitik: Ein Anfang wird gemacht, danach geht‘s konzeptlos weiter!“
Jugendkoordinator Matzl war vorerst nicht erreichbar. Er teilte mit, dass er gerade einen Wüsten-Urlaub vorbereite und ab Mai wieder verfügbar sei. Wie sagte der amerikanische Politiker Adlai Stevenson? „Eine Revolution muss man am Anfang, nicht am Ende abbremsen.“
Infos zum Thema: Die elf Arbeitsgruppen
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