Love me Gender
Text
Thomas Fröhlich
Ausgabe
Vor Kurzem machte ich mir um den ZiB-Moderator Tarek Leitner echte Sorgen. Leidet er etwa unter Atemnot? Hat er gar was auf der Lunge oder an den Stimmbändern? Wortkompositionen wie Patient[stop]Innen oder Ärzt[stop]Innen kamen im Sekundentakt über seine Lippen. Aber nein: Was sich nach einem medizinischen Notfall anhört, nennt man Gendern. Und offenbar soll nun auch das gemeine Volk im Staatsfunk mit derlei beglückt werden, Kulturauftrag und so. Die Überlegung, Ungleichbehandlung zwischen Mann, Frau (und allen anderen) mithilfe einer systematischen Verhunzung der Sprache und des Schreibens zu korrigieren, fand ihre Anhänger anfänglich in soziologischen Kreisen, für die das „generische Maskulinum“ ein sexistisches Grundübel darstellte. Und da man ja für alles Fans findet, wenn man Dinge nur oft genug sagt, wurde die Tatsache, dass wohl keine Frau etwa auch nur einen Cent mehr verdient, wenn irgendjemand Sternderln, Binnen-Is oder Unterstriche in Worte hineinmurkst, schlichtweg ignoriert: Fakten sind bekanntlich nur was für Naturwissenschaftler*&_innen und Lulus. Man beschloss also, diese hehren Erkenntnisse gleichsam einen Marsch durch die Institutionen antreten zu lassen. Doch mehren sich inzwischen Gegenstimmen: Schriftstellerinnen wie Elke Heidenreich oder Zdenka Becker finden Gendern schlichtweg hässlich. Und die Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuchs, Christiane M. Pabst, hält all dies für eine reine „Feigenblattdiskussion“. Die verordnete Schnappatmung könnte also wieder nachlassen. Die Schreibperson dieser Zeilen tät‘ sich freuen.