Dominik Mesner – Strategische Reduktion
Text
Michael Müllner
Ausgabe
Dominik Mesner ist Obmann der Plattform St. Pölten. Rund 360 Mitgliedsbetriebe unterschiedlicher Größen und Branchen, verschiedene Vereine und Institutionen sowie Hausbesitzer der Innenstadt werden von ihm vertreten – ein sehr breites und bei weitem nicht einheitliches Meinungsbild, das er zu bündeln versucht. Dabei versteht sich die Plattform laut Mesner immer „als Ermöglicher von guten Projekten in der ganzen Stadt und als Übersetzer und Vermittler zwischen Behörden, Wirtschaft und Innenstadtbürgern – und wir sind sicher auch ein sehr gutes ‚schlechtes Gewissen‘ für die Politik!“
Wie sehen Sie den Wegfall von Parkplätzen in St. Pöltens Innenstadt?
Die öffentlichen Oberflächen in einer modernen Innenstadt sind nicht dafür bestimmt, dass stundenlang darauf geparkt wird. Das zeigen viele Beispiele in anderen erfolgreichen Städten. Aus diesem Grund stehe ich einer strategischen und sukzessiven Reduktion generell positiv gegenüber, beispielsweise entlang des Grünen Loops der Promenade oder am Domplatz. Werden diese Flächen dann auch noch anspruchsvoll und hochwertig ausgebaut, etwa mit breiten Radwegen und Gehsteigen, mehr Grünflächen, Begegnungszonen oder Versickerungsflächen, so ist das im Sinne einer nachhaltigen Innenstadtentwicklung sehr zu begrüßen. Generell sorgen gerade attraktive Radfahranlagen in der ganzen Stadt immer mehr dafür, dass nur noch mit dem Auto in die Innenstadt gefahren wird, wenn es unbedingt erforderlich ist.
Es scheint, als wäre verkehrstechnisch sehr viel im Umbruch.
Ein Paradebeispiel für das moderne Neu-Denken der Innenstadt ist die Ausweitung der Fußgängerzone in die Kremsergasse und Brunngasse. Damals wollten manche vor dem Umbau die Politik und Stadtplanung steinigen – heute ist diese Fußgängerzone nicht mehr wegzudenken und viele Geschäfte profitieren enorm davon.
Viele sehen Parkmöglichkeiten in der City weniger werden.
Meiner Wahrnehmung nach gibt es an vielen Stellen rund um die Innenstadt eine große Anzahl an freien Stellplätzen in Tiefgaragen. Ich beobachte auch, dass viele Autofahrer paradoxerweise sehr auf die Rathausgarage fixiert sind. Diese Garage ist somit oft vollbesetzt, obwohl sie objektiv gesehen nicht wirklich attraktiv und gut zu befahren ist. Mit der Karmeliterhof-Garage, der Promenaden-Garage, der Frühwald-Garage, den Garagen am Europaplatz, den ÖBB-Parkhäusern, der Metropol-Garage, der Forum-Garage und bald auch der Domgarage stehen sehr viele Stellplätze zur Verfügung. Das Argument „ich fahre nicht gern in eine Tiefgarage“ sollte langsam überwunden sein. Viele langjährige Nutzer fahren immer in ihre Stammgarage und wissen meist nicht, dass es schöne Alternativen gibt.
Wie kann man diese Einstellungen ändern?
Als Plattform St. Pölten sehen wir hier auch von unserer Seite eine Bringschuld. Eine klare Forderung von unserer Seite ist, die gesamte „Garagen-Landschaft“ St. Pöltens dringend zu harmonisieren. Dazu gibt es schon viele Ideen und Ansätze. Wir wünschen uns etwa eine Wertkarte, eventuell sogar als Jahreskarte, mit der man in jeder Garage zu einem möglichst einheitlichen Tarif parken kann. Oder dass man für den Einkauf in den Innenstadt-Geschäften Rabatte als Dankeschön für das Parken in einer St. Pöltner Innenstadt-Garage erhält. Eine weitere Idee wäre eine App, die Menschen schnell und komfortabel zum nächsten freien Parkplatz – oberirdisch und unterirdisch – navigiert und zwar zielgerichtet durch die unkomplizierte Eingabe des Geschäfts oder der Institution, wo man hinmöchte. Für den Handel wäre auch eine Idee, dass man auf moderne, „pflaster-geeignete“ Innenstadt-Einkaufswagerl setzt, die leicht und barrierefrei in die Tiefgaragen mitgenommen werden können. Zudem sollten große, digitale Anzeigetafeln an den Einfahrtsstraßen als Garagen- und Parkplatz-Info dienen. Um die Menschen besser zu informieren, stellen wir uns vor, dass ein Infofolder zum Thema „Parken in St. Pölten“ an jeden Haushalt in der gesamten Hauptstadtregion geschickt wird und dass wir als Plattform auch eine Infoveranstaltung abhalten.
Jahrelange drehte sich die politische Diskussion vorrangig um die Frage, wie man die Parkplätze vom Domplatz ersetzen kann. Greift das zu kurz?
Geredet wird immer nur über den Bau der Domgarage, was jedoch absolut noch fehlt, ist ein weiteres Parkdeck auf der Nordseite des Bahnhofes mit direktem Zugang in die Innenstadt und zu den Bahnsteigen, sodass sich kein St. Pöltner mehr Sorgen machen muss, ob er dort einen Parkplatz bekommt, wenn er in die Fußgängerzone geht oder mit der Bahn Richtung Wien oder Linz fahren muss. Weiters ist die alte P&R-Garage in der Goldegger-Straße nahe dem Stadt-Feuerwehr-Areal dringend zu modernisieren und braucht auch unbedingt einen direkten Zugang zur Innenstadt und den Bahnsteigen. Dahingehend ist man ja mitten in der Umsetzung. Erforderlich ist aus unserer Sicht auch eine Garage in der Nähe des Landhauses, da aktuell die Gegend rund um das Regierungsviertel von vielen Mitarbeitern zugeparkt wird, die wohl aus Kostengründen und Platzmangel nicht die Garage im Regierungsviertel benützen wollen. Ein wirklich zukunftsträchtiges Signal ist das neue Parkhaus „Quartier Mitte“ beim Kreisverkehr Willi Gruber-Straße mit modernster Photovoltaik-Energiegewinnungsanlage am Dach und den vielen unterschiedlichen Solarpanelen auf der Fassade als künstlerischer Beitrag zur Energiewende.
Viele haben die Sorge, dass die Innenstadt ohne ausreichend attraktiven Parkflächen den Kampf gegen die Einkaufszentren am Stadtrand verliert. Wie steht es um die Innenstadt?
Sehr positiv für die Innenstadt ist die Tatsache, dass Paket-Lieferdienste kaum noch einfahren dürfen. Das war zeitweise eine Zumutung, insbesondere für die Bewohner der Innenstadt. Der hier in der Corona-Zeit entstandene Wildwuchs wurde erfreulicherweise behördlich stark eingeschränkt. Hier setzt die Stadt sehr zielgerichtet auf die Ausweitung eines Angebotes der „letzten Meile“, die Bereitstellung von Paket-Abhol-Zentren und die aktive Zusammenarbeit mit dem Fahrradkurier. Aber ja, speziell für Geschäfte und Betriebe in der Innenstadt, die auf Parkplätze direkt vor dem Geschäftslokal angewiesen sind, ist die aktuelle Übergangssituation sicher schwierig, denken wir nur beispielsweise an Ärzte und Dienstleistungen für gehbehinderte Personen oder die Abholung schwerer Teile. Da brauchen wir individuelle und intelligente Lösungen, die einerseits den Bewohnern der Innenstadt weiterhin eine einfache und sichere Zufahrt ermöglichen und andererseits auch Dienstleistern wie etwa Handwerkern die Einfahrt unkompliziert erlaubt. Es darf uns zukünftig nicht mehr passieren, dass erforderliche behördliche Ausnahmegenehmigungen nur sehr kompliziert und mit praxisfremden Wartezeiten erlangt warten können. Sonst verärgert man viele Menschen, die sehr gerne in der St. Pöltner Innenstadt arbeiten, wohnen und leben. Ein Vorbild ist hier beispielsweise die Hauptstadt Sloweniens Ljubljana, die mit digitalen Einfahrtsgenehmigungen und vollautomatischen Pollern eine hohe Lebensqualität für Bewohner und Besucher geschaffen hat.
Überrascht es Sie, dass über dieses Thema so intensiv diskutiert wird? In den sozialen Medien vergeht gefühlt kein Tag ohne Domplatz-Diskussion.
In vielen persönlichen Diskussionen fällt mir auf, dass die derzeit fehlenden Parkplätze am Domplatz weniger ein faktisches Problem darstellen als vielmehr ein emotionales. „Jeder“ darf mitdiskutieren, ungeachtet des Grades der persönlichen, unmittelbaren Betroffenheit. Es geht rein um persönliche Befindlichkeiten und die verfälschte Wahrnehmung subjektiver Entfernungen in unserer kleinen und feinen Innenstadt. Sicher ist es begrüßenswert, wenn am Domplatz an ausgewählten Stellen Behindertenparkplätze geschaffen werden und auch an Sonn- und Feiertagen die Möglichkeit bestünde, einige Stellplätze zeitlich begrenzt zu erlauben, insbesondere für ältere Besucher. Auch die Öffnung der Parkgarage unter dem Musikkonservatorium wäre ein hier weiterer positiver Schritt. Und die uneingeschränkte Zufahrt für unsere Marktbeschicker sehe ich sowieso als selbstverständlich an. Hier sind die Verantwortlichen für gute und konstruktive Ideen sicher offen. Jedenfalls ist für das langfristige „Gelingen“ des Domplatzes der Bau der Domgarage zwingend erforderlich! Wir alle müssen hier den Blick auf das große Ganze schärfen und die vielen Potenziale dieses großen und sehr würdigen Platzes erkennen.