Alles neu
Ausgabe
Im Frühling darf so manches frisch aufblühen, Altes geht, Neues kommt. Grund genug für einen mfg-Selbstversuch in Echtzeit. Und wer Bock hat: Bitte zuhause nachmachen – auf eigene Gefahr der positiven Veränderung...
Angesaugt mit Wissen aus Zeitschriften, Büchern und Ratschlägen des persönlichen Umfelds möchte ich jetzt sofort damit beginnen, mich aus der bequem gewordenen Haut der letzten Jahre zu schälen. Und ein Stückchen neu zu werden.
Böser Ist-Zustand: so schaut’s aus
Wer bereit ist, neue Ufer anzuschiffen (haha, das liest sich jetzt – wurscht, lass ma’s so), fragt sich zuerst, wo er jetzt steht. Was passt nicht oder nicht mehr? Ich schreibe also meine Ist-Zustand-Liste mit allem, was mir grad nicht mehr taugt an meinem Leben und mir. Sie ist weniger lang, als befürchtet. Gelobter Soll-Zustand: viele bunte Ziele
Am Anfang der Veränderung steht das Ziel, der Soll-Zustand. Ein Tipp: Nicht zu hoch pokern! Klingt einfach. Ist es nicht. Am liebsten wollen wir doch immer von Null auf Hundert, um drei Kleidergrößen runter und so weiter. Unmögliches schaffen halt. Große Ziele in viele kleine herunter zu brechen hilft dabei, realistisch zu bleiben. Und: Die Ziele müssen konkret und positiv formuliert sein. Dann erreicht man sie eher. Der Weg vom IST zum SOLL
Laut meinen gescheiten weisen Müllhalden soll dieser
• zeitlich begrenzt und
• abgesteckt mit Kraftsprüchen und Belohnungen sein,
weil Menschen faule Hund’ sind und gaaanz viel Streicheleinheiten brauchen, um etwas durchzuhalten. Wir gewöhnen uns etwas an, weil es uns einen gewissen Kick verschafft. Wollen wir uns dieses Etwas wieder abgewöhnen, hilft es, ein Ersatz-Etwas zu finden, das uns denselben Kick verschafft. Wir rauchen, um uns zu beruhigen, liegen sinnentleert und faul auf der Couch, weil es kuschelig ist, oder saufen drei Liter Kaffee, um wach zu bleiben. Aber: Es gibt andres, das uns beruhigt, andres, das uns Geborgenheit vermittelt, andres, das uns wachhält. Find the, äh, Kick, quasi. Gefällt mir. Ich muss das sofort auf Facebook posten. Mein persönliches Experiment
Die Challenge, der ich für diesen mfg–Artikel ins Auge sehe, beschränkt sich auf zwei Sachen: Erstens will ich meiner zeit- und nervenraubenden Facebook-Sucht entgegentreten, zweitens will ich mehr Bewegung machen. Es kann nicht sein, dass ich im zweiten Stock zu schnaufen anfange wie ein Tanklaster. Konkret und positiv formuliert bedeutet das: Ich verbringe nicht mehr als eine Stunde täglich auf Facebook und gewinne dadurch wertvolle Zeit, die ich produktiver nutzen kann. Und ich benutze ab jetzt für alle vorbeikommenden Stufen und Wege (exklusive Autobahn) die Füße. Die Ziele sind gesteckt
Ich habe also mein Ist und mein Soll. Jetzt fehlt mir noch die Strecke dazwischen: In meinem Fall sind das 21 Tage. Solange nämlich habe ich Zeit von jetzt grad bis zum mfg-Redaktionsschluss. Ich war schon immer ein Freund pragmatischer Maßnahmen. Woche 1:
Liebes Tagebuch der Veränderung!
Leck mich. War heute zu Fuß einkaufen und bin mit vollem Rucksack plus Korb in den zweiten Stock hinaufgekräut, obwohl mir der Lift verführerisch zugewinkt hat. Finde es erschreckend, wie sehr meine Lunge pfeift. Wollte das gleich auf FB posten, gemeinsam mit einem Foto der Katzen (keine Ahnung warum, aber es wäre lustig gewesen) – durfte ich aber nicht, weil mein FB-Stundenkontingent bereits verbraucht war für den Tag. Das mit dem Autostehenlassen und Stiegensteigen geht ja noch, aber so wenig zu facebooken, obwohl ich meine halbe Lebenszeit vorm Computer verbringe, macht mich leicht depressiv. Was tue ich? Ah ja – Ersatzkick suchen! Ok, warum hänge ich auf FB rum? Ich lenke mich ab, vom Alleinsein, von der Buchhaltung, von einer unangenehmen Begegnung, von mir. Oje. Hallo Psychiater. Was könnte ich stattdessen tun? Zum einen trete ich in direkteren Kontakt zu meinen Mitmenschen, und zwar via Telefon und face to face. Das ist für mich eine große Überwindung, aber ich tue es. Zum anderen gehe ich jetzt sofort mal baden. Und hänge anstatt im virtuellen Wirtshaus allein in der Wanne rum. Thinking about me. Der Kater kommt rein, pritschelt mit dem Wasser – will ihn fotografieren, für FB. Lasse es. Woche 2: Liebes Tagebuch der Veränderung!
Du nervst. Mittlerweile schnaufe ich aber nicht mehr, wenn ich bei der Wohnung oben bin. Habe mich dabei ertappt, die Nachbarn, die unseren Lift benutzen, mit hochgezogener Augenbraue zu strafen (nicht, dass sie es bemerken würden). Und gerade eben wollte ich im Rahmen des täglichen Stundenkontingents auf Facebook posten, dass ich müde und gelangweilt bin, plus Foto von einer meiner Pflanzen (keine Ahnung warum, aber es wäre lustig gewesen). Habe es jedoch gelassen, weil es eh keine Sau interessiert, mein Kontingent verfallen lassen und stattdessen meine Lieblingsfreundin C angerufen. Zum Tratschen. War schön. Jetzt gehe ich laufen. Einfach, weil ich es kann. Ich habe zwei Füße und ich bin gewillt, sie zu benutzen, die zwei Deppen. Woche 3: Liebes Tagebuch der Veränderung!
Ich bin der König der Welt. War bereits dreimal freiwillig laufen und bin nicht gestorben. Über die Stiegen in den zweiten Stock hüpfe ich mittlerweile – jawoll: ich hüpfe! Weiters bemerke ich, dass ich plötzlich meine Deadlines einhalte. Eventuell liegt das daran, dass ich nicht mehr ständig die Statusmeldungen meiner 666 Freunde beobachte und zwanghaft kommentiere. Oder auch am Frühling, der mir das Tauwetter auf die Mütze tropfen lässt, während ich ohne Autodach über dem Schädel von A nach B wandere. Kann es wirklich so einfach sein? Wenn ja, dann gewöhne ich mir als nächstes das Rauchen ab. Vielleicht aber erst 2014.
Wie gesagt: Nicht zu große Ziele auf einmal stecken. DAS poste ich jetzt aber.
Und vielleicht fahre ich nächsten Monat sogar mal mit dem Lift. Einmal rauf und wieder runter. Nur um mir zu beweisen, wie blöd das ist.
Wer bereit ist, neue Ufer anzuschiffen (haha, das liest sich jetzt – wurscht, lass ma’s so), fragt sich zuerst, wo er jetzt steht. Was passt nicht oder nicht mehr? Ich schreibe also meine Ist-Zustand-Liste mit allem, was mir grad nicht mehr taugt an meinem Leben und mir. Sie ist weniger lang, als befürchtet. Gelobter Soll-Zustand: viele bunte Ziele
Am Anfang der Veränderung steht das Ziel, der Soll-Zustand. Ein Tipp: Nicht zu hoch pokern! Klingt einfach. Ist es nicht. Am liebsten wollen wir doch immer von Null auf Hundert, um drei Kleidergrößen runter und so weiter. Unmögliches schaffen halt. Große Ziele in viele kleine herunter zu brechen hilft dabei, realistisch zu bleiben. Und: Die Ziele müssen konkret und positiv formuliert sein. Dann erreicht man sie eher. Der Weg vom IST zum SOLL
Laut meinen gescheiten weisen Müllhalden soll dieser
• zeitlich begrenzt und
• abgesteckt mit Kraftsprüchen und Belohnungen sein,
weil Menschen faule Hund’ sind und gaaanz viel Streicheleinheiten brauchen, um etwas durchzuhalten. Wir gewöhnen uns etwas an, weil es uns einen gewissen Kick verschafft. Wollen wir uns dieses Etwas wieder abgewöhnen, hilft es, ein Ersatz-Etwas zu finden, das uns denselben Kick verschafft. Wir rauchen, um uns zu beruhigen, liegen sinnentleert und faul auf der Couch, weil es kuschelig ist, oder saufen drei Liter Kaffee, um wach zu bleiben. Aber: Es gibt andres, das uns beruhigt, andres, das uns Geborgenheit vermittelt, andres, das uns wachhält. Find the, äh, Kick, quasi. Gefällt mir. Ich muss das sofort auf Facebook posten. Mein persönliches Experiment
Die Challenge, der ich für diesen mfg–Artikel ins Auge sehe, beschränkt sich auf zwei Sachen: Erstens will ich meiner zeit- und nervenraubenden Facebook-Sucht entgegentreten, zweitens will ich mehr Bewegung machen. Es kann nicht sein, dass ich im zweiten Stock zu schnaufen anfange wie ein Tanklaster. Konkret und positiv formuliert bedeutet das: Ich verbringe nicht mehr als eine Stunde täglich auf Facebook und gewinne dadurch wertvolle Zeit, die ich produktiver nutzen kann. Und ich benutze ab jetzt für alle vorbeikommenden Stufen und Wege (exklusive Autobahn) die Füße. Die Ziele sind gesteckt
Ich habe also mein Ist und mein Soll. Jetzt fehlt mir noch die Strecke dazwischen: In meinem Fall sind das 21 Tage. Solange nämlich habe ich Zeit von jetzt grad bis zum mfg-Redaktionsschluss. Ich war schon immer ein Freund pragmatischer Maßnahmen. Woche 1:
Liebes Tagebuch der Veränderung!
Leck mich. War heute zu Fuß einkaufen und bin mit vollem Rucksack plus Korb in den zweiten Stock hinaufgekräut, obwohl mir der Lift verführerisch zugewinkt hat. Finde es erschreckend, wie sehr meine Lunge pfeift. Wollte das gleich auf FB posten, gemeinsam mit einem Foto der Katzen (keine Ahnung warum, aber es wäre lustig gewesen) – durfte ich aber nicht, weil mein FB-Stundenkontingent bereits verbraucht war für den Tag. Das mit dem Autostehenlassen und Stiegensteigen geht ja noch, aber so wenig zu facebooken, obwohl ich meine halbe Lebenszeit vorm Computer verbringe, macht mich leicht depressiv. Was tue ich? Ah ja – Ersatzkick suchen! Ok, warum hänge ich auf FB rum? Ich lenke mich ab, vom Alleinsein, von der Buchhaltung, von einer unangenehmen Begegnung, von mir. Oje. Hallo Psychiater. Was könnte ich stattdessen tun? Zum einen trete ich in direkteren Kontakt zu meinen Mitmenschen, und zwar via Telefon und face to face. Das ist für mich eine große Überwindung, aber ich tue es. Zum anderen gehe ich jetzt sofort mal baden. Und hänge anstatt im virtuellen Wirtshaus allein in der Wanne rum. Thinking about me. Der Kater kommt rein, pritschelt mit dem Wasser – will ihn fotografieren, für FB. Lasse es. Woche 2: Liebes Tagebuch der Veränderung!
Du nervst. Mittlerweile schnaufe ich aber nicht mehr, wenn ich bei der Wohnung oben bin. Habe mich dabei ertappt, die Nachbarn, die unseren Lift benutzen, mit hochgezogener Augenbraue zu strafen (nicht, dass sie es bemerken würden). Und gerade eben wollte ich im Rahmen des täglichen Stundenkontingents auf Facebook posten, dass ich müde und gelangweilt bin, plus Foto von einer meiner Pflanzen (keine Ahnung warum, aber es wäre lustig gewesen). Habe es jedoch gelassen, weil es eh keine Sau interessiert, mein Kontingent verfallen lassen und stattdessen meine Lieblingsfreundin C angerufen. Zum Tratschen. War schön. Jetzt gehe ich laufen. Einfach, weil ich es kann. Ich habe zwei Füße und ich bin gewillt, sie zu benutzen, die zwei Deppen. Woche 3: Liebes Tagebuch der Veränderung!
Ich bin der König der Welt. War bereits dreimal freiwillig laufen und bin nicht gestorben. Über die Stiegen in den zweiten Stock hüpfe ich mittlerweile – jawoll: ich hüpfe! Weiters bemerke ich, dass ich plötzlich meine Deadlines einhalte. Eventuell liegt das daran, dass ich nicht mehr ständig die Statusmeldungen meiner 666 Freunde beobachte und zwanghaft kommentiere. Oder auch am Frühling, der mir das Tauwetter auf die Mütze tropfen lässt, während ich ohne Autodach über dem Schädel von A nach B wandere. Kann es wirklich so einfach sein? Wenn ja, dann gewöhne ich mir als nächstes das Rauchen ab. Vielleicht aber erst 2014.
Wie gesagt: Nicht zu große Ziele auf einmal stecken. DAS poste ich jetzt aber.
Und vielleicht fahre ich nächsten Monat sogar mal mit dem Lift. Einmal rauf und wieder runter. Nur um mir zu beweisen, wie blöd das ist.