Ein Zeichen setzen
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Am 18. Dezember des vergangenen Jahres starb Václav Havel, der sich während des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei stets für die Menschenrechte einsetzte und als führender Regimekritiker zu den Initiatoren der Charta 77 gehörte. Vor seinem Aufstieg zum Staatspräsidenten setzte sich auch ein Österreicher für den im März 1989 inhaftierten Havel ein: der St. Pöltner Autor Robert Klement. Mit MFG sprach er über seinen damaligen Einsatz am Wenzelsplatz und die folgenden Entwicklungen.
Aus Robert Klements Erzählungen strahlt heute noch die Bewunderung für den damals aufmüpfigen Havel: „Nur sehr wenige haben sich damals getraut, sich aufzulehnen und für ihre Freiheit und ihre Unabhängigkeit einzustehen. Václav Havel war eine Lichtgestalt, während sich nahezu alle anderen der Parole ,totale Anpassung, nur nicht auffallen‘ unterwarfen. Das hat mich damals sehr beeindruckt.“ Doch es blieb nicht bei der Bewunderung.
Bereits 1986 schrieb Robert Klement sein Buch „Durch den Fluss“, das sich mit der Flucht von zwei tschechoslowakischen Grenzsoldaten über den Eisernen Vorhang nach Österreich beschäftigt. Durch die Kontakte zur damaligen CSSR-Migrantenszene entstand auch die Idee zur Flugblattaktion, erzählt Robert Klement: „Unter Chefredakteur Hans Magenschab veröffentlichte die Wochenpresse einen Aufruf von über 100 Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen, die sich für die Freilassung Havels aussprachen. Diesen Aufruf ließ ich von den Migranten ins Tschechische übersetzen.“ Komplize beim gefährlichen Schmuggel der Flugblätter über die Grenze war der KfZ-Werkstätteninhaber Kettinger: „Er versteckte die Flugblätter in einem Hohlraum meines Autos. Damals wurde man total gefilzt an der Grenze.“ Der Zeitpunkt für die Aktion war genauestens geplant: „Zu dieser Zeit fand in Wien gerade eine internationale Konferenz statt, auch mit Beteiligung der kommunistischen Staaten. Da habe ich gehofft, dass man sich mit einem Österreicher nicht lange herumschlagen wollen wird.“ Denn eine Verhaftung war gewiss. Etwa 800 Flugblätter konnte Robert Klement am Prager Wenzelsplatz in vier Stunden verteilen, erst versteckt, in Kaffeehäusern und zwischen Telefonbuchseiten. Als er die Flugblätter offen am Wenzelsplatz verteilt, reagieren die Bürger in erster Linie erstaunt. Ein Passant ruft jedoch die Polizei, Klement wird verhaftet und in einen Verhörraum verfrachtet. Doch wie erhofft, weiß niemand, was man mit diesem österreichischen Schriftsteller anfangen soll. Nach 12 Stunden Verhör wird er schließlich wieder auf freien Fuß gesetzt: „Am Ende war das Verhör schon mehr ein lockeres Gespräch“, schmunzelt Klement. „Ich sagte zu dem Beamten, ,sie werden sehen, vielleicht ist Havel in einem Jahr schon Unterrichtsminister‘. Das hat natürlich lautes Lachen provoziert. Heute muss ich sagen, ich habe mich geirrt. Václav Havel war bereits drei Monate später Staatspräsident.“
Klements Aktion und seine anschließende Verhaftung lösten das erhoffte Medienecho aus. Klement berichtet: „Ich hab 800 Flugblätter verteilt, damit erreiche ich vielleicht 1.000 bis 1.500 Menschen, das wär auch schon viel gewesen. Aber natürlich war unser Ziel, dass bekannt wird, dass sich ein Österreicher für einen Schriftstellerkollegen einsetzt.“ Als gefährlich hat er seine Aktion nicht betrachtet: „Wenn ich da wochen- oder monatelang eingesperrt geworden wäre, hätte das für das Regime in erster Linie Ärger bedeutet.“ Das Kalkül ging auf.
Als geradezu prophetisch kann man heute Klements Roman „Durch den Fluss“ betrachten, in dem er schon 1986 diesen Satz über den Eisernen Vorhang veröffentlichte: „Menschen haben ihn errichtet, Menschen können ihn wieder entfernen.“ Klement heute dazu: „Das war damals völlig utopisch, da hätte jeder, der sowas behauptet, in die Psychiatrie kommen können.“ Und doch ereignete sich dann schneller als von allen erwartet ein großer Umbruch in der europäischen Geschichte. Seine Aktion betrachtet der Autor nicht als wichtigen Beitrag: „Ich habe nie die Illusion gehabt, dass ich jetzt ins Rad der Weltgeschichte eingreife. Aber dieses kleine Zeichen ist sicher gesetzt worden.“
Auch in weiteren seiner Bücher setzte sich Robert Klement immer wieder für Menschenrechte ein. Sein 2007 veröffentlichter Roman „70 Meilen zum Paradies“ wurde mit dem Staatspreis für Jugendliteratur ausgezeichnet. Er beschäftigt sich mit dem Schicksal zweier Bootsflüchtlinge aus Somalia. „Ich vertrete die Meinung, wer in seiner Heimat von Krieg bedroht ist, der hat auch Recht auf Asyl, was in der Praxis aber leider nicht immer so gehandhabt wird. Eigentlich schreibt das auch die Genfer Konvention vor, die alle europäischen Staaten unterzeichnet haben. Aber oft wird gar nicht gefragt, wo die Flüchtlinge herkommen, sie werden sofort zurückgeschickt.“
Bereits 1986 schrieb Robert Klement sein Buch „Durch den Fluss“, das sich mit der Flucht von zwei tschechoslowakischen Grenzsoldaten über den Eisernen Vorhang nach Österreich beschäftigt. Durch die Kontakte zur damaligen CSSR-Migrantenszene entstand auch die Idee zur Flugblattaktion, erzählt Robert Klement: „Unter Chefredakteur Hans Magenschab veröffentlichte die Wochenpresse einen Aufruf von über 100 Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen, die sich für die Freilassung Havels aussprachen. Diesen Aufruf ließ ich von den Migranten ins Tschechische übersetzen.“ Komplize beim gefährlichen Schmuggel der Flugblätter über die Grenze war der KfZ-Werkstätteninhaber Kettinger: „Er versteckte die Flugblätter in einem Hohlraum meines Autos. Damals wurde man total gefilzt an der Grenze.“ Der Zeitpunkt für die Aktion war genauestens geplant: „Zu dieser Zeit fand in Wien gerade eine internationale Konferenz statt, auch mit Beteiligung der kommunistischen Staaten. Da habe ich gehofft, dass man sich mit einem Österreicher nicht lange herumschlagen wollen wird.“ Denn eine Verhaftung war gewiss. Etwa 800 Flugblätter konnte Robert Klement am Prager Wenzelsplatz in vier Stunden verteilen, erst versteckt, in Kaffeehäusern und zwischen Telefonbuchseiten. Als er die Flugblätter offen am Wenzelsplatz verteilt, reagieren die Bürger in erster Linie erstaunt. Ein Passant ruft jedoch die Polizei, Klement wird verhaftet und in einen Verhörraum verfrachtet. Doch wie erhofft, weiß niemand, was man mit diesem österreichischen Schriftsteller anfangen soll. Nach 12 Stunden Verhör wird er schließlich wieder auf freien Fuß gesetzt: „Am Ende war das Verhör schon mehr ein lockeres Gespräch“, schmunzelt Klement. „Ich sagte zu dem Beamten, ,sie werden sehen, vielleicht ist Havel in einem Jahr schon Unterrichtsminister‘. Das hat natürlich lautes Lachen provoziert. Heute muss ich sagen, ich habe mich geirrt. Václav Havel war bereits drei Monate später Staatspräsident.“
Klements Aktion und seine anschließende Verhaftung lösten das erhoffte Medienecho aus. Klement berichtet: „Ich hab 800 Flugblätter verteilt, damit erreiche ich vielleicht 1.000 bis 1.500 Menschen, das wär auch schon viel gewesen. Aber natürlich war unser Ziel, dass bekannt wird, dass sich ein Österreicher für einen Schriftstellerkollegen einsetzt.“ Als gefährlich hat er seine Aktion nicht betrachtet: „Wenn ich da wochen- oder monatelang eingesperrt geworden wäre, hätte das für das Regime in erster Linie Ärger bedeutet.“ Das Kalkül ging auf.
Als geradezu prophetisch kann man heute Klements Roman „Durch den Fluss“ betrachten, in dem er schon 1986 diesen Satz über den Eisernen Vorhang veröffentlichte: „Menschen haben ihn errichtet, Menschen können ihn wieder entfernen.“ Klement heute dazu: „Das war damals völlig utopisch, da hätte jeder, der sowas behauptet, in die Psychiatrie kommen können.“ Und doch ereignete sich dann schneller als von allen erwartet ein großer Umbruch in der europäischen Geschichte. Seine Aktion betrachtet der Autor nicht als wichtigen Beitrag: „Ich habe nie die Illusion gehabt, dass ich jetzt ins Rad der Weltgeschichte eingreife. Aber dieses kleine Zeichen ist sicher gesetzt worden.“
Auch in weiteren seiner Bücher setzte sich Robert Klement immer wieder für Menschenrechte ein. Sein 2007 veröffentlichter Roman „70 Meilen zum Paradies“ wurde mit dem Staatspreis für Jugendliteratur ausgezeichnet. Er beschäftigt sich mit dem Schicksal zweier Bootsflüchtlinge aus Somalia. „Ich vertrete die Meinung, wer in seiner Heimat von Krieg bedroht ist, der hat auch Recht auf Asyl, was in der Praxis aber leider nicht immer so gehandhabt wird. Eigentlich schreibt das auch die Genfer Konvention vor, die alle europäischen Staaten unterzeichnet haben. Aber oft wird gar nicht gefragt, wo die Flüchtlinge herkommen, sie werden sofort zurückgeschickt.“