Schall und Rauch
Ausgabe
Die Autorin und Literaturhaus-Krems-Chefin Sylvia Treudl ist ja der friedlichste Mensch auf Erden. Außer sie ärgert sich. Über Dummheit, Ignoranz oder „familienfreundliche“ Lokale mit Rauchverbot. Da sollte man in Deckung gehen. Oder zuhören. Wie etwa beim Interview im Innenhof des Stadtmuseums nach ihrem Blätterwirbel-Auftritt.
Da steig’n an’ ja die Krausbirn’ auf!“
Ja, Sie haben richtig gelesen: Krausbirn’. Mit K. Wie Karl Kraus. Obwohl natürlich die handelsüblichen Grausbirnen gemeint sind. Aber da es hier natürlich und in erster Linie um Sprache geht … also K. Der Grund, besser, ein Grund dafür: die Bambi-Preisverleihung für Integration (!) an den Maulhelden Bushido, der es in seinen lyrics ja immer wieder cool findet, Frauen als schlagenswerte Schlampen hinzustellen.
Da kann Sylvia Treudl so richtig in Saft gehen. Sie, die gerade mit dem Böszen Salon-Orchester im Rahmen des Blätterwirbel eine hinreißende Hommage á H.C. Artmann im Stadtmuseum absolviert hat, lässt ihrem Grant wieder einmal lautstark freien Lauf: „War diese Preisverleihung jetzt nur dumm? Oder eine gezielte Provokation? Ich glaub’ ersteres. Für bewusste Provokationen ist die Menschheit in der Zwischenzeit eh zu blöd.“ Wobei sie selbst gegen gepflegte Derbheiten gar nichts hat. „Die Beschäftigung mit Artmann hat in mir den Wunsch geweckt, im Dialekt zu schreiben.“ Was sie nun seit einem Jahr tut. „Das ist manchmal auch derb.“ Aber es käme ihr nie in den Sinn, für eine Pointe auf irgendwelche Rand- oder überhaupt Bevölkerungsgruppen los zu dreschen.
„Da gibt’s derzeit einen gesellschaftspolitischen Backlash – da kriegt nicht nur eine Altfeministin wie ich das große Speiben.“
Wobei sie jetzt nicht unbedingt Klischeebildern entspricht. Feministin ja – aber mit Kampfsportvergangenheit, High Heels und Motorrad in Reichweite. Und einer vollständigen Bruce Lee-DVD-Sammlung zuhause.
Geboren wurde Treudl 1959 in Krems, wo sie auch die Schule besuchte („Würg!“, wie sie diese Zeit umfassend kommentiert). 1984 promovierte sie in Politikwissenschaft, danach war sie zwölf Jahre lang Verlegerin und Herausgeberin im Wiener Frauenverlag, den sie gleichsam mit erfand. „Damals war Frauenliteratur bei uns praktisch nicht existent.“ Danach schon.
Auch schrieb und publizierte Treudl selbst jede Menge Prosa sowie Lyrik, zumeist in knappem, immer präzisem Stil gehalten, der nicht selten an gute Rocknummern erinnert. „Der Schreibanlass hat sich in den letzten Jahren allerdings von der Liebe/Beziehung/Wahnsinn-Thematik zunehmend in Richtung allgemeinen Furors verlagert.“ Weil die Dinge sind wie sie sind. Nämlich entsetzlich. „Mit 20 Jahren haben wir geglaubt, mit einer künstlerischen Produktion die Welt verändern zu können.“ Jetzt sei sie oft ratlos. Obwohl die Beschäftigung mit Kunst, speziell Literatur, unabdinglich sei. Und auch deren Vermittlung. Was dann – vor 11 Jahren – auf Betreiben von Treudl und dem Literaturvermittler Michael Stiller in die Gründung des ULNÖ, des Unabhängigen Literaturhauses Niederösterreich, mündete. „Wo das ULNÖ seinen Sitz nehmen würde, das war eine Entscheidung des Landes. Hauptsache anfangen: Wir wären überall hin gegangen!“ Als sie erfuhr, dass es in Krems seine Pforten öffnen würde, war ihr erster Gedanke: „Okay, back to the roots.“
Was hat es da eigentlich mit den angeblichen kulturellen Animositäten zwischen St. Pölten und Krems auf sich? Treudl winkt ab: „Ich kann’s nimmer hören. Ich mag ja Verschwörungstheorien – aber grad die hat echt keinen Unterhaltungswert.“ Und weiter: „Ich selbst bin gerne in St. Pölten. Ich war da schon bei mehreren Veranstaltungen dabei, die alle sehr fein waren.“
Treudl, die eine große Katzenliebhaberin ist, Schuhgeschäfte als ähnlich gefährlich einstuft wie Buchhandlungen und als Ausgleich zum intellektuell fordernden beruflichen Alltag als Literaturhaus-Betreiberin, freie Autorin, Kolumnistin und Rezensentin gerne gemeinsam mit ihrem Gatten Peter in Mitterretzbach „freizeitgartelt“, ist auch einer guten Zigarette nicht abgeneigt. Was aber immer schwieriger wird: „Diese ganzen Zwangsreglementierungen – furchtbar! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man auch in der Wohnung kontrolliert wird.“ Dafür dürfe man sich dann in der schönen neuen, „familienfreundlichen“ Rauchfrei-Welt im ehemaligen Lieblingswirtshaus das Gezeter der lieben Kleinen anhören, die unter den Augen ihrer enthusiasmierten Eltern jegliche Rücksicht vermissen lassen. „Ich hab’ mit 14 schon eins sicher gewusst: Keine Kinder! Und bis jetzt hab’ ich’s nicht bereut.“
Spricht’s und sucht ihr Zigarettenpackerl, das in den Untiefen ihrer Tasche versteckt ist: „Je Tasche, desto such.“ Rauchpause. Weil: Jetzt erst recht.
Ja, Sie haben richtig gelesen: Krausbirn’. Mit K. Wie Karl Kraus. Obwohl natürlich die handelsüblichen Grausbirnen gemeint sind. Aber da es hier natürlich und in erster Linie um Sprache geht … also K. Der Grund, besser, ein Grund dafür: die Bambi-Preisverleihung für Integration (!) an den Maulhelden Bushido, der es in seinen lyrics ja immer wieder cool findet, Frauen als schlagenswerte Schlampen hinzustellen.
Da kann Sylvia Treudl so richtig in Saft gehen. Sie, die gerade mit dem Böszen Salon-Orchester im Rahmen des Blätterwirbel eine hinreißende Hommage á H.C. Artmann im Stadtmuseum absolviert hat, lässt ihrem Grant wieder einmal lautstark freien Lauf: „War diese Preisverleihung jetzt nur dumm? Oder eine gezielte Provokation? Ich glaub’ ersteres. Für bewusste Provokationen ist die Menschheit in der Zwischenzeit eh zu blöd.“ Wobei sie selbst gegen gepflegte Derbheiten gar nichts hat. „Die Beschäftigung mit Artmann hat in mir den Wunsch geweckt, im Dialekt zu schreiben.“ Was sie nun seit einem Jahr tut. „Das ist manchmal auch derb.“ Aber es käme ihr nie in den Sinn, für eine Pointe auf irgendwelche Rand- oder überhaupt Bevölkerungsgruppen los zu dreschen.
„Da gibt’s derzeit einen gesellschaftspolitischen Backlash – da kriegt nicht nur eine Altfeministin wie ich das große Speiben.“
Wobei sie jetzt nicht unbedingt Klischeebildern entspricht. Feministin ja – aber mit Kampfsportvergangenheit, High Heels und Motorrad in Reichweite. Und einer vollständigen Bruce Lee-DVD-Sammlung zuhause.
Geboren wurde Treudl 1959 in Krems, wo sie auch die Schule besuchte („Würg!“, wie sie diese Zeit umfassend kommentiert). 1984 promovierte sie in Politikwissenschaft, danach war sie zwölf Jahre lang Verlegerin und Herausgeberin im Wiener Frauenverlag, den sie gleichsam mit erfand. „Damals war Frauenliteratur bei uns praktisch nicht existent.“ Danach schon.
Auch schrieb und publizierte Treudl selbst jede Menge Prosa sowie Lyrik, zumeist in knappem, immer präzisem Stil gehalten, der nicht selten an gute Rocknummern erinnert. „Der Schreibanlass hat sich in den letzten Jahren allerdings von der Liebe/Beziehung/Wahnsinn-Thematik zunehmend in Richtung allgemeinen Furors verlagert.“ Weil die Dinge sind wie sie sind. Nämlich entsetzlich. „Mit 20 Jahren haben wir geglaubt, mit einer künstlerischen Produktion die Welt verändern zu können.“ Jetzt sei sie oft ratlos. Obwohl die Beschäftigung mit Kunst, speziell Literatur, unabdinglich sei. Und auch deren Vermittlung. Was dann – vor 11 Jahren – auf Betreiben von Treudl und dem Literaturvermittler Michael Stiller in die Gründung des ULNÖ, des Unabhängigen Literaturhauses Niederösterreich, mündete. „Wo das ULNÖ seinen Sitz nehmen würde, das war eine Entscheidung des Landes. Hauptsache anfangen: Wir wären überall hin gegangen!“ Als sie erfuhr, dass es in Krems seine Pforten öffnen würde, war ihr erster Gedanke: „Okay, back to the roots.“
Was hat es da eigentlich mit den angeblichen kulturellen Animositäten zwischen St. Pölten und Krems auf sich? Treudl winkt ab: „Ich kann’s nimmer hören. Ich mag ja Verschwörungstheorien – aber grad die hat echt keinen Unterhaltungswert.“ Und weiter: „Ich selbst bin gerne in St. Pölten. Ich war da schon bei mehreren Veranstaltungen dabei, die alle sehr fein waren.“
Treudl, die eine große Katzenliebhaberin ist, Schuhgeschäfte als ähnlich gefährlich einstuft wie Buchhandlungen und als Ausgleich zum intellektuell fordernden beruflichen Alltag als Literaturhaus-Betreiberin, freie Autorin, Kolumnistin und Rezensentin gerne gemeinsam mit ihrem Gatten Peter in Mitterretzbach „freizeitgartelt“, ist auch einer guten Zigarette nicht abgeneigt. Was aber immer schwieriger wird: „Diese ganzen Zwangsreglementierungen – furchtbar! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man auch in der Wohnung kontrolliert wird.“ Dafür dürfe man sich dann in der schönen neuen, „familienfreundlichen“ Rauchfrei-Welt im ehemaligen Lieblingswirtshaus das Gezeter der lieben Kleinen anhören, die unter den Augen ihrer enthusiasmierten Eltern jegliche Rücksicht vermissen lassen. „Ich hab’ mit 14 schon eins sicher gewusst: Keine Kinder! Und bis jetzt hab’ ich’s nicht bereut.“
Spricht’s und sucht ihr Zigarettenpackerl, das in den Untiefen ihrer Tasche versteckt ist: „Je Tasche, desto such.“ Rauchpause. Weil: Jetzt erst recht.