Tod dem toten Sonntag!
Ausgabe
Aaaah, Sonntag! Dies solis, Tag der Sonne, Tag des Herrn. Für die meisten von uns bedeutet das darum: keine Arbeit, keine Schule, geschlossene Geschäfte und ein beschissenes Fernsehprogramm – keine Chance also, sich durch die üblichen Zeitvertreibereien abzulenken. Herrlich? Von wegen! …
Vielen von uns schläft am Sonntag eher genau das Gesicht ein. Und in St. Pölten überhaupt. Weil St. Pölten hat mal wieder die Arschkarte gezogen: Da ist nämlich schon gar nichts los. Da ist der Sonntag noch schlimmer als anderswo. Sagt zumindest der Volksmund. Wir aber – aktiv und engagiert wie immer – erheben uns nun mühsam von der Couch, wischen uns die Brunchbrösel vom labbrigen T-Shirt, fordern lautstark: TOD DEM TOTEN SONNTAG! und lösen das Henne-Ei-Rätsel auf, denn: Tun wir nix, weil es nix gibt? Oder gibt es nix, weil wir nix tun? Oder tun wir eh, obwohl es nix gibt bzw. gäbe es genug, nur tun wir nix? Hm.
VOLKSMUND UND O-TON
Wir haben uns mal umgehört, was einzelne STP-Leute so von sich geben, wenn man ihnen die Stichworte „Sonntag“ und „St. Pölten“ hinwirft…
Patrick sagt ganz klar: „Ich mach am Sonntag gar nichts in St. Pölten, weil einfach nichts los ist bzw. weil alles zu hat. Ich hätte gern verschiedene Events am Sonntag in St. Pölten.“ Caro möchte am Sonntag regelmäßig eines: ihren Rausch vom Samstag ausschlafen. Ähnlich geht es Markus und Peter. Renate schafft es zumindest noch, dazwischen mal zur Familie zum Mittagessen zu fahren, ansonsten ist der Sonntag für sie ebenfalls eine einzige große Chillout Area. Daheim, versteht sich. Julia ist der Meinung, dass die St. Pöltner Innenstadt am Sonntagvormittag ausgestorben ist. Sie geht da nicht hin, weil nichts los ist. Punkt. Wenn, dann nutzt sie den freien Tag zum Sport bzw. fährt im Sommer gemütlich an den See. Ins Kino geht sie auch nicht, weil sie das, wenn, dann unter der Woche tut. (Was nicht unklug ist, denn das ist zum Teil günstiger, Anm.) Martin fährt am Sonntag gerne raus aus St. Pölten. Bei gutem Wetter aktiviert er sich wie Julia zum Sport, aber eher außerhalb der Stadt. Er findet, dass da am Sonntag einfach nichts los ist. Den Grund, wieso nichts offen hat, sieht er aber nicht im fehlenden Angebot, das die Leute abhält, sondern darin, dass die Leute größtenteils wegfahren oder daheim bleiben – und daher wenig offen hat. (Wir sind mal wieder beim Huhn-Ei-Mysterium gelandet.) Michael würde am Sonntag gerne einkaufen gehen. Weil das aber nicht geht, geht er stattdessen frühstücken, spazieren oder macht einen Ausflug, z. B. nach Krems oder Wien. Er findet, dass am Sonntag nichts los ist, weil in der Innenstadt nichts offen hat. „Wenn man einkaufen könnte, würde mehr los sein und würden somit auch mehr Gastronomiebetriebe offen haben“, sagt der bekennende Shopaholic. Seiner Meinung nach gibt es zu wenig Speiselokale und Cafés, die am Sonntag offen haben. Außerdem fahren die Leute lieber z. B. zu irgendwelchen Heurigen, als in die Innenstadt. Sandra schließlich fasst es relativ dramatisch zusammen: „Wir vergraben uns alle zusammen in unseren Häusern, sodass St. Pölten nur mehr einer Geisterstadt ähnelt. So kommt es mir zumindest vor.“
Soviel zu den kursierenden Meinungen. Wir machen es uns einfach und sagen mal: Okay, jeder hat recht, irgendwie. Nur: Hat wirklich jeder recht?
DIE SONNTÄGLICHE WAHRHEIT
… ist nun nämlich, dass es in der Innenstadt genug Angebot gibt. Ehrlich. Wir haben es uns angeschaut. War nicht leicht, aufzukommen an jenem Tag, an dem man sich normalerweise original vom Bett auf die Couch rollt und dort unter dem Einfluss einer Überdosis Schogetten alles schaut, was auf rtl2 kommt. Aber wir haben es geschafft AND WE WERE THERE – in der St. Pöltner Innenstadt. An einem Sonntag im Februar…
Fakt 1: Es gibt Menschen.
In der Fußgängerzone gehen Menschen. Pärchen, Hundebesitzer plus Wuffi und manchmal sogar Großgruppen von bis zu vier Leuten. Sie bummeln (so der Fachausdruck). Schauen in die Schaufenster und sind wahrscheinlich froh, dass alles zu hat und sie nicht überlegen müssen, ob sie sich das oder jenes nicht kaufen sollten. Sie schauen nicht traurig aus.
Fakt 2: Tag des Herrn.
Und zwar wirklich im kirchlichen Sinne. Nachdem sich unser kleiner wackerer Journi-Trupp umständlich drauf geeinigt hatte, waren wir eine Minute zum vorsichtigen Lokalaugenschein in dem Gebäude namens Dom. Und der war, wie die Deutschen so schön sagen, rappevoll.
Fakt 3: Die Innenstadt hat offen.
Das Café Schubert am Herrenplatz ist täglich und damit auch sonntags selbstverständlich geöffnet. Kellnerin Justina verrät uns inmitten des angenehm gefüllten Lokals, dass sie gerade am Sonntag viele Gäste begrüßen, die zuvor in der Kirche waren. (Wir, als neue Kirchenprofis, nicken wissend.) Weiter geht die Tour auf den Rathausplatz, wo wir im ebenfalls sehr geöffneten und wunderschön nobel eingerichteten La Dolce Vita mit Küchenchef Florian plaudern. Auch hier gab es seit der Neueröffnung vor drei Jahren nie eine Diskussion, ob die Restaurant-Bar sonntags geschlossen haben sollte. Gerade im Sommer mit den anhängenden Gastgärten herrscht nämlich auch sonntags reger Betrieb. Und im Allgemeinen geht vor allem das Mittagsgeschäft gut bzw. freuen sich die Dolce Vitas nach Bällen oder sonstigen Großveranstaltungen am Samstag verstärkt über sonntägliche Frühstückskunden. „Es gibt schon öfters Gäste, die herein kommen und sagen, na gottseidank, ein Lokal, das offen hat und wo man etwas essen kann“, erzählt er. Wir ziehen weiter gen Linzerstraße. Auch hier hat linkerhand ein Beisl geöffnet, das wir aufgrund einer kurzen demokratischen Abstimmung dann jedoch nicht betreten – ins immer noch kultige Salzamt auf der anderen Seite fallen wir dafür wie die Hunnen ein, freudig überrascht über die bereits am Nachmittag offene Tür und die Menschen, die drinnen Bänke zurecht rücken. Ausnahmsweise geht’s heute aber um den Superbowl, normaler Lokalbetrieb wird verneint; an jedem anderen Sonntag jedoch können sich hungrige Bummler auch hier ab 18 Uhr den Bauch vollschlagen oder gemütlich was trinken. Wenn wir schon hier sind, hüpfen wir schnell noch ins Stadtmuseum, wo die Dame am Empfang ob unseres jugendlichen Übermuts erst ein wenig distanziert reagiert, nach zwei Sekunden aber auftaut und gerne berichtet, dass es für das Museum gar keine Frage wäre, an einem freien Familientag wie dem Sonntag nicht geöffnet zu haben. Von der Frequenz her wäre es jedoch schwierig einzuschätzen – je nach Wetter und Angebot kommen sonntags mal mehr, mal weniger Leute. Wir besuchen nun das Restaurant Tokyo in der Franziskanergasse, wo uns eine Schallwelle aus Murmeln, Besteckklappern und Kindergeschreie entgegenschlägt. Die Tische sind voll, Leute ziehen am Buffet vorbei und die Chefin strahlt uns an: „Am Sonntag haben wir das allermeiste Geschäft“, gibt sie gerne Auskunft. Wir drehen noch eine eher unspektakuläre Ehrenrunde durch die Kloster- und Kremsergasse zurück, wo wir uns einmal mehr kaum an den Spaziergängern sattsehen können, die sich mittlerweile sogar vermehrt haben. Von wegen Geisterstadt. Unsere letzte Station ist das Cinema Paradiso am Rathausplatz. Auch hier: business as usual, Frühstücks- und Snackangebote, und wer mag, der kann gleich auch noch ins Kino gehen.
Fazit: Die Henne ignoriert das Ei
…denn das war nur eine kleine Auswahl. Laut dem Sonntagsfolder, den es beim Magistrat St. Pölten gibt, haben noch viele andere Cafés, Restaurants und Bars geöffnet. Ja, am Sonntag! Das weiß vielleicht nur deshalb keiner, weil keiner hingeht. Und wenn keiner hingeht, mag die Innenstadt schon mal ausgestorben wirken. Nur: Die Saloons hätten ja offen. Und Fakt ist, dass sie auch besucht werden. Von denen, die nicht daheim sitzen, und sagen, es zahlt sich nicht aus, rauszugehen, weil nichts offen hat… So ist das nämlich, basta.
STÄDTE-COMPETITION
Im Rennen: Anne, Startnummer: Amstetten
Wenn man am Sonntag durch die Amstettner City spaziert, wird man zwar nicht viele Leute antreffen, aber im Gegensatz zu St. Pölten haben hier mehr Lokale geöffnet – auf einer Strecke von etwa 500 Metern 14 verschiedene Lokale: sieben Cafés/Pubs, der Rest Restaurants wie Chinesen, Italiener und österreichische Küche. Der Eindruck, dass in Amstetten mehr los ist, liegt wohl an der Konzentration der Lokale entlang der wichtigsten Straße bzw. dem wichtigsten Platz in der City. Einer „Sonntags-Beisl-Rallye“ stehen hier also keine geschlossenen Lokale im Wege – ganz im Gegenteil: Bei den Einkehrmöglichkeiten ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Im Rennen: Sascha, Startnummer: Tulln
Rund um den Hauptplatz gibt es in Tulln einige Cafés, die offen haben und die auch gut gefüllt sind. Tulln ist natürlich um einiges kleiner als St. Pölten, aber verhältnismäßig ist doch sehr viel los. Um die Mittagszeit ist ein China-Restaurant wirklich jeden Sonntag voll, und abends haben einige Bars offen, unter anderem das „Winzig“ – Geschäftsführerin Susanne dazu: „Das Sonntagsgeschäft ist zwar eher mager. Wir haben trotzdem 365 Tage im Jahr geöffnet. Die Überlegung, einen Ruhetag einzuführen, gibt´s zwar immer wieder, aber nicht speziell auf den Sonntag bezogen.
Im Rennen: Althea, Startnummer: Wien Favoriten (eh kloar)
(Na Entschuldigung, den ersten Bezirk werden wir ja wohl nicht zum Vergleich heranziehen!) Das Schöne ist, dass man hier genug Cafés und Pubs findet, in die man gehen kann, wenn man sich traut. Auf der Straße wackeln die Leute genauso samstagsgeschädigt wie man selbst über die Gehsteige, und es sind nicht wenig Leute: Immerhin hat hier fast jeder einen Hund. Oder Kinder. Und die gehören alle an die frische Luft, die im Zehnten bekanntlich am besten schmeckt. Mit einem Hupfer in die Bim ist man schnell am Westbahnhof, wo man alles kaufen kann, das einem am Vorabend ausgegangen ist. Ansonsten gibt es zu St. Pölten nur wenig gravierende Unterschiede: Es fahren viel mehr Autos auf den Straßen. Und alle Snackbuden haben geöffnet.
Gut. Mag sein, dass der Sonntag so oder so prinzipiell fad ist. Er ist es aber eigentlich überall. Außer, man tut was dagegen. Geht raus, nützt die diversen Gelegenheiten und gebt dem Tag eine Chance. Oder genießt die selbsterwählte Langeweile doch einfach mal. Weil: Morgen ist eh schon wieder Montag...
Meinung zum Thema:
„Es ist ein Irrtum, dass am Sonntag nichts offen hat!“
Leo Graf, Obmann der Wirte 3100, hält das Gerücht, dass am Sonntag nichts in St. Pölten offen hat, für ein Gerücht, denn in Wahrheit haben zig Betriebe offen. „Es gibt von der Stadt den ‚Sonntags geöffnet‘-Folder, wo man nachsehen kann, wer aller offen hat, z.B. Paradox, Winkler, Gwercher und Bootshaus, nur um ein paar zu nennen. Also es haben sicher 50 Häuser geöffnet.“ Solange jene Betriebe, die sonntags geöffnet haben, jedoch nicht überfüllt sind, braucht laut Graf auch nicht alles offen haben. Wieso diese geringe Auslastung? „Aufgrund der Lage steigen viele St. Pöltner am Sonntag gerne ins Auto und fahren weg, z.B. zu Heurigen oder machen Ausflüge.“ Graf selbst hat auch am Feiertag geschlossen, „dafür habe ich montags geöffnet, wo andere wieder zuhaben. Das ist alles in Abstimmung mit den anderen Wirten ausgemacht.“
VOLKSMUND UND O-TON
Wir haben uns mal umgehört, was einzelne STP-Leute so von sich geben, wenn man ihnen die Stichworte „Sonntag“ und „St. Pölten“ hinwirft…
Patrick sagt ganz klar: „Ich mach am Sonntag gar nichts in St. Pölten, weil einfach nichts los ist bzw. weil alles zu hat. Ich hätte gern verschiedene Events am Sonntag in St. Pölten.“ Caro möchte am Sonntag regelmäßig eines: ihren Rausch vom Samstag ausschlafen. Ähnlich geht es Markus und Peter. Renate schafft es zumindest noch, dazwischen mal zur Familie zum Mittagessen zu fahren, ansonsten ist der Sonntag für sie ebenfalls eine einzige große Chillout Area. Daheim, versteht sich. Julia ist der Meinung, dass die St. Pöltner Innenstadt am Sonntagvormittag ausgestorben ist. Sie geht da nicht hin, weil nichts los ist. Punkt. Wenn, dann nutzt sie den freien Tag zum Sport bzw. fährt im Sommer gemütlich an den See. Ins Kino geht sie auch nicht, weil sie das, wenn, dann unter der Woche tut. (Was nicht unklug ist, denn das ist zum Teil günstiger, Anm.) Martin fährt am Sonntag gerne raus aus St. Pölten. Bei gutem Wetter aktiviert er sich wie Julia zum Sport, aber eher außerhalb der Stadt. Er findet, dass da am Sonntag einfach nichts los ist. Den Grund, wieso nichts offen hat, sieht er aber nicht im fehlenden Angebot, das die Leute abhält, sondern darin, dass die Leute größtenteils wegfahren oder daheim bleiben – und daher wenig offen hat. (Wir sind mal wieder beim Huhn-Ei-Mysterium gelandet.) Michael würde am Sonntag gerne einkaufen gehen. Weil das aber nicht geht, geht er stattdessen frühstücken, spazieren oder macht einen Ausflug, z. B. nach Krems oder Wien. Er findet, dass am Sonntag nichts los ist, weil in der Innenstadt nichts offen hat. „Wenn man einkaufen könnte, würde mehr los sein und würden somit auch mehr Gastronomiebetriebe offen haben“, sagt der bekennende Shopaholic. Seiner Meinung nach gibt es zu wenig Speiselokale und Cafés, die am Sonntag offen haben. Außerdem fahren die Leute lieber z. B. zu irgendwelchen Heurigen, als in die Innenstadt. Sandra schließlich fasst es relativ dramatisch zusammen: „Wir vergraben uns alle zusammen in unseren Häusern, sodass St. Pölten nur mehr einer Geisterstadt ähnelt. So kommt es mir zumindest vor.“
Soviel zu den kursierenden Meinungen. Wir machen es uns einfach und sagen mal: Okay, jeder hat recht, irgendwie. Nur: Hat wirklich jeder recht?
DIE SONNTÄGLICHE WAHRHEIT
… ist nun nämlich, dass es in der Innenstadt genug Angebot gibt. Ehrlich. Wir haben es uns angeschaut. War nicht leicht, aufzukommen an jenem Tag, an dem man sich normalerweise original vom Bett auf die Couch rollt und dort unter dem Einfluss einer Überdosis Schogetten alles schaut, was auf rtl2 kommt. Aber wir haben es geschafft AND WE WERE THERE – in der St. Pöltner Innenstadt. An einem Sonntag im Februar…
Fakt 1: Es gibt Menschen.
In der Fußgängerzone gehen Menschen. Pärchen, Hundebesitzer plus Wuffi und manchmal sogar Großgruppen von bis zu vier Leuten. Sie bummeln (so der Fachausdruck). Schauen in die Schaufenster und sind wahrscheinlich froh, dass alles zu hat und sie nicht überlegen müssen, ob sie sich das oder jenes nicht kaufen sollten. Sie schauen nicht traurig aus.
Fakt 2: Tag des Herrn.
Und zwar wirklich im kirchlichen Sinne. Nachdem sich unser kleiner wackerer Journi-Trupp umständlich drauf geeinigt hatte, waren wir eine Minute zum vorsichtigen Lokalaugenschein in dem Gebäude namens Dom. Und der war, wie die Deutschen so schön sagen, rappevoll.
Fakt 3: Die Innenstadt hat offen.
Das Café Schubert am Herrenplatz ist täglich und damit auch sonntags selbstverständlich geöffnet. Kellnerin Justina verrät uns inmitten des angenehm gefüllten Lokals, dass sie gerade am Sonntag viele Gäste begrüßen, die zuvor in der Kirche waren. (Wir, als neue Kirchenprofis, nicken wissend.) Weiter geht die Tour auf den Rathausplatz, wo wir im ebenfalls sehr geöffneten und wunderschön nobel eingerichteten La Dolce Vita mit Küchenchef Florian plaudern. Auch hier gab es seit der Neueröffnung vor drei Jahren nie eine Diskussion, ob die Restaurant-Bar sonntags geschlossen haben sollte. Gerade im Sommer mit den anhängenden Gastgärten herrscht nämlich auch sonntags reger Betrieb. Und im Allgemeinen geht vor allem das Mittagsgeschäft gut bzw. freuen sich die Dolce Vitas nach Bällen oder sonstigen Großveranstaltungen am Samstag verstärkt über sonntägliche Frühstückskunden. „Es gibt schon öfters Gäste, die herein kommen und sagen, na gottseidank, ein Lokal, das offen hat und wo man etwas essen kann“, erzählt er. Wir ziehen weiter gen Linzerstraße. Auch hier hat linkerhand ein Beisl geöffnet, das wir aufgrund einer kurzen demokratischen Abstimmung dann jedoch nicht betreten – ins immer noch kultige Salzamt auf der anderen Seite fallen wir dafür wie die Hunnen ein, freudig überrascht über die bereits am Nachmittag offene Tür und die Menschen, die drinnen Bänke zurecht rücken. Ausnahmsweise geht’s heute aber um den Superbowl, normaler Lokalbetrieb wird verneint; an jedem anderen Sonntag jedoch können sich hungrige Bummler auch hier ab 18 Uhr den Bauch vollschlagen oder gemütlich was trinken. Wenn wir schon hier sind, hüpfen wir schnell noch ins Stadtmuseum, wo die Dame am Empfang ob unseres jugendlichen Übermuts erst ein wenig distanziert reagiert, nach zwei Sekunden aber auftaut und gerne berichtet, dass es für das Museum gar keine Frage wäre, an einem freien Familientag wie dem Sonntag nicht geöffnet zu haben. Von der Frequenz her wäre es jedoch schwierig einzuschätzen – je nach Wetter und Angebot kommen sonntags mal mehr, mal weniger Leute. Wir besuchen nun das Restaurant Tokyo in der Franziskanergasse, wo uns eine Schallwelle aus Murmeln, Besteckklappern und Kindergeschreie entgegenschlägt. Die Tische sind voll, Leute ziehen am Buffet vorbei und die Chefin strahlt uns an: „Am Sonntag haben wir das allermeiste Geschäft“, gibt sie gerne Auskunft. Wir drehen noch eine eher unspektakuläre Ehrenrunde durch die Kloster- und Kremsergasse zurück, wo wir uns einmal mehr kaum an den Spaziergängern sattsehen können, die sich mittlerweile sogar vermehrt haben. Von wegen Geisterstadt. Unsere letzte Station ist das Cinema Paradiso am Rathausplatz. Auch hier: business as usual, Frühstücks- und Snackangebote, und wer mag, der kann gleich auch noch ins Kino gehen.
Fazit: Die Henne ignoriert das Ei
…denn das war nur eine kleine Auswahl. Laut dem Sonntagsfolder, den es beim Magistrat St. Pölten gibt, haben noch viele andere Cafés, Restaurants und Bars geöffnet. Ja, am Sonntag! Das weiß vielleicht nur deshalb keiner, weil keiner hingeht. Und wenn keiner hingeht, mag die Innenstadt schon mal ausgestorben wirken. Nur: Die Saloons hätten ja offen. Und Fakt ist, dass sie auch besucht werden. Von denen, die nicht daheim sitzen, und sagen, es zahlt sich nicht aus, rauszugehen, weil nichts offen hat… So ist das nämlich, basta.
STÄDTE-COMPETITION
Im Rennen: Anne, Startnummer: Amstetten
Wenn man am Sonntag durch die Amstettner City spaziert, wird man zwar nicht viele Leute antreffen, aber im Gegensatz zu St. Pölten haben hier mehr Lokale geöffnet – auf einer Strecke von etwa 500 Metern 14 verschiedene Lokale: sieben Cafés/Pubs, der Rest Restaurants wie Chinesen, Italiener und österreichische Küche. Der Eindruck, dass in Amstetten mehr los ist, liegt wohl an der Konzentration der Lokale entlang der wichtigsten Straße bzw. dem wichtigsten Platz in der City. Einer „Sonntags-Beisl-Rallye“ stehen hier also keine geschlossenen Lokale im Wege – ganz im Gegenteil: Bei den Einkehrmöglichkeiten ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Im Rennen: Sascha, Startnummer: Tulln
Rund um den Hauptplatz gibt es in Tulln einige Cafés, die offen haben und die auch gut gefüllt sind. Tulln ist natürlich um einiges kleiner als St. Pölten, aber verhältnismäßig ist doch sehr viel los. Um die Mittagszeit ist ein China-Restaurant wirklich jeden Sonntag voll, und abends haben einige Bars offen, unter anderem das „Winzig“ – Geschäftsführerin Susanne dazu: „Das Sonntagsgeschäft ist zwar eher mager. Wir haben trotzdem 365 Tage im Jahr geöffnet. Die Überlegung, einen Ruhetag einzuführen, gibt´s zwar immer wieder, aber nicht speziell auf den Sonntag bezogen.
Im Rennen: Althea, Startnummer: Wien Favoriten (eh kloar)
(Na Entschuldigung, den ersten Bezirk werden wir ja wohl nicht zum Vergleich heranziehen!) Das Schöne ist, dass man hier genug Cafés und Pubs findet, in die man gehen kann, wenn man sich traut. Auf der Straße wackeln die Leute genauso samstagsgeschädigt wie man selbst über die Gehsteige, und es sind nicht wenig Leute: Immerhin hat hier fast jeder einen Hund. Oder Kinder. Und die gehören alle an die frische Luft, die im Zehnten bekanntlich am besten schmeckt. Mit einem Hupfer in die Bim ist man schnell am Westbahnhof, wo man alles kaufen kann, das einem am Vorabend ausgegangen ist. Ansonsten gibt es zu St. Pölten nur wenig gravierende Unterschiede: Es fahren viel mehr Autos auf den Straßen. Und alle Snackbuden haben geöffnet.
Gut. Mag sein, dass der Sonntag so oder so prinzipiell fad ist. Er ist es aber eigentlich überall. Außer, man tut was dagegen. Geht raus, nützt die diversen Gelegenheiten und gebt dem Tag eine Chance. Oder genießt die selbsterwählte Langeweile doch einfach mal. Weil: Morgen ist eh schon wieder Montag...
Meinung zum Thema:
„Es ist ein Irrtum, dass am Sonntag nichts offen hat!“
Leo Graf, Obmann der Wirte 3100, hält das Gerücht, dass am Sonntag nichts in St. Pölten offen hat, für ein Gerücht, denn in Wahrheit haben zig Betriebe offen. „Es gibt von der Stadt den ‚Sonntags geöffnet‘-Folder, wo man nachsehen kann, wer aller offen hat, z.B. Paradox, Winkler, Gwercher und Bootshaus, nur um ein paar zu nennen. Also es haben sicher 50 Häuser geöffnet.“ Solange jene Betriebe, die sonntags geöffnet haben, jedoch nicht überfüllt sind, braucht laut Graf auch nicht alles offen haben. Wieso diese geringe Auslastung? „Aufgrund der Lage steigen viele St. Pöltner am Sonntag gerne ins Auto und fahren weg, z.B. zu Heurigen oder machen Ausflüge.“ Graf selbst hat auch am Feiertag geschlossen, „dafür habe ich montags geöffnet, wo andere wieder zuhaben. Das ist alles in Abstimmung mit den anderen Wirten ausgemacht.“