MFG - Ein Leibwächter im Interview
Ein Leibwächter im Interview


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St. Pöltens gute Seite

Ein Leibwächter im Interview

Ausgabe 12/2010

„Der Job ist kein Spaß. Du verlegst keine Rohre, wo vielleicht mal eins brechen könnte. Du beschützt Menschen.“

Paul (Name von der Red. geändert) ist um die 50, sportlich, hat Schmäh und sieht trotzdem ein bisschen so aus, dass man sich mit ihm nicht unbedingt um eine Parklücke streiten möchte. Außerdem ist er Leibwächter. Der Dienstplan sieht eine Woche durchgängig vor, eine Woche frei. Das seit zwölf Jahren. Mit einem soften Kevin Costner aus „Bodyguard“ hat er genau gar keine Ähnlichkeit. Auf einem Kurzbesuch in St. Pölten schnappten wir uns den vorwiegend in Wien arbeitenden Personenschützer zum Interview.

Wie bist du auf die Idee gekommen, Leibwächter zu werden?
Mit etwa 20 schon habe ich eine der damals wenigen seriösen Ausbildungen in Österreich absolviert. Der erste Job in dem Bereich kam dann aber erst viele Jahre später, und auch nur zufällig: Da ich regelmäßig Thaiboxen ging, wurde ich irgendwann von Leibwächtern, die mit mir trainierten, zu einem Aushilfsjob gebeten. Das hat dann so gut funktioniert, dass mich die Chefs einstellten. Bis heute bin ich bei der Firma, die Personenschutz und eine Detektei betreibt. Und werde laufend für wechselnde Jobs eingeteilt.

Und wie verdient man da?
Das hängt von den Jobs ab – wen wir beschützen und welches Risiko dabei besteht.

Wie ist die Beziehung zwischen dir und der Person, die du schützt?
Es kommt vor, dass dich manche Personen kaum wahrnehmen, weil sie es ihr Leben lang gewöhnt sind, ständig selbstverständlich flankiert zu werden. Die wirklich Reichen aus Saudi Arabien zum Beispiel. Jüngere Schützlinge reflektieren da meist eher auf dich, sehen bei wirklich langen Engagements schon auch mal den großen Bruder in dir. Aber wie eine Person zu mir ist, hat nichts mit meiner Arbeit zu tun: Ich tue meinen Job so und so immer bestmöglich. Egal, ob mein Schützling mich mag oder nicht mal grüßt.
Gibt es auch Frauen in deinem Bereich?
Eher selten. Weibliche Leibwächter werden meist am ehesten noch zum Schutz von Kindern bzw. manchmal auf Wunsch vom Scheich für seine Haremsdamen engagiert.

Warst du schon mal in einer wirklich brenzligen Situation?
Wirklich riskant ist es dann, wenn du jemanden beschützt, auf den nicht nur selbst Kopfgeld ausgesetzt ist – sondern auch auf seine Leibwächter. Das Risiko ist aber spätestens vorbei, wenn der Schützling das Land verlässt bzw. andere Leibwächter engagiert. Das Kopfgeld ist ja nicht auf mich als Person ausgesetzt – sondern auf meine Rolle.

Kein sehr angenehmes Gefühl, oder?
Es gilt hier dasselbe wie in jedem anderen Fall: Die Königsdisziplin im Personenschutz ist nicht, dass du jemanden wegschießt, der deinem Schützling bereits die Pistole an den Kopf drückt, sondern dass du im Team derart präventiv vorarbeitest, dass du jede Situation strategisch so risikoarm wie nur möglich gestaltest – und damit der Bedrohung quasi schon vorab den Wind aus den Segeln nimmst.
Dazu ist natürlich Planung, Vordenken, ständige Aufmerksamkeit und Ernsthaftigkeit nötig. Der Job ist kein Spaß. Du verlegst keine Rohre, wo vielleicht mal eins brechen könnte. Du beschützt Menschen, und bei Unachtsamkeit oder anderen Fehlern stehen deren Gesundheit und Leben am Spiel.

Hast du Freunde in deiner Branche?
Ein oder zwei, mit denen ich wirklich gut arbeiten kann – das sind sicher eher schon Freunde. Ansonsten geht es vor allem darum, gut eingespielt zu sein. Es gibt aber auch Kollegen, die ihre Arbeit eher wegen des Geldes und des Coolnessfaktors machen. Hier sehe ich dann weniger Gemeinsamkeiten.

Ich muss das einfach fragen: Was sagt eigentlich deine Mama zu dem Beruf?
Sie hat mich mal beobachtet, während ich auf einem öffentlichen Platz jemanden beschützt habe. Danach sagte sie mir, dass ich stundenlang wirklich komplett still gestanden hätte, nur meine Augen hätten sich bewegt. Sie war stolz, dass ich meine Aufgabe so ernst nehme.

Hast du manchmal auch Hollywood zu beschützen?
Bis jetzt erst einmal – einen US-Serienstar auf einer großen Schmuckpräsentation. Sie ging mit ihrem Mann händchenhaltend in dem Keil, den meine Kollegen und ich für sie machten, um sie unbehelligt durch die hysterischen Fotografen (die ihre Kameras am liebsten auf unseren Köpfen abgestellt hätten!) zu lotsen. Und ja – einmal hat sie sogar lächelnd her gezwinkert und sich damit bei uns bedankt. Sie war wirklich sehr sympathisch.