Das 23-Millionen-Euro-Geschäft
Ausgabe
Seit Jahren freut sich St. Pölten über steigende Nächtigungszahlen. Dennoch scheint dem St. Pöltner sein Tourist überaus suspekt. Wer ist denn bitteschön freiwillig Tourist in St. Pölten? Wo doch hierzulande kein Meer brandet und keine Alpengipfel glühen. Und wohin soll die Reise eigentlich gehen?
Im Mai 2011 ging mit dem neuen „D&C Cityhotel“ ein Leitbetrieb für St. Pölten an den Start, der lang gehegte Wunsch nach mehr 4-Sterne-Zimmern war endlich erfüllt. Schon nach wenigen Monaten sorgte sich FPÖ-Gemeinderat Otzelberger um die heimische Hotellerie und forderte eine städtische Werbeoffensive „um ein Debakel zu verhindern“, was für Kopfschütteln sorgte. Nun liegen die Zahlen des städtischen Tourismusbüros am Tisch und belegen immerhin, dass es im Jahr 2011 (verglichen mit 2010) um 5.847 mehr Übernächtigungen gab – das entspricht einem stolzen Plus von 4,10 Prozent. Tourismusbüro-Leiterin Eva Prischl nennt dafür viele Gründe: „Wir haben mit 500 Seminaren und Tagungen über 28.000 Teilnehmer in der Stadt gehabt. Diese Business-Events in Kombination mit Großveranstaltungen wie Ironman, Beatpatrol oder Frequency bringen neue Gäste.“
Geschäftemacher
Es gibt aber auch ganz profane Gründe. Ein relativ warmer November führte dazu, dass viele Bauprojekte saisonbedingt weiterliefen und somit blieben Gäste der Baubranche länger als im Vorjahr. Das bringt uns zu einem zentralen Punkt: St. Pölten lebt von Geschäftstouristen – vom Seminarbesucher über den Monteur bis hin zum Vertreter. Eine Zielgruppe, die Schätzungen zufolge drei Viertel der Gäste ausmacht, im täglichen Stadtbild aber kaum auffällt.
Um den St. Pöltner Tourismus zu verstehen, muss man sich also vom Bild des klassischen Familienurlaubers lösen, der bewaffnet mit Fotoapparat und Karohemd die barocke Innenstadt oder den Traisentalradweg entdeckt. Allgemein gehen Brancheninsider davon aus, dass mehr 4-Sterne-Zimmer zwar kurzfristig die Auslastung in den 3-Sterne-Häusern reduzieren könnten, aber dass diese neugewonnene 4-Sterne-Klientel eher „on top“ auf die Nächtigungsstatistik draufkommt – weil eben jetzt Leute in St. Pölten nächtigen können, die bisher mangels verfügbarer Zimmer in andere Städte ausweichen mussten. Auch die Tourismusstatistik belegt einen leichten Rückgang der Auslastung in den 3-Sterne-Häusern – was freilich auch betriebseigene Gründe haben kann.
So freute sich beispielsweise Leo Graf vom gleichnamigen 3-Sterne-Hotel am Bahnhofsplatz im abgelaufenen Jahr über ein Nächtigungs-Plus von 20 Prozent: „Das neue Hotel sehe ich ausschließlich positiv, von einer Konkurrenz kann keine Rede sein.“ Leo Graf schätzt, dass „85 Prozent unserer Gäste einen beruflichen Hintergrund haben oder aufgrund von Großveranstaltungen in der Stadt sind. Die Wirtschaft in St. Pölten ist nach wie vor im Aufschwung, darum können wir nicht klagen.“ Auch mit der städtischen Tourismuswerbung ist Graf rundum zufrieden: „Sie vertreten die Stadt auf den relevanten Messen, da sind wir schon sehr gut aufgestellt.“
Selbst im „Austria Trend Hotel Metropol“, dem direkten Mitbewerber des neuen 4-Sterne-Hotels, freut man sich über die gestiegene Kapazität in St. Pölten. Peter Haidvogl: „Wir konnten 2011 unsere Auslastung trotz des neuen Hotels leicht steigern. Gerade in den letzten Jahren kommen immer mehr Kulturtouristen in die Stadt, deshalb wünschen wir uns für 2012 noch mehr Großevents – und dafür sind viele 4-Sterne-Zimmer nötig. Unser Vertriebsteam ist weltweit unterwegs und bewirbt dabei auch die Region. Bei dieser intensiven Bemühung für zusätzliche Kongresse und Veranstaltungen wäre uns jede Hilfe willkommen.“ In die Auslage
Doch wohin soll die St. Pöltner Reise überhaupt gehen? Eva Prischl: „Wir haben jetzt zwei Hotels auf 4-Sterne-Niveau, darum kommen wir für größere Veranstaltungen infrage und können auch endlich das Feld der Busgruppen aktiv angehen. Bisher hatte das keinen Sinn, weil die Kapazitäten gefehlt haben.“ Auch Andreas Purt, Geschäftsführer der Mostviertel Tourismus GmbH (von der auch St. Pölten touristisch vermarktet wird) sieht in der erhöhten 4-Sterne-Kapazität den Schlüssel zum Erfolg: „St. Pölten ist ein perfekter Ausgangspunkt für Tagesausflüge ins Mostviertel, die Wachau oder nach Wien. In diesem ‚stop-over-Geschäft’ liegt noch viel Potential. Dank des neuen Hotels kann die Niederösterreich Werbung jetzt St. Pölten auch viel besser in die Auslage stellen.“ Auch Purt ist davon überzeugt, dass St. Pölten mit Veranstaltungen punktet. „Nach wie vor ist den Wenigsten bewusst, wie nachhaltig Großveranstaltungen das Image einer Stadt oder Region verbessern und auch für gewaltige und nachhaltige Wertschöpfung sorgen.“ Anhand von repräsentativen Gästebefragungen sieht man, dass das Mostviertel plötzlich beim „Nachtleben“ sehr gut wegkommt: „Da spielen natürlich auch Events wie das St. Pöltner Frequency mit.“ Ein Gedankenexperiment zeigt die Dimension solcher Events. Würde man die Frequency-Festivalbesucher zur Übernachtungsstatistik zählen, würde St. Pölten diese Statistik mit einem Schlag verdoppeln. Noch spannender werden die Zahlenspiele mit einem Euro-Zeichen davor. Wirtschaftsfaktor
Laut Statistik Austria erzeugt ein Geschäftstourist rund 170 Euro Nächtigungsumsatz, beim Land NÖ geht man von mindestens 95 Euro aus. Nehmen wir an, dass drei Viertel der St. Pöltner Touristen in die Kategorie Geschäftstourist gehören, so liegen wir 2011 bei knapp 23 Millionen Euro – allein Nächtigungsumsatz. Dagegen sind die rund 270.000 Euro an direkten Steuern, die von Beherbergungsbetrieben jährlich an Ortstaxe & Co. in die Stadtkasse gespült werden, geradezu Peanuts. Tourismus als relevanter Wirtschaftsfaktor – auch wenn dies im öffentlichen Bewusstsein kaum verankert ist.
Alexander Szöllösy von „progressNETZ“ beschäftigt sich seit bald zwei Jahren im Rahmen eines Forschungsprojektes mit dem niederösterreichischen Zentralraum. Gefördert vom Arbeitsministerium soll eine touristische Modellregion – in diesem Fall St. Pölten plus angrenzende Bezirke – erforscht werden. Die Abschlusspräsentation steht noch aus, aber erste Aussagen lassen sich machen. Szöllösy: „St. Pölten hat gewaltiges Potential! Vor allem mit einem eigenständigen touristischen Profil ist hier noch viel zu erreichen. Die Geschäftstouristen müssen die Attraktivität und Vielfalt der Region und Stadt entdecken können.“
Kleinkongresse und Seminare seien dabei ein möglicher Zugang. Auch rund um das Europa-Thema könnte man sich positionieren. Wichtig sei laut Szöllösy, dass „man sich mit den richtigen Städten vergleicht, also beispielsweise mit Wels und nicht, wie allzu oft gesehen, mit Wien. Die St. Pöltner sollen zu Evangelisten der eigenen Stadt werden und selbstbewusst nach außen tragen, was es hier zu entdecken gibt.“
Dazu müssen aber noch ein paar Grundsatz-Entscheidungen getroffen werden. Denn im Tourismus scheint es wie im restlichen Leben: St. Pölten fehlt noch immer die Vision – und somit konkrete Ziele. Dem Monteur mag das ja egal sein, der übernachtet in der Stadt, wo er arbeitet. Aber um noch mehr Wertschöpfung mit Seminaren, Kongressen und Messen zu erzeugen, muss die vorhandene Infrastruktur optimal genutzt werden: Neben dem richtigen Hotel zählt auch ein passendes Gastronomie- und Freizeitangebot dazu. St. Pölten erfüllt schon heute viele Punkte, vermarktet diese „Assets“ aber nicht überzeugend. Gerade die Positionierung als urbane Stadt in der Traisenregion, mit Anknüpfung an Wein (in Richtung Wachau) oder Most (in Richtung Mostviertel) könnte im Businessbereich spannende Themen liefern. Oder man gibt dem seit Jahren recht unmotivierten St. Pölten-Claim „Mitten in Europa“ endlich Leben? Urbanes Konzept
Dass so ein „Regionen-Branding“ funktionieren kann, zeigt das Mostviertel. Themen wie das „Dirndl“ im Pielachtal oder die Moststraße passen zu stimmigen Angeboten wie dem „Genießer-Zimmer“. Andreas Purt: „Zu jeder Region gehört die Hauptstadt. Zum vielfältigen Mostviertel gehört das urbane St. Pölten, das mit eigenem Budget und eigenem Konzept vermarktet wird. St. Pölten spielt etwa beim Traisentalradweg eine große Rolle, der hat viel Potential.“ Insgesamt bewegt die Mostviertel Tourismus GmbH rund 4,5 Millionen Euro, davon 2,5 Millionen als Vermarktungsbudget. St. Pölten ist mit an Bord und zahlt als größte Gemeinde jährlich 38.000 Euro, welche 1:1 wieder zurückfließen. In der Region Mostviertel ist St. Pölten die nächtigungsstärkste Gemeinde. Auch landesweit liegt die junge Hauptstadt auf dem beachtlichen siebenten Platz, nur geschlagen von Krems (Sommerdestination Wachau), Vösendorf (Seminare vor den Toren Wiens), den Kurorten Moorbad Harbach und Bad Schönau sowie Schwechat (Flughafen) und Baden (Kurort). Wohin?
Wie die Positionierung St. Pöltens in Zukunft aussehen soll, wenn die Stadt – am besten mit den sehr heterogenen Umlandgemeinden zwischen Dunkelsteinerwald, Traisental und Wienerwald – aus ihren vielversprechenden Chancen mehr machen möchte, ist noch offen. Selbständigere Vermarktung? Eigenständigere Positionierung „innerhalb“ des Mostviertels? Geht man nach den Trinkgewohnheiten der St. Pöltner, so geht die Reise wohl eher in Richtung Wein und zu den Heurigen im Traisental, als zum Most und in Richtung Westen.
Visionäre blicken unterdessen nach Oberösterreich, das Linz höchst erfolgreich vermarktet – zum Gewinn für Stadt und Land. Auch die politische Farbenlehre ließe sich auf St. Pölten und NÖ übertragen. Also: Gute Reise! Infos zum Thema:
„St. Pöltner Fakten“
23 Millionen Euro Umsatz erzeugen die Touristen jährlich. In den 1715 Betten wurden im Jahr 2011 exakt 148.437 Übernächtigungen gezählt. Rund 270.000 Euro nahm die Stadt durch direkte Steuern der Beherbergungsbetriebe ein.
Es gibt aber auch ganz profane Gründe. Ein relativ warmer November führte dazu, dass viele Bauprojekte saisonbedingt weiterliefen und somit blieben Gäste der Baubranche länger als im Vorjahr. Das bringt uns zu einem zentralen Punkt: St. Pölten lebt von Geschäftstouristen – vom Seminarbesucher über den Monteur bis hin zum Vertreter. Eine Zielgruppe, die Schätzungen zufolge drei Viertel der Gäste ausmacht, im täglichen Stadtbild aber kaum auffällt.
Um den St. Pöltner Tourismus zu verstehen, muss man sich also vom Bild des klassischen Familienurlaubers lösen, der bewaffnet mit Fotoapparat und Karohemd die barocke Innenstadt oder den Traisentalradweg entdeckt. Allgemein gehen Brancheninsider davon aus, dass mehr 4-Sterne-Zimmer zwar kurzfristig die Auslastung in den 3-Sterne-Häusern reduzieren könnten, aber dass diese neugewonnene 4-Sterne-Klientel eher „on top“ auf die Nächtigungsstatistik draufkommt – weil eben jetzt Leute in St. Pölten nächtigen können, die bisher mangels verfügbarer Zimmer in andere Städte ausweichen mussten. Auch die Tourismusstatistik belegt einen leichten Rückgang der Auslastung in den 3-Sterne-Häusern – was freilich auch betriebseigene Gründe haben kann.
So freute sich beispielsweise Leo Graf vom gleichnamigen 3-Sterne-Hotel am Bahnhofsplatz im abgelaufenen Jahr über ein Nächtigungs-Plus von 20 Prozent: „Das neue Hotel sehe ich ausschließlich positiv, von einer Konkurrenz kann keine Rede sein.“ Leo Graf schätzt, dass „85 Prozent unserer Gäste einen beruflichen Hintergrund haben oder aufgrund von Großveranstaltungen in der Stadt sind. Die Wirtschaft in St. Pölten ist nach wie vor im Aufschwung, darum können wir nicht klagen.“ Auch mit der städtischen Tourismuswerbung ist Graf rundum zufrieden: „Sie vertreten die Stadt auf den relevanten Messen, da sind wir schon sehr gut aufgestellt.“
Selbst im „Austria Trend Hotel Metropol“, dem direkten Mitbewerber des neuen 4-Sterne-Hotels, freut man sich über die gestiegene Kapazität in St. Pölten. Peter Haidvogl: „Wir konnten 2011 unsere Auslastung trotz des neuen Hotels leicht steigern. Gerade in den letzten Jahren kommen immer mehr Kulturtouristen in die Stadt, deshalb wünschen wir uns für 2012 noch mehr Großevents – und dafür sind viele 4-Sterne-Zimmer nötig. Unser Vertriebsteam ist weltweit unterwegs und bewirbt dabei auch die Region. Bei dieser intensiven Bemühung für zusätzliche Kongresse und Veranstaltungen wäre uns jede Hilfe willkommen.“ In die Auslage
Doch wohin soll die St. Pöltner Reise überhaupt gehen? Eva Prischl: „Wir haben jetzt zwei Hotels auf 4-Sterne-Niveau, darum kommen wir für größere Veranstaltungen infrage und können auch endlich das Feld der Busgruppen aktiv angehen. Bisher hatte das keinen Sinn, weil die Kapazitäten gefehlt haben.“ Auch Andreas Purt, Geschäftsführer der Mostviertel Tourismus GmbH (von der auch St. Pölten touristisch vermarktet wird) sieht in der erhöhten 4-Sterne-Kapazität den Schlüssel zum Erfolg: „St. Pölten ist ein perfekter Ausgangspunkt für Tagesausflüge ins Mostviertel, die Wachau oder nach Wien. In diesem ‚stop-over-Geschäft’ liegt noch viel Potential. Dank des neuen Hotels kann die Niederösterreich Werbung jetzt St. Pölten auch viel besser in die Auslage stellen.“ Auch Purt ist davon überzeugt, dass St. Pölten mit Veranstaltungen punktet. „Nach wie vor ist den Wenigsten bewusst, wie nachhaltig Großveranstaltungen das Image einer Stadt oder Region verbessern und auch für gewaltige und nachhaltige Wertschöpfung sorgen.“ Anhand von repräsentativen Gästebefragungen sieht man, dass das Mostviertel plötzlich beim „Nachtleben“ sehr gut wegkommt: „Da spielen natürlich auch Events wie das St. Pöltner Frequency mit.“ Ein Gedankenexperiment zeigt die Dimension solcher Events. Würde man die Frequency-Festivalbesucher zur Übernachtungsstatistik zählen, würde St. Pölten diese Statistik mit einem Schlag verdoppeln. Noch spannender werden die Zahlenspiele mit einem Euro-Zeichen davor. Wirtschaftsfaktor
Laut Statistik Austria erzeugt ein Geschäftstourist rund 170 Euro Nächtigungsumsatz, beim Land NÖ geht man von mindestens 95 Euro aus. Nehmen wir an, dass drei Viertel der St. Pöltner Touristen in die Kategorie Geschäftstourist gehören, so liegen wir 2011 bei knapp 23 Millionen Euro – allein Nächtigungsumsatz. Dagegen sind die rund 270.000 Euro an direkten Steuern, die von Beherbergungsbetrieben jährlich an Ortstaxe & Co. in die Stadtkasse gespült werden, geradezu Peanuts. Tourismus als relevanter Wirtschaftsfaktor – auch wenn dies im öffentlichen Bewusstsein kaum verankert ist.
Alexander Szöllösy von „progressNETZ“ beschäftigt sich seit bald zwei Jahren im Rahmen eines Forschungsprojektes mit dem niederösterreichischen Zentralraum. Gefördert vom Arbeitsministerium soll eine touristische Modellregion – in diesem Fall St. Pölten plus angrenzende Bezirke – erforscht werden. Die Abschlusspräsentation steht noch aus, aber erste Aussagen lassen sich machen. Szöllösy: „St. Pölten hat gewaltiges Potential! Vor allem mit einem eigenständigen touristischen Profil ist hier noch viel zu erreichen. Die Geschäftstouristen müssen die Attraktivität und Vielfalt der Region und Stadt entdecken können.“
Kleinkongresse und Seminare seien dabei ein möglicher Zugang. Auch rund um das Europa-Thema könnte man sich positionieren. Wichtig sei laut Szöllösy, dass „man sich mit den richtigen Städten vergleicht, also beispielsweise mit Wels und nicht, wie allzu oft gesehen, mit Wien. Die St. Pöltner sollen zu Evangelisten der eigenen Stadt werden und selbstbewusst nach außen tragen, was es hier zu entdecken gibt.“
Dazu müssen aber noch ein paar Grundsatz-Entscheidungen getroffen werden. Denn im Tourismus scheint es wie im restlichen Leben: St. Pölten fehlt noch immer die Vision – und somit konkrete Ziele. Dem Monteur mag das ja egal sein, der übernachtet in der Stadt, wo er arbeitet. Aber um noch mehr Wertschöpfung mit Seminaren, Kongressen und Messen zu erzeugen, muss die vorhandene Infrastruktur optimal genutzt werden: Neben dem richtigen Hotel zählt auch ein passendes Gastronomie- und Freizeitangebot dazu. St. Pölten erfüllt schon heute viele Punkte, vermarktet diese „Assets“ aber nicht überzeugend. Gerade die Positionierung als urbane Stadt in der Traisenregion, mit Anknüpfung an Wein (in Richtung Wachau) oder Most (in Richtung Mostviertel) könnte im Businessbereich spannende Themen liefern. Oder man gibt dem seit Jahren recht unmotivierten St. Pölten-Claim „Mitten in Europa“ endlich Leben? Urbanes Konzept
Dass so ein „Regionen-Branding“ funktionieren kann, zeigt das Mostviertel. Themen wie das „Dirndl“ im Pielachtal oder die Moststraße passen zu stimmigen Angeboten wie dem „Genießer-Zimmer“. Andreas Purt: „Zu jeder Region gehört die Hauptstadt. Zum vielfältigen Mostviertel gehört das urbane St. Pölten, das mit eigenem Budget und eigenem Konzept vermarktet wird. St. Pölten spielt etwa beim Traisentalradweg eine große Rolle, der hat viel Potential.“ Insgesamt bewegt die Mostviertel Tourismus GmbH rund 4,5 Millionen Euro, davon 2,5 Millionen als Vermarktungsbudget. St. Pölten ist mit an Bord und zahlt als größte Gemeinde jährlich 38.000 Euro, welche 1:1 wieder zurückfließen. In der Region Mostviertel ist St. Pölten die nächtigungsstärkste Gemeinde. Auch landesweit liegt die junge Hauptstadt auf dem beachtlichen siebenten Platz, nur geschlagen von Krems (Sommerdestination Wachau), Vösendorf (Seminare vor den Toren Wiens), den Kurorten Moorbad Harbach und Bad Schönau sowie Schwechat (Flughafen) und Baden (Kurort). Wohin?
Wie die Positionierung St. Pöltens in Zukunft aussehen soll, wenn die Stadt – am besten mit den sehr heterogenen Umlandgemeinden zwischen Dunkelsteinerwald, Traisental und Wienerwald – aus ihren vielversprechenden Chancen mehr machen möchte, ist noch offen. Selbständigere Vermarktung? Eigenständigere Positionierung „innerhalb“ des Mostviertels? Geht man nach den Trinkgewohnheiten der St. Pöltner, so geht die Reise wohl eher in Richtung Wein und zu den Heurigen im Traisental, als zum Most und in Richtung Westen.
Visionäre blicken unterdessen nach Oberösterreich, das Linz höchst erfolgreich vermarktet – zum Gewinn für Stadt und Land. Auch die politische Farbenlehre ließe sich auf St. Pölten und NÖ übertragen. Also: Gute Reise! Infos zum Thema:
„St. Pöltner Fakten“
23 Millionen Euro Umsatz erzeugen die Touristen jährlich. In den 1715 Betten wurden im Jahr 2011 exakt 148.437 Übernächtigungen gezählt. Rund 270.000 Euro nahm die Stadt durch direkte Steuern der Beherbergungsbetriebe ein.