Sitzplatzschweine
Ausgabe
Die einen im VIP Sektor der NV Arena reagierten amüsiert, die anderen empört, die dritten leicht betreten. Vom Fansektor des SKN schallte ein herzhaftes „VIP Tribüne Sitzplatzschweine“ herüber. Die „Wolfbrigade“ brüllte ihren Unmut raus – nur im Hinblick auf die Sitzenbleiber?
Die Wolfbrigade ist der inoffiziell offizielle Fanklub des SKN St. Pölten, jener harte Kern Fußballbegeisterter also, die Fahnen schwenkend und Parolen grölend die Südtribüne bevölkern. Hinter dem Tor stehend, mit eingeschränkter Sicht aufs Spielfeld, kennen sie nur ein Ziel: den Support der Mannschaft. Und wenn dann, wie beim Spiel gegen Kapfenberg nach dem Traumtor von Daniel Segovia aus 50 Metern die Stadionbesucher nicht dem Ruf „Steht auf, wenn ihr Wölfe seid!“ folgen, kann die Brigade schon mal ungehalten reagieren. „Das war nicht geplant, sondern ist aus der Emotion heraus passiert. Es hat uns eben sehr geärgert, dass sich die anderen Fans nicht dazu motivieren konnten, für die Mannschaft aufzustehen. Schließlich hat das damals schon in der Regionalliga am Voithplatz teilweise funktioniert“, nimmt Gregor Unfried, Obmann der Wolfbrigade, Stellung.
Nicht Päpstlicher als der Papst
Vonseiten des Vereins wurde die Aktion natürlich nicht gutgeheißen. Immerhin seien Eltern mit Kindern im Stadion – und gerade auf die Familienfreundlichkeit samt eigener Familientribüne in der NV Arena ist man besonders stolz. Da passen derlei Gesänge nicht gerade ideal ins Bild. „Man soll aber nicht päpstlicher als der Papst selbst sein“, relativiert SKN-Pressesprecher Gerhard Weber. „Fans müssen schließlich auch etwas provozieren!“ Ganz ähnlich sieht es SKN-Marketing- und Sponsoringleiter Michi Hatz, ehemals Nationalteamspieler, Rapidler und Italien-Legionär: „Beschimpfungen, egal welcher Art, sind nicht zielführend. Nicht zuletzt wegen meiner persönlichen Vergangenheit kann ich aber Verständnis für die Emotionen und Leidenschaft der Fans aufbringen. Davon lebt der Fußball und die einzigartige Stadionatmosphäre ja auch!“
Ebenso wie von den zahlenden Besuchern – gerade auch den VIPs. Dem SKN ist in der neuen NV Arena – nicht zuletzt dank attraktiveren Angebots – eine bemerkenswerte Aufstockung der VIP-Abonennten gelungen. Das bringt mehr Geld ins Vereinsäckel und soll in Folge durch gezielte Investitionen auch mehr sportliche Qualität und dementsprechenden Erfolg bringen – von dem auch die Fans träumen! Dennoch mag manch Mitglied der Wolfbrigade mit dieser kapitalistischen Quadratur des Kreises aus einem Bauchgefühl heraus wenig anfangen und gar – Red Bull lässt grüßen – einen Verkauf der Vereins-Seele, ein Opfern des Wolfs am Altar des Mammon heraufdämmern sehen. Da ist ein gewisses Unbehagen, dass die VIPs – wie es das Klischee will – in Wahrheit nur mehr zum Geschäftemachen und zum Essen ins Stadion kommen (wofür sie nebstbei bezahlt haben), während ihnen der Sport selbst egal ist – und so eine Einstellung passt nun überhaupt nicht ins Selbstverständnis eines richtigen Fußballfans.
Gerhard Weber, der viel in verschiedenen Stadion herumgekommen ist, kennt das Phänomen verwaister VIP-Tribünen in der 2. Halbzeit natürlich, wenn die VIPs lieber Backstage networken als draußen ihre Mannschaft anzufeuern. „Ich kenne einen Verein, wo anfangs der zweiten Halbzeit bewusst nichts zu trinken ausgeschenkt wurde, um die VIPs wieder auf die Tribüne zu locken!“, erzählt er, versichert aber, „dass in St. Pölten noch der Fußball im Vordergrund steht, vor allem jetzt im neuen Stadion.“ Witzigerweise wäre das Klischee wenn, dann sogar eher am Voithplatz ob des langen Weges vom VIP-Zelt zu den Tribünen anzutreffen gewesen.
Bestätigung finden diese Ausführungen auch durch die Erfahrung beim NÖ-Derby gegen Horn. Denn diesmal folgten die Zuschauer im Stadion – auch die VIPs – dem Ruf der Wolfbrigade und standen allesamt auf. „Vielleicht haben sie sich auch selber an der Nase genommen“, mutmaßt Weber. Michi Hatz war von der großartigen Stimmung jedenfalls angetan. „Ich war sehr glücklich, dass es schon in diese Richtung gegangen ist und auch die Zuseher auf den ‚normalen‘ Tribünen unsere Wolfbrigade und somit unser Team so großartig unterstützt haben!“ Brief als Wendepunkt
Unterstützung, die die Wolfbrigade seitens des Vereins in der letzten Saison – zurecht oder zu Unrecht – noch vermisste. Nachdem man sich dann auch noch in die Vorbereitungen aufs Eröffnungsspiel, die sich zum Teil chaotisch gestalteten, nicht eingebunden fühlte, entschied man sich seitens des Fanklubs zu einem drastischen Schritt: Man schrieb einen öffentlichen Brief, in dem man u.a. das Verlosungsverfahren über das Internet, den Registrierungszwang oder die Fluchtwegsituation aus dem Fanblock kritisierte. Der Verein wies den Inhalt des Briefes zwar als überzogen und teilweise unwahr zurück, „dennoch wurde von den Verantwortlichen erkannt, dass wir alle ja an einem Strang ziehen wollen“, so Unfried.
Das heißt, beide Seiten gingen in Folge aufeinander zu, wie man auch seitens des SKN bestätigt. „Seitdem wird intensiv zusammen gearbeitet!“ Sehr zur Freude der Wolfbrigade: „Auch wenn der Brief anfangs etwas kritisiert wurde, war er doch der Grundstein für das, was wir im Moment im Stadion zeigen können“, so Unfried. Und das sei vor allem die nachhaltige Unterstützung der Mannschaft, die sogar intensiver als früher geworden sei. „Das liegt unter anderem an der besseren Akustik in der NV Arena, aber natürlich auch daran, dass der SKN im Moment sehr attraktiven Fußball zeigt, was wiederum neue Mitglieder zu uns lockt. Auch die verstärkte Medienpräsenz trägt ihren Teil dazu bei!“
Der Verein seinerseits ist „froh, einen derartigen Fanklub zu haben. Wir wollen gemeinsam mehr erreichen!“ Und er will die Wolfbrigade nutzen, um die Fanbase noch weiter auszubauen. „Wir möchten unseren Fanklub als Dank für den sehr wichtigen und treuen Einsatz sowie Support der Mannschaft unterstützen. So stellen wir immer wieder Freikarten zur Verfügung, um neue Mitglieder und Interessierte zu gewinnen.“
Dass dieser neue Schwung und die gute Zusammenarbeit Früchte tragen, sah man zuletzt beim Heimspiel gegen Grödig. Trotz der zweiten 3:0-Niederlage in Folge sorgte die Wolfbrigade für stimmgewaltigen Support, was auch Trainer Martin Scherb beeindruckte, der auf Facebook mitteilte: „[...] und ein großes DANKE an die WB 04; bei 0:3 ‚Steht auf, wenn ihr Wölfe seid!‘ zu singen, zeigt uns, wer die wahren Fans sind.“ Auch die Spieler waren begeistert. So schrieb Daniel Segovia einem Mitglied der Wolfbrigade, dass „der durchgehende Support unglaublich war“, und die Fans der Grund seien, warum er für immer beim SKN spielen wolle.
Wer bei soviel gegenseitiger Sympathiebekundung noch immer sitzen bleibt und nicht begreift, dass beim Fußball alle Very Important People sind, wird ab sofort zur Kategorie der VIBs, der Very Impertinent Bastards gezählt. WOLFBRIGADE LIEDER
Und wenn der Regen fällt,
und dann das Wasser steigt,
wird die Donau übergehen,
Krems ist nicht mehr zu sehen!
Wölfe das sind wir,
tonnenweise Dosenbier,
Korn, Bier, Schnaps und Wein,
ja so soll es sein!
Das ist ein Lied nur für dich,
der du immer in der Coaching-Zone stehst.
Das ist ein Lied nur für dich,
Martin Scherb wir lieben dich! All cops are bastards!
Der Fan, das unbekannte Wesen
Wer sind diese Fußballverrückten, die in guten wie in schlechten Zeiten dem Verein die Treue halten, die unabhängig vom Spielstand unentwegt singen? In Medien ist immer wieder von der sogenannten Ultra-Bewegung die Rede, deren bekannteste Vertreter in Österreich sicherlich die Ultras Rapid sind, aber auch Fangruppen von Austria Wien, Sturm Graz etc. zählen zu dieser Erscheinung. Ultras sind dabei keine Hooligans, sondern fanatische Anhänger, die ihren Verein immer und überall bestmöglich unterstützen wollen. Alle Gesellschaftsschichten sind hierbei vertreten, vom Studenten und Schüler über den Lehrling oder Arbeiter bis hin zum Akademiker. Die Unterstützung erfolgt das ganze Spiel hindurch unabhängig vom Spielstand. Sowohl akustisch, als auch optisch, etwa durch Choreografien sowie mittels Fahnen, Doppelhalter oder bengalische Feuer (auch wenn diese mittlerweile verboten sind).
So unterschiedlichen Vereinen die Ultras angehören, gemeinsam ist allen, dass sie gegen Repression durch Polizei („A.C.A.B. – All Cops Are Bastards“), Medien oder profitorientierte Unternehmen jeder Art ebenso kämpfen wie gegen ihres Erachtens nach ungerechtfertige staatliche Gewalt („Pyrotechnik ist kein Verbrechen“) oder die Auswüchse des „modernen“, sprich kapitalisierten Fußballs. Als Sinnbild des modernen Fußballs in Österreich – und damit größtes Feindbild der Ultrabewegung – gilt übrigens Red Bull Salzburg, weil dort aufgrund neuer Eigentümerverhältnisse die Vereinsfarben und das Wappen der ehemaligen Austria geändert wurden, was selbst bei renommierten Top-Klubs wie Manchester City, Chelsea oder Paris Saint Germain ein Tabu geblieben war. Die Salzburger Ultras gründeten drauf hin „ihre“ Austria neu und sind mittlerweile immerhin schon in der Regionalliga West angelangt. Ersatzreligion?
Stellt sich die Frage, wie der Teamgeist bzw. die Zugehörigkeit zu einem Verein im modernen Fußball überhaupt noch heraufbeschworen werden kann? Nachdem die Mannschaft immer wieder durchgewechselt wird, immer weniger heimische Kicker bei ihrem Stammverein bleiben und so als Identifikationsfigur dienen können, „klammert man sich an die Idee des Vereins, die Gemeinschaft des Vereins. An traditionelle Werte wie Wappen und Farben“, konstatiert die FAZ. Die Ultras werden oft als gewalttätig hingestellt und mit Hooligans gleichgesetzt, tatsächlich lehnen sie in der Regel aber Gewalt ab bzw. sehen sie – was freilich viel Interpretationsspielraum zulässt – diese nur als „letzten Ausweg“.
Die Faszination des Ultra-Daseins beschreiben die Ultras Rapid so: „Zauberhafte Choreographien, massenhafte (teilweise von den Fans selber organisierte, getrieben durch den bedingungslosen Glauben, an die Liebe, zum Verein) Auswärtsfahrten, ein Fahnenmeer auf den Tribünen, eine große Party einfach nur.“ Auch Unfried findet ähnliche Worte: „Die Beziehung zwischen Fan und Verein ist etwas ganz Besonderes, die man entweder fühlt oder nicht. St. Pölten ist zudem meine Heimatstadt, die ich sehr schätze! Ein Auswärtsmatch ist ein ganz anderes Gefühl als ein Heimspiel.“
Spätestens an diesem Punkt ahnt man: Fußball ist eine Ersatzreligion. Dies manifestiert sich oft auch im Vokabular, man denke nur an „Sankt Hanappi“ oder „Rapid ist Religion“. Und auch wenn auf der Facebook-Gruppe „Ultras Szene Österreich“ gefragt wird, warum die Fanszene in manch großer Stadt wie etwa St. Pölten noch so schwach sei, ist doch eine positive Entwicklung konstatierbar. Wer weiß – vielleicht ist der SKN ja auch irgendwann eine große ernstzunehmende Glaubensgemeinschaft.
Vonseiten des Vereins wurde die Aktion natürlich nicht gutgeheißen. Immerhin seien Eltern mit Kindern im Stadion – und gerade auf die Familienfreundlichkeit samt eigener Familientribüne in der NV Arena ist man besonders stolz. Da passen derlei Gesänge nicht gerade ideal ins Bild. „Man soll aber nicht päpstlicher als der Papst selbst sein“, relativiert SKN-Pressesprecher Gerhard Weber. „Fans müssen schließlich auch etwas provozieren!“ Ganz ähnlich sieht es SKN-Marketing- und Sponsoringleiter Michi Hatz, ehemals Nationalteamspieler, Rapidler und Italien-Legionär: „Beschimpfungen, egal welcher Art, sind nicht zielführend. Nicht zuletzt wegen meiner persönlichen Vergangenheit kann ich aber Verständnis für die Emotionen und Leidenschaft der Fans aufbringen. Davon lebt der Fußball und die einzigartige Stadionatmosphäre ja auch!“
Ebenso wie von den zahlenden Besuchern – gerade auch den VIPs. Dem SKN ist in der neuen NV Arena – nicht zuletzt dank attraktiveren Angebots – eine bemerkenswerte Aufstockung der VIP-Abonennten gelungen. Das bringt mehr Geld ins Vereinsäckel und soll in Folge durch gezielte Investitionen auch mehr sportliche Qualität und dementsprechenden Erfolg bringen – von dem auch die Fans träumen! Dennoch mag manch Mitglied der Wolfbrigade mit dieser kapitalistischen Quadratur des Kreises aus einem Bauchgefühl heraus wenig anfangen und gar – Red Bull lässt grüßen – einen Verkauf der Vereins-Seele, ein Opfern des Wolfs am Altar des Mammon heraufdämmern sehen. Da ist ein gewisses Unbehagen, dass die VIPs – wie es das Klischee will – in Wahrheit nur mehr zum Geschäftemachen und zum Essen ins Stadion kommen (wofür sie nebstbei bezahlt haben), während ihnen der Sport selbst egal ist – und so eine Einstellung passt nun überhaupt nicht ins Selbstverständnis eines richtigen Fußballfans.
Gerhard Weber, der viel in verschiedenen Stadion herumgekommen ist, kennt das Phänomen verwaister VIP-Tribünen in der 2. Halbzeit natürlich, wenn die VIPs lieber Backstage networken als draußen ihre Mannschaft anzufeuern. „Ich kenne einen Verein, wo anfangs der zweiten Halbzeit bewusst nichts zu trinken ausgeschenkt wurde, um die VIPs wieder auf die Tribüne zu locken!“, erzählt er, versichert aber, „dass in St. Pölten noch der Fußball im Vordergrund steht, vor allem jetzt im neuen Stadion.“ Witzigerweise wäre das Klischee wenn, dann sogar eher am Voithplatz ob des langen Weges vom VIP-Zelt zu den Tribünen anzutreffen gewesen.
Bestätigung finden diese Ausführungen auch durch die Erfahrung beim NÖ-Derby gegen Horn. Denn diesmal folgten die Zuschauer im Stadion – auch die VIPs – dem Ruf der Wolfbrigade und standen allesamt auf. „Vielleicht haben sie sich auch selber an der Nase genommen“, mutmaßt Weber. Michi Hatz war von der großartigen Stimmung jedenfalls angetan. „Ich war sehr glücklich, dass es schon in diese Richtung gegangen ist und auch die Zuseher auf den ‚normalen‘ Tribünen unsere Wolfbrigade und somit unser Team so großartig unterstützt haben!“ Brief als Wendepunkt
Unterstützung, die die Wolfbrigade seitens des Vereins in der letzten Saison – zurecht oder zu Unrecht – noch vermisste. Nachdem man sich dann auch noch in die Vorbereitungen aufs Eröffnungsspiel, die sich zum Teil chaotisch gestalteten, nicht eingebunden fühlte, entschied man sich seitens des Fanklubs zu einem drastischen Schritt: Man schrieb einen öffentlichen Brief, in dem man u.a. das Verlosungsverfahren über das Internet, den Registrierungszwang oder die Fluchtwegsituation aus dem Fanblock kritisierte. Der Verein wies den Inhalt des Briefes zwar als überzogen und teilweise unwahr zurück, „dennoch wurde von den Verantwortlichen erkannt, dass wir alle ja an einem Strang ziehen wollen“, so Unfried.
Das heißt, beide Seiten gingen in Folge aufeinander zu, wie man auch seitens des SKN bestätigt. „Seitdem wird intensiv zusammen gearbeitet!“ Sehr zur Freude der Wolfbrigade: „Auch wenn der Brief anfangs etwas kritisiert wurde, war er doch der Grundstein für das, was wir im Moment im Stadion zeigen können“, so Unfried. Und das sei vor allem die nachhaltige Unterstützung der Mannschaft, die sogar intensiver als früher geworden sei. „Das liegt unter anderem an der besseren Akustik in der NV Arena, aber natürlich auch daran, dass der SKN im Moment sehr attraktiven Fußball zeigt, was wiederum neue Mitglieder zu uns lockt. Auch die verstärkte Medienpräsenz trägt ihren Teil dazu bei!“
Der Verein seinerseits ist „froh, einen derartigen Fanklub zu haben. Wir wollen gemeinsam mehr erreichen!“ Und er will die Wolfbrigade nutzen, um die Fanbase noch weiter auszubauen. „Wir möchten unseren Fanklub als Dank für den sehr wichtigen und treuen Einsatz sowie Support der Mannschaft unterstützen. So stellen wir immer wieder Freikarten zur Verfügung, um neue Mitglieder und Interessierte zu gewinnen.“
Dass dieser neue Schwung und die gute Zusammenarbeit Früchte tragen, sah man zuletzt beim Heimspiel gegen Grödig. Trotz der zweiten 3:0-Niederlage in Folge sorgte die Wolfbrigade für stimmgewaltigen Support, was auch Trainer Martin Scherb beeindruckte, der auf Facebook mitteilte: „[...] und ein großes DANKE an die WB 04; bei 0:3 ‚Steht auf, wenn ihr Wölfe seid!‘ zu singen, zeigt uns, wer die wahren Fans sind.“ Auch die Spieler waren begeistert. So schrieb Daniel Segovia einem Mitglied der Wolfbrigade, dass „der durchgehende Support unglaublich war“, und die Fans der Grund seien, warum er für immer beim SKN spielen wolle.
Wer bei soviel gegenseitiger Sympathiebekundung noch immer sitzen bleibt und nicht begreift, dass beim Fußball alle Very Important People sind, wird ab sofort zur Kategorie der VIBs, der Very Impertinent Bastards gezählt. WOLFBRIGADE LIEDER
Und wenn der Regen fällt,
und dann das Wasser steigt,
wird die Donau übergehen,
Krems ist nicht mehr zu sehen!
Wölfe das sind wir,
tonnenweise Dosenbier,
Korn, Bier, Schnaps und Wein,
ja so soll es sein!
Das ist ein Lied nur für dich,
der du immer in der Coaching-Zone stehst.
Das ist ein Lied nur für dich,
Martin Scherb wir lieben dich! All cops are bastards!
Der Fan, das unbekannte Wesen
Wer sind diese Fußballverrückten, die in guten wie in schlechten Zeiten dem Verein die Treue halten, die unabhängig vom Spielstand unentwegt singen? In Medien ist immer wieder von der sogenannten Ultra-Bewegung die Rede, deren bekannteste Vertreter in Österreich sicherlich die Ultras Rapid sind, aber auch Fangruppen von Austria Wien, Sturm Graz etc. zählen zu dieser Erscheinung. Ultras sind dabei keine Hooligans, sondern fanatische Anhänger, die ihren Verein immer und überall bestmöglich unterstützen wollen. Alle Gesellschaftsschichten sind hierbei vertreten, vom Studenten und Schüler über den Lehrling oder Arbeiter bis hin zum Akademiker. Die Unterstützung erfolgt das ganze Spiel hindurch unabhängig vom Spielstand. Sowohl akustisch, als auch optisch, etwa durch Choreografien sowie mittels Fahnen, Doppelhalter oder bengalische Feuer (auch wenn diese mittlerweile verboten sind).
So unterschiedlichen Vereinen die Ultras angehören, gemeinsam ist allen, dass sie gegen Repression durch Polizei („A.C.A.B. – All Cops Are Bastards“), Medien oder profitorientierte Unternehmen jeder Art ebenso kämpfen wie gegen ihres Erachtens nach ungerechtfertige staatliche Gewalt („Pyrotechnik ist kein Verbrechen“) oder die Auswüchse des „modernen“, sprich kapitalisierten Fußballs. Als Sinnbild des modernen Fußballs in Österreich – und damit größtes Feindbild der Ultrabewegung – gilt übrigens Red Bull Salzburg, weil dort aufgrund neuer Eigentümerverhältnisse die Vereinsfarben und das Wappen der ehemaligen Austria geändert wurden, was selbst bei renommierten Top-Klubs wie Manchester City, Chelsea oder Paris Saint Germain ein Tabu geblieben war. Die Salzburger Ultras gründeten drauf hin „ihre“ Austria neu und sind mittlerweile immerhin schon in der Regionalliga West angelangt. Ersatzreligion?
Stellt sich die Frage, wie der Teamgeist bzw. die Zugehörigkeit zu einem Verein im modernen Fußball überhaupt noch heraufbeschworen werden kann? Nachdem die Mannschaft immer wieder durchgewechselt wird, immer weniger heimische Kicker bei ihrem Stammverein bleiben und so als Identifikationsfigur dienen können, „klammert man sich an die Idee des Vereins, die Gemeinschaft des Vereins. An traditionelle Werte wie Wappen und Farben“, konstatiert die FAZ. Die Ultras werden oft als gewalttätig hingestellt und mit Hooligans gleichgesetzt, tatsächlich lehnen sie in der Regel aber Gewalt ab bzw. sehen sie – was freilich viel Interpretationsspielraum zulässt – diese nur als „letzten Ausweg“.
Die Faszination des Ultra-Daseins beschreiben die Ultras Rapid so: „Zauberhafte Choreographien, massenhafte (teilweise von den Fans selber organisierte, getrieben durch den bedingungslosen Glauben, an die Liebe, zum Verein) Auswärtsfahrten, ein Fahnenmeer auf den Tribünen, eine große Party einfach nur.“ Auch Unfried findet ähnliche Worte: „Die Beziehung zwischen Fan und Verein ist etwas ganz Besonderes, die man entweder fühlt oder nicht. St. Pölten ist zudem meine Heimatstadt, die ich sehr schätze! Ein Auswärtsmatch ist ein ganz anderes Gefühl als ein Heimspiel.“
Spätestens an diesem Punkt ahnt man: Fußball ist eine Ersatzreligion. Dies manifestiert sich oft auch im Vokabular, man denke nur an „Sankt Hanappi“ oder „Rapid ist Religion“. Und auch wenn auf der Facebook-Gruppe „Ultras Szene Österreich“ gefragt wird, warum die Fanszene in manch großer Stadt wie etwa St. Pölten noch so schwach sei, ist doch eine positive Entwicklung konstatierbar. Wer weiß – vielleicht ist der SKN ja auch irgendwann eine große ernstzunehmende Glaubensgemeinschaft.