Biorythmus!
Ausgabe
Seit ein paar Monaten fährt Rosa regelmäßig zweimal wöchentlich zu Arbeitszwecken in die big city – auch Wien genannt. Und das tut sie mit dem Zug. Ja, unglaublich, aber wahr. Jetzt, wo St. Pölten nur noch 25 Minuten von den Toren der Bundeshauptstadt entfernt liegt – kann man hier noch von fern sprechen? – oder besser gesagt, in die Nähe gerückt ist, kann Rosa schon mal auf diesen Zug aufspringen. Dieses konsequente Zugfahren ist ja eigentlich nur eine jener Schienen, die sich dem neuen Biorhythmus meiner Generation anpasst. Ich mein das so: Es ist echt spannend, wie bei manchen von Rosas Freunden der Ruf nach Selbstverwirklichung und bewusstem Sein so laut wurde, dass sie ihr Leben soweit wie möglich umkrempelten und nun das machen, wofür ihre Freizeit ausreicht oder ihr Leben es zulässt. Es ist echt aufregend mitzuerleben, wie Freundinnen sich und anderen Kleider nähen und dicke Wollhauben stricken (juhu und danke an dieser Stelle) und freiwillig in Mutter Erde buddeln, quasi in Konkurrenz zum Regenwurm und Maulwurf. Jungmamis der fortgeschrittenen Generation plötzlich meinen, rein biologisch und makrobiotisch kochen, essen, leben und lieben (ja, das geht angeblich) zu müssen. Andere wieder glauben, mit ihrem neu erworbenen Gartenhäuschen auch gleich das persönliche Paradies auf Erden gekauft zu haben. Mit Siegel und Stempel, notariell beglaubigt. Abgesegnet von oben sozusagen. Die einen suchen das Glück auf dem Rücken der Pferde, die anderen im Gatsch. Hm, nur Rosa ist noch nicht ganz überzeugt davon. Vielleicht fährt ja das Glück das nächste Mal auch Zug und macht Station bei Rosa. Ohne Umleitung und Verspätung. Das wäre gar nicht schlecht für meinen persönlichen Biorhythmus, der momentan noch Winterschlaf hält.