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St. Pöltens gute Seite

Ausweis bitte!

Ausgabe 12/2010

Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitspersonal und Gästen stehen an der Tagesordnung von (Nacht-)Lokalen. Die Forderung nach einer gesetzlich geregelten Ausbildung für Türsteher wird immer lauter. Wir plauderten mit zwei Türstehern über ihre Arbeit.

Matthias ist 22, arbeitet für die Sicherheitsfirma SDG, und ist einer jener Männer, die in der Disco La Boom in St. Pölten als Türsteher im Einsatz sind. Fünf Jahre ist er bereits in dieser Branche tätig. Eine spezielle Ausbildung hat er nicht absolviert. „Braucht man auch keine“, meint er, „man lernt durch Erfahrung!“ Er wisse zwar, dass in Kärnten eine Security-Ausbildung angeboten wird, aber sonst sei ihm eine spezielle Ausbildung für Türsteher nicht bekannt. Die Aufgaben als Türsteher sind vielfältig „Ich bin in allen Bereichen tätig.“ Dazu gehören u. a. Ausweiskontrollen, „Leute aussortieren“ oder Auseinandersetzungen unter den Gästen schlichten. Die Arbeit macht ihm jedenfalls Spaß, auch wenn es manchmal sehr anstrengend ist. „Aber im La Boom ist einfach das beste Publikum!“, streut er den Gästen des Hauses Rosen. „Die tollsten Momente in meinem Beruf sind jene, wenn die Gäste dir ein positives Feedback geben und sagen ‚Du bist a Leiwanda’. Es freut mich einfach, wenn die Leute zufrieden sind.“
Dass er als Security keine besonderen Rechte hat, ist ihm durchaus bewusst. „Man darf im Prinzip nix, außer Leute untersuchen. Ansonsten gilt die Hausordnung, aber darüber hinaus gibt es keine bestimmten Rechte.“ Unsere Vermutung, es gäbe gewisse Anweisungen vom Lokalbesitzer, wer rein darf und wer nicht, kann Matthias nicht bestätigen. Auch der Vorwurf, dass Ausländern überproportional der Zutritt zur Disco verwehrt wird, wie etwa im März medial die Runde machte, stellt er in Abrede. „Davon weiß ich nichts!“ Als wir Matthias noch mit dem Klischee, dass Türsteher oft „rechts“ angehaucht sind, konfrontieren, schaltet sich sein Kollege mit schlüssigen Argumenten ein: „Das ist ein Blödsinn, denn 80% der Türsteher sind selbst Ausländer!“ Die Selektion erfolgt laut ihm nach einem simplen Prinzip: „Wer halt betrunken ist oder sich aufführt, bleibt draußen. Wer sich benimmt und sich an die Hausordnung hält, darf rein. Ganz einfach. Das gilt sowohl für Österreicher wie auch für Ausländer.“

Auch Jürgen ist für alle St. Pöltner Nachtschwärmer ein bekanntes Gesicht – er ist Chefsecurity im Warehouse. Seit drei Jahren arbeitet er bereits in diesem Gewerbe, „wobei ich eher zufällig durch Freunde hineingerutscht bin.“ Nach ersten Erfahrungen in St. Johann in Tirol jobbt der gebürtige Deutsche nun nebenbei an Wochenenden bei Jus Black Security. Seine Referenzen für den Job? Zehn Jahre Kampfsport, wobei derlei Qualifikationen in seinen Augen nicht das Wichtigste sind, sondern:„ Kommunikation ist in diesem Beruf viel wichtiger als jegliche Kenntnis von Kampfkunst. Ich habe ein Talent mit Leuten zu reden.“ Mit ein Grund, warum er im Warehouse zum Chefsecurity aufstieg, „die schönste Anerkennung“. In dieser Position leitet er ein Team von – je nach Veranstaltungsgröße – drei bis fünf weiteren Securities. Eintrittskarten werden kontrolliert, ebenso, dass etwa keine Fremdgetränke in den Club gelangen. Außerdem sorgt sein Team für die Einhaltung der Hausordnung. So hat er auch noch keine wirklich schlimmen Erlebnisse erfahren. Letztlich sei der Job eine spannende Abwechslung zum Alltag, und er hat auch kein Problem zu arbeiten, während andere Party machen. Dafür könne er quasi nicht abschalten und checke auch andere Locations, selbst wenn er privat unterwegs ist, auf ihre Sicherheit ab, „da ich mich immer als Security fühle, auch wenn ich nicht im Dienst bin!“
Eine mögliche neue Gesetzeslage, die eine Ausbildung für Securities vorsieht, hält Jürgen für durchaus sinnvoll, räumt aber ein „dass du Menschenkenntnis und Kommunikation nicht lernen kannst. Das ist ein Talent, das man entweder hat oder nicht.“ Es ist sicher zielführend, Securities über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären, wie es jede andere Firma im Rahmen ihrer Einschulungen auch macht.
Zum Thema Rechtsradikalismus in der Türsteherszene meint Jürgen nur: „Vereinzelte Fälle gibt es überall, man kann dies aber sicher nicht pauschal für die ganze Berufsgruppe behaupten“.

Infos zum Thema:
Die Gesetzeslage für Türsteher:
• Gewalt- und Zwangsmittel dürfen nicht eingesetzt werden.
• Türsteher haben kein Recht auf besondere Gewaltausübung, dürfen keine polizeilichen Aufgaben wahrnehmen und den Notwehrparagraphen (§ 3 StGB) nicht überschreiten.
• Bei der Ausübung ihrer Tätigkeit stehen Personen im Sicherheitsgewerbe keine Rechte zu, die über die Rechte hinausgehen, die auch sonst Privaten zukommen. Hardfacts:
2009 gab es in Österreich 939 Strafanzeigen gegen Türsteher, 847 Verletzte sowie einen Toten in der Steiermark bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitspersonal und Gästen. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich deutlich höher, darüber hinaus fehlen Zahlen aus Wien zur Gänze. Der Salzburger Nationalratsabgeordnete Johann Maier (SPÖ) fordert daher eine rasche gesetzliche Regelung für Arbeitsgenehmigungen von Türstehern und deren Ausbildung, denn im Unterschied zu anderen EU-Ländern ist in Österreich überhaupt nicht geregelt, wer als Türsteher arbeiten darf. Es gibt keinerlei Sonderrechte, „von einer Ausbildung ganz zu schweigen“, kritisiert Maier. Auch die Betroffenen selbst hätten oft keine Ahnung, was sie dürfen oder nicht. Türsteher müssten daher geschult werden, wie sie Konflikte ohne Gewalt lösen können. Weiters fordert Maier eine genaue Überprüfung der Kandidaten, die gesetzlich verankert ist: „Zuverlässigkeit und Eignung müssen zentrale Voraussetzungen sein. Es kann ja nicht sein, dass Leute im Sicherheitsgewerbe arbeiten, die sieben Mal wegen Körperverletzung rechtskräftig verurteilt sind.“ Wie konkret sind die Pläne einer neuen Gesetzgebung gediehen? „Geplant ist nach dem Regierungsübereinkommen von SPÖ und ÖVP eine eigene bundesgesetzliche Regelung für das Sicherheitsgewerbe. Derzeit gibt es aber noch keinen Gesetzesentwurf.“