MFG - Herzschmerz
Herzschmerz


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St. Pöltens gute Seite

Herzschmerz

Ausgabe 06/2008
Das Zauberwort für die finanzielle Therapie des Gesundheitswesens wäre also gefunden: aut idem – oder dasselbe. Schrieb der Arzt bisher „Aspirin“ aufs Rezept, so braucht er in Zukunft nur mehr kurz zu vermerken „Acidum acetylosalicylicum“, der Apotheker weiß, was er auszufolgen hat. Des hippokratischen Eides liebste Buhlin, die Ärzteberatung, wird sich rasch zur Apothekerberatung mausern,  Locations wie Zürs und Nizza, natürlich auch Kreuzfahrtschiffe, werden kaum mehr Medizinerkongresse erleben, bei denen es täglich vor dem Lunch den einen, viertelstündigen, fakultativen Vortrag zu Themen wie „Jüngste klinische Erfahrungen mit Leukoplast“ gibt.
Unterhaltsam wird’s dafür in Apotheken, wenn die Magistra im Gewühl der Wartenden einem ältlichen Znüachtl von Möchtegerncasanova erklärt, dass für ihn Sellerie und Spargel eigentlich eh billiger kämen, und der Dame im Armani-Outfit, dass für ihren aggressiven Fußpilz von der Kasse nur mehr ein Genericum akzeptiert wird.
Natürlich besteht die Gefahr des Übergreifens von „aut idem“ auf andere Lebensbereiche: Bestellen Sie beim Wirten eine Malakofftorte, bekommen Sie vielleicht ein Schweinsbrüstl, denn das ist genau so fett. Eine Busreise nach Jesolo führt ins Gänsehäufl, denn auch dort sind Sie von Wienern umgeben. Und löst der Kulturmensch ein Ticket für die Eroica mit den Philharmonikern, dann hört er allenfalls das Wr. Neustädter Bahnhofsorchester, denn die spielen auch heroisch alle vier Sätze.
Für mich wird’s erst überzeugend, wenn man bei uns wie anderswo neben Arzt, Apotheker und Krankenhaus auch die Krankenkasse qualitätsorientiert frei wählen kann. Aut idem halt.