MFG - Wegwerf-Kaiser
Wegwerf-Kaiser


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Wegwerf-Kaiser

Text Beate Steiner
Ausgabe 06/2016
In welch dekadenter Welt leben wir eigentlich. Da wird doch tatsächlich Werbung gemacht, die uns motivieren soll, Lebensmittel nicht wegzuwerfen. Die uns zeigt, dass ein altes Semmerl noch zu was gut ist. Wissen wir wirklich nicht, dass so ein zähes oder schon hartes Gebäck sich prima weiterverwerten lässt, zum Beispiel als Semmelbröckerl-Lieferant oder zerbröselt als goldbraune Panier oder als Grundzutat für einen Scheiterhaufen – diese Semmerl-Apferl-Eischnee-Süßspeise, die die meisten Kinder so gern essen. Dieses Verwertungs-Prinzip funktioniert auch mit vielen anderen Lebensmitteln: Geröstete Brotwürferl schmecken in vielen Suppen, harter Käse landet gerieben auf der Pizza, Wurstrestln werden zur Knödlfülle, gekochte Erdäpfel zu Backrohr-Chips oder Salat.
179 kg Lebensmittel werfen wir pro Kopf im Jahr in den Mist, sagt eine Statistik. 760 Tonnen Essbares landet in Österreich jährlich im Müll. Das ist in Niederösterreich, in St. Pölten, nicht anders.
Warum? Weil wir zu faul sind, nicht mehr ganz Frisches weiter zu verwerten? Weil wir der Konsumlust nicht widerstehen konnten und den Kühlschrank mit Sonderangeboten gefüllt haben? Sehr wahrscheinlich, denn im Restmüll finden sich rund zehn Prozent original verpackter oder nur teilweise verbrauchter Waren. Vielleicht, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten wurde? Dieses ist übrigens nur eine Garantie-Abgabe der Produzenten und besagt nicht, dass Joghurt verdorben ist, weil es drei Tage überm „Ablaufdatum“ noch im Kühlschrank lagert.
Wenn ein Lebensmittel nicht mehr genießbar ist, riecht und schmeckt man das, ganz sicher. Oder glaubt wirklich jemand, dass drei Jahre haltbare Dosen-Sardinen nach drei Jahren und einem Tag plötzlich nicht mehr essbar sind?