MFG - Soulville STP
Soulville STP


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Soulville STP

Text Thomas Fröhlich
Ausgabe 03/2022

Im April vor 15 Jahren ging die Sendung BlackXplosion das erste Mal über den Äther: Soul, Funk, Disco, Jazz und Blues, präsentiert von Claudia Zawadil aka Miss Marple im damaligen Campus Radio in St. Pölten. Mittlerweile ist es die älteste österreichische der Black Music geweihte Sendung. Grund genug für Thomas Fröhlich, sich freudig ins „Land of the good groove“ zu begeben und die Macherin dort selbst zum Interview zu bitten, die auch noch ein persönliches Jubiläum feiert.

Den Weg nach Soulville zu beschreiten war schon immer die Devise von Miss Marple. Und so hält sie’s nicht nur bei ihren „Auflegereien“ als DJane sondern auch jeden ersten Montag im Monat von 21 bis 22 Uhr im Campus & City Radio 94,4.
„Begonnen hat’s mit der Plattensammlung vom Freund, in der ich Black Music aus alten Zeiten entdeckte. Zuerst war ich hauptsächlich vom Funk begeistert, dann wurde ich aber regelrecht mit Soul, Disco und letztendlich mit Jazz und Blues infiziert.“ 
Seit genau 20 Jahren ist Claudia Zawadil, wie sie mit ihrem bürgerlichen Namen heißt (und unter dem sie sich auch schon einen guten Namen als bildende Künstlerin gemacht hat), als gefragte DJane Miss Marple an den Turntables tätig. Ihre Ausrichtung umfasst obgenannte Genres, wobei der Schwerpunkt auf Musik der 1960er- bis 80er-Jahre liegt.
„Durch Beginn des Studiums an der FH St. Pölten im Herbst 2006, an der sich auch das Campus Radio befand (damals nur Campus Radio; das & City im Namen – also die Möglichkeit, dass auch Personen außerhalb der FH bzw. Nicht-Studierende Sendungen machen können – gab es erst später), entstand der Wunsch, ab dem zweiten Semester eine Radiosendung mit genau dieser Musik zu gestalten und zu moderieren. Weil eben diese Musik im sonstigen Radioprogramm nicht zu hören war.“ Miss Marple präzisiert: „Ich wollte, dass der Fokus auch bei uns einmal auf die Schwarze Musik gerichtet wird. Denn viele weiße Musikerinnen und Musiker wurden durch sie inspiriert. Ein sehr gutes Beispiel dafür sind The Rolling Stones, die bei ihren ersten Alben noch überwiegend Songs von afro-amerikanischen Musikern gecovered haben, wie etwa ‚Little Red Rooster‘ von Willie Dixon.“ Man darf da ruhig Pionierarbeit dazu sagen. „Und im April 2007 hatte ich meine erste Radiosendung mit dem Titel BlackXplosion. Nach Abschluss meines Studiums hab‘ ich mit Begeisterung weitergemacht. In den Anfangszeiten lief das noch wöchentlich, später zweimal pro Monat und nun eben monatlich.“ Es sei halt alles auch eine Zeitfrage. Sie, die inzwischen über eine veritable eigene Vinyl-Plattensammlung verfügt, spielt ausschließlich Tracks aus ihrem Besitz. „Auswahl habe ich ja genug. Beim Auflegen verwende ich ausschließlich Vinyl, wenn ich die Sendung vorproduziere, digitale Tracks. Das wäre sonst zu aufwändig.“ Marple resümiert: „Je älter ich wurde, umso mehr habe ich der Radiosendung den Vorzug gegenüber dem Plattendrehen bei Partys gegeben. Meine Vinyl-Scheiben sind für mich sehr kostbar, und beim Auflegen sind die Abnutzungserscheinungen viel größer als beim Abspielen im Wohnzimmer. Und es ist halt leider oft so, dass man wenig Gage bekommt, dafür aber mit gratis Getränken und Essensgutscheinen abgespeist wird. Das ist nicht so ganz meins. Für zwei, drei Mal im Jahr Auflegerei bin ich aber immer noch zu haben, aber nur, wenn ein funktionierendes Soundsystem vorhanden ist. Es gab nämlich auch unschöne Erlebnisse, wie fehlende Nadeln beim Tonarm oder komplett defekte Turntables. Das ist aber schon lange her, daran denke ich kaum noch.“ Zu ihren schönsten Vinyl-Auflegereien hingegen, an die sie sich spontan erinnern könne, gehören jene in der Theaterwerkstatt des Landestheaters NÖ im Zuge des Blätterwirbel-Festivals 2008, die Seedosen-Weihnachts-Revue 2014 und jene im Rahmen des Jazzheurigen beim Sonnenparkfest 2017.
Ob sie Blacklivesmatter in ihre Sendung einfließen lässt? „Ich hatte im Vorjahr eine Spezial-Sendung unter diesem Titel, da ich aber Musik aus alten Zeiten auflege, hat bei mir die Black Power-Bürgerrechtsbewegung Vorrang, zu der Interpreten wie Nina Simone, Gil Scott-Heron oder Sly & The Family Stone gehörten.“
Apropos Vinyl. Da hat sich ja in der Musikrezeption über die Jahre Vieles geändert: digitale Anbieter einerseits und das Schwinden klassischer Plattengeschäfte andererseits. Wie geht eine Traditionalistin wie Miss Marple damit um? „Auch bei mir hat sich der Austausch teilweise in den Online-Bereich verlagert: Freunde schicken öfter einmal Youtube-Links zu Songs, die mir gefallen könnten. Ich hole mir manchmal Tipps bei einer Soul&Funk Spotify-Playlist. Gäbe es in St. Pölten aber einen lässigen und gut sortierten Plattenladen wie das Rave Up in Wien, wäre ich aber ganz bestimmt dort.“ Sie ergänzt: „Vinyl bestelle ich mir nur im Netz, wenn es nicht anders möglich ist.“
Wie es mit der Zukunft von BlackXplosion aussieht? „Vor zwei Jahren hatte ich einmal eine Phase, in der ich mir vorgenommen habe, meine Sendung nach fünfzehn Jahren zu beenden. Ob ich das nun tatsächlich umsetze, wird sich noch zeigen. Bis zum Pensionsalter werde ich die BlackXplosion aber nicht machen.“ Doch Etta James sei Dank ist bis dahin ja noch Zeit. Und die Reaktionen auf die Sendung seien ja überaus positiv. „Große Freude hatte ich über die Vinyl-Torte, die ich vor sieben Jahren von lieben Radiokolleginnen und -kollegen zu meiner 150. Sendung bekommen habe.“
Man darf sich also noch auf Klang-Nachschub aus Soulville STP freuen. Das Schlusswort überlassen wir der (vor einigen Wochen leider verstorbenen) Funk-Pionierin Betty Davis: „And that‘s why they say I‘m different / And that‘s why they say I‘m strange / And that‘s why they say I‘m funky, funky!“ 
Besser kann man’s wohl nicht ausdrücken.