MFG - Master of Living
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MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Master of Living

Text Johannes Reichl
Ausgabe 11/2018

„Vergiss nicht, man benötigt nur wenig, um ein glückliches Leben zu führen“ (Marc Aurel) oder „Wenn du liebst, was du tust, wirst du nie wieder in deinem Leben arbeiten“ (Konfuzius). Das sind Sprüche, die man vielleicht nicht gerade mit einer Wohnungsgenossenschaft verknüpfen würde, außer … ja außer deren Obmann heißt Willi Gelb.

Es ist ein grauer Novembertag (angesichts dieses Herbstes eine Sensation!), als wir den Jung 70er – Gelb hat die Woche zuvor gerade seinen runden Geburtstag gefeiert – vorm Eingang der „Wohngalerie N3“ in der Praterstraße treffen, der wir näher auf den Grund gehen möchten. Gelb, ganz in schwarz, hat einen gelben Schal lässig um den Hals geschwungen und öffnet mit einem Lächeln die Tür zu „seinem Baby“. Die „Information beim Vorbeifahren“, wie er die Location nennt, war ja seine ureigenste Idee „weil das Gebäude schon vorhanden war und es schade gewesen wäre, es zu schleifen, solange noch nicht gebaut wird.“ Stattdessen hat er dem ehemaligen Blumenladen neues, wohnungsgenossenschaftsangereichertes Leben eingehaucht, wobei eine derartige „Wohngalerie“ wahrlich alles andere denn üblich in der Branche ist. Dafür ist sie auffällig, und hat damit schon einen Hauptaspekt ihrer Bestimmung erfüllt. „Man sieht N3 ja schon von weither oder wenn man bei der Ampel steht, wobei wir immer“, dabei verweist Gelb auf die großen Informationstafeln vorm Haus „ein ganz bestimmtes Projekt, eine ganz konkrete Wohnung vorstellen.“ Nachsatz: „Und zwar eine, die man wirklich mieten kann – das ist nicht Fake News oder nur ein Schmäh!“ Das trifft auch auf die ausgewiesenen Kosten zu, die im Vergleich zum St. Pöltner Durchschnittsmarkt moderat sind. Das aktuell beworbene Objekt etwa kostet 443 Euro Monatsmiete für eine 68 Quadratmeter Wohnung „das sind aber die Gesamtkosten, also inklusive Heiz- und Betriebskosten“, betont Gelb. Versteckte Kosten, wie bisweilen anderswo üblich, gibt’s nicht, womit Gelb mittels N3 auch die Kernbotschaft des gemeinnützigen Genossenschaftswohnbaus und  seiner Kernaufgabe unters Volk bringen bzw. beweisen möchte: Die Schaffung leistbaren Wohnraums. „Und den stellen wir seit über 90 Jahren in St. Pölten sicher!“, betont der Jubilar, womit wir uns auch der Auflösung des vermeintlich kryptischen Namens der Galerie, N3, nähern.
N steht nämlich für Niederösterreich „wir sind waschechte Niederösterreicher“, die 3 wiederum für die Registrierungsnummer. Kurzum „die St. Pöltner“, wie man sich heute oft nennt, war die dritte eingetragene Wohnungsgenossenschaft Niederösterreichs. Mittlerweile ist sie auch die älteste noch bestehende des Landes. Ein Erbe, das Gelb zufolge verpflichtet: „Wir bauen in kleinen Einheiten, in hoher Qualität, mit Blick auf die Leistbarkeit“, zeichnet er in aller Kürze die Grundphilosophie seiner Wohnungsgenossenschaft nach, wobei es zugleich – und da kommt Gelbs ureigenster philosophischer Ansatz hinzu, der auch mittels N3 zum Ausdruck kommen soll – um Lebensfreude geht. „Zu gutem Wohnen gehört auch gute Kultur in einem ganzheitlichen Sinne, es geht um die schönen Momente im Leben.“ Für Gelb nicht zuletzt ein relevanter Schlüssel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt schlechthin, weshalb auch der große, auf einer Tafel prangende Slogan „Genossenschaft sind WIR“ programmatisch zu verstehen ist. „Vom Wohnen, v. a. wie man wohnt, dass man es sich überhaupt leisten kann, hängt ja enorm viel ab. Wohnen ist ein Schlüssel für gesellschaftlichen Frieden. Und es ist ein Ort der Kommunikation.“
Auch dies soll N3, womit man in den Innenraum kommt, vermitteln. In der Mitte des Raums findet sich ein Sesselkreis als Zeichen des miteinander Redens. Dieses könnte in Hinkunft vielleicht bei Ausstellungen oder kleinen Seminaren gepflegt werden.
Und dann sind da die großformatigen Bilder an den Wänden mit eingangs erwähnten philosophischen Sprüchen, die quasi einen Querschnitt durchs Wohnen und Leben darstellen. Alles made by Willi Gelb. „Die Fotos sind Handybilder von mir, und die Texte sind so Grundsätze, die mir gefallen. Da geht’s v. a. auch darum, alles ein bisserl mit einem Smiley zu versehen, mit ein bisserl Humor. Gerade heute tut das wieder not, wo vieles grau in grau ist.“ In diesem Sinne soll N3, des Nachts hell beleuchtet, ein ganz bewusster Farbtupfer sein „und wenn jemand vorbeigeht und hineinschaut, dann soll er lächeln und sich vielleicht ein bisserl besser fühlen“, wünscht sich Gelb.
Leben – so die Grundbotschaft von Gelbs Bildern, die er auf der ganzen Welt, aber auch in der „Hometown St. Pölten“ aufgenommen hat – entfaltet sich v. a. in den kleinen Dingen: in der Natur, einem Duft, einem lieben Menschen oder etwa gutem Essen. So steht neben einem Bild von verlockenden Mohnnudeln: „Ich esse nicht einfach Mohnnudeln. Ich gebe Kalorien ein Zuhause!“ Autor unbekannt.  Willi Gelb lächelt schelmisch und zeigt uns noch eine Urkunde, die ihm der Bürgermeister bei der Eröffnung überreicht hat. „Ich wurde zum Master of Living ernannt!“ Und das ist er – ein Meister nicht nur des Wohnens für tausende St. Pöltner, sondern auch ein Meister des Lebens in einem ganzheitlichen Sinne. Es ist beruhigend, wenn solche Geister an der Spitze von großen Wohnbauträgern stehen.