VERNETZUNG STATT EINZELKÄMPFERTUM? JA NATÜRLICH!
Text
Johannes Mayerhofer
Ausgabe
Viele Wege führen in die Bio-Landwirtschaft. MFG sah sich die Situation ökologischer Landwirte in und um St. Pölten an, fragte nach deren Motivation und beleuchtet ihre Pläne, sich mit anderen „Mitstreitern“ zu vernetzen.
Was landwirtschaftliche Arbeit nach biologischen Prinzipien betrifft, ist Alfred Schwendinger ein Veteran. „Ich bin in den 1980er-Jahren in die biologische Landwirtschaft eingestiegen. Das war eine Zeit der großen Hoffnungen auf dem Gebiet“, erklärt der 66-Jährige. Schwendinger hat nicht bloß einen Bio-Betrieb bei Maria Laach am Jauerling, im äußeren Westen des Kremser Bezirks. Er ist darüber hinaus auch Chef des „Evi“-Naturkostladens nahe der Kremser Innenstadt. Schwendinger betreibt Bio-Landwirtschaft mit einem Extra an Engagement, welches sich aus seiner Kenntnis und Wertschätzung der österreichischen Agrarlandschaft speist. „Wir können uns glücklich schätzen, in Österreich eine so vielfältige Landschaft zu haben.“ Die konventionelle Landwirtschaft treibt ihm jedoch Sorgenfalten auf die Stirn: „Sie ist ein Problem, weil sie Böden, normalerweise klasse CO2-Speicher, langfristig vernichtet.“ Monokulturen, fehlende Fruchtfolge, massiver Einsatz von Spritzmitteln und regelmäßiges Umgraben und Verdichten machen aus den besten Flächen unfruchtbares Ödland.
„Bio ist seit etwa 20 Jahren in aller Munde“, so sieht es auch Schwendinger. Trotzdem ist er nach wie vor Teil einer professionellen Minderheit. Da die Erhebung der Biobetriebe durch die Statistik Austria nur alle zehn Jahre erfolgt und für 2020 erst im kommenden September abgeschlossen wird, sind die aktuellsten Zahlen von 2010. Der Statistik zufolge arbeiteten damals nur 4,6 Prozent oder jeder 22. von insgesamt 3.919 Betrieben in St. Pölten Stadt und Land biologisch. Im Bezirk Krems waren es immerhin 6,6 Prozent oder jeder 15. von 3.447 Betrieben. Da die Zahl der Biobetriebe sich laut Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf NÖ-weit jährlich um 300 erhöht, kann auch für St. Pölten und Krems von einem großen Plus ausgegangen werden. 1980 waren es nur 17 Bio-Betriebe. Österreichweit halten Bio-Bauern zehn Prozent Marktanteil. Laut AMA kaufte jeder heimische Haushalt 2020 für 190 Euro Bio-Lebensmittel ein – 20 Prozent mehr als im Vorjahr.
Schwendinger will Einzelkämpfertum beenden
Für Schwendinger ist diese Entwicklung einer von vielen Gründen zu sagen: „Das Einzelkämpfertum der Bio-Betriebe muss jetzt ein Ende haben.“ Diesem Appell ließ er nun auch Taten folgen und zwar in Form einer „Regionalwert Niederösterreich-Wien AG“, die nun kurz vor ihrer Gründung steht. „Davon gibt es in Deutschland schon einige. Die Grundidee ist, dass wir Betriebe, die Wert auf biologische Lebensmittel legen, besser vernetzen und integrieren.“ Dabei geht es aber nicht nur um die Erzeuger. „Die Regionalwert AG soll Betriebe entlang der gesamten Wertschöpfungskette umfassen. Also vom Samen bis hin zum fertigen Gericht in einer Bio-Gaststätte oder einem Nahrungsmittel in einem Bio-Markt.“ Interessierte Bürger können Aktien erwerben, der Preis liegt bei 500 Euro pro Papier. Mit diesem Geld bietet die Regionalwert AG interessierten Unternehmen verschiedene Instrumente an, je nach Lage und Bedürfnis des Interessenten. Bei der sogenannten Beteiligungspartnerschaft geht es um Betriebe, die Finanzierungsbedarf haben. Die AG beteiligt sich mit ihrem Eigenkapital, wobei auch der gesamte Betrieb in die AG eingebracht werden kann. „Diese Variante ist etwa für neu gegründete Betriebe, solche, die gerade in der Wachstumsphase sind oder erhöhten Investitionsbedarf haben“, erläutert Schwendinger.
Sollte ein Betrieb eine Beteiligung der AG nicht wollen, gibt es weiters die Möglichkeit einer Investitionspartnerschaft. „Hierbei beteiligen wir uns an Wirtschaftsgütern oder Gerätschaften und verpachten oder vermieten sie an Betriebe.“ Weiters seien Lizenzpartnerschaften für Betriebe vorgesehen, die zwar weder Investitions- noch Beteiligungsbedarf haben, aber die Visionen der Regionalwert AG mittragen und von den Vorteilen der Gemeinschaft profitieren wollen. Der obligatorische „Vernetzungsbeitrag“ reicht je nach Umsatz des Betriebs von 300 bis zu 6.000 Euro im Jahr.
Last but not least soll es auch noch Förderpartnerschaften geben, wo Betriebe gegen einen Förderbeitrag etwa das Förderer-Logo verwenden dürfen oder auch von der Regionalwert AG bei verschiedensten Gelegenheiten beworben werden. Die Art der Partnerschaft kann übrigens flexibel geändert werden.
„Wir wollen nicht für die Betriebe da sein, die schon biologisch arbeiten, sondern auch jenen helfen, die gerne diese Schwelle überwinden wollen, aber aus verschiedensten Gründen Hemmungen haben oder es nicht können.“ Dies spiegelt sich auch in den Kriterien für die jeweiligen Partner, die bis 2030 einen 80-prozentigen Anteil ihres Einkaufes an Betriebsmitteln vorweisen sollen. Weiters soll eine Bio-Zertifizierung vorliegen. „Sollte das nicht der Fall sein, muss die Umstellung aber innerhalb von maximal drei Jahren erfolgen“, so Schwendinger. Für Gastronomie- und Handelsbetriebe gilt lediglich die 80-Prozent-Regel.
Kein „schneller Euro“,aber „grüne Rendite“
Wer sich nun dazu entscheidet, seine hart verdienten „Groschen“ in die Regionalwert Niederösterreich-Wien AG zu investieren, den erwartet natürlich keine dicke Finanzrendite. „Der Output für unsere Aktienhalter ist ein besseres, größeres und flächendeckenderes Angebot an Bio-Nahrungsmitteln.“ Die Regional-AG soll laut Schwendinger durch das Mitmachen von Vielen funktionieren. „Wir haben uns dazu entschlossen, eine Höchstgrenze einzuziehen. Niemand soll mehr als 20 Prozent Stimmrecht erhalten“, betont der 66-Jährige.
So locker und flockig, wie die theoretische Idee sich liest, war der Gründungsprozess aber keineswegs. „Ich habe durch die ganze Sache vor allem im juristischen Bereich einiges dazugelernt“, scherzt Schwendinger. „Ein Problem war etwa die Definition des Begriffes ,Region‘. Da gab es bis 2015 ein Gesetz, das Vereinnahmungen von Regionen zu Vermarktungszwecken vorbeugen sollte. Dieses wurde zwar abgeschafft, aber solche Regionalbezeichnungen werden trotzdem nicht gerne gesehen.“ Die Wirtschaftskammern NÖ und Wien hätten schließlich den Namen „Regionalwert Niederösterreich-Wien AG“ als juristisch wasserfeste Variante vorgeschlagen. Letztlich soll es um die Region im 100 Kilometer umfassenden Umkreis um Krems gehen. Auch bei der Zusammenarbeit mit der zuständigen Bank spieße es sich hier und da aus formalen Gründen. „Ursprünglich wollte ich die AG mit einer Handvoll Gründern ins Leben rufen. Mittlerweile sind wir schon 50 Leute, wir haben das dann bei dieser Zahl gedeckelt.“ Fünf Lizenzpartnerschaften seien bereits unterschriftsreif, meint Schwendinger zufrieden.
Wie die deutschen Vorbilder fußt auch seine Regionalwert-AG auf dem Konzept der „Gemeinwohlökonomie“, das von Attac-Österreich-Chef Christian Felber ins Leben gerufen wurde. Attac, eine globalisierungskritische Organisation, verfolgt damit eine Wirtschaftsidee, in der ein Höchstmaß an sozialen und ökologischen Arbeitsweisen nicht als Kosten- und damit Wettbewerbsnachteil wirken soll, sondern umgekehrt. „Messbar soll dies durch klare Kriterien einer Gemeinwohlbilanz werden“, erklärt Schwendinger. Unternehmen mit guter Bilanz sollten in Felbers Vorstellung steuerlich und finanziell bevorteilt werden. Dies ist noch Zukunftsmusik, allerdings folgen bereits hunderte Unternehmen dieser Idee, darunter auch die deutschen Vorbilder der Regionalwert NÖ-Wien AG.
Vom DJ und Festival-Manager zum biologischen Kleinbauern
Etwa 50 Kilometer ostwärts von Schwendingers Bio-Landwirtschaft, in Maria Jeutendorf bei Herzogenburg, inspiziert Michael Kietreiber eines der Beete seiner 3.000 m² umfassenden Fläche. „3.000 m² klingen nach viel, es ist aber tatsächlich nur sehr wenig Platz.“ Über zu wenig Arbeit kann sich Kietreiber, der seinen Bio-Betrieb unter dem Motto „Grünzeug vom Feld“ führt, jedoch nicht beklagen. Vor etwas mehr als drei Jahren vollzog er einen radikalen beruflichen Richtungswechsel. „Zwölf Jahre war ich im Veranstaltungsmanagement tätig, zunächst nur Parties im Club Warehouse, später auch bei größeren Events wie dem Beatpatrol-Festival.“ Für den damals sehr party-freudigen Kietreiber war dies eine tolle, aber auch sehr stressige und lärmende Zeit.
Schließlich setzte ein Persönlichkeitswandel bei ihm ein und brachte die Erkenntnis: „Ich möchte mich beruflich mehr um nachhaltige Dinge kümmern, in einem Beruf, der mir auch etwas mehr Ruhe und Eigenständigkeit bietet. So kam ich zur Bio-Landwirtschaft.“ Wie so oft kam auch hier die Sache auf relativ banale Weise ins Rollen: „Ich begann Youtube-Videos des kanadischen ‚Urban Farmers‘ Curtis Stone und des ,Market Gardening‘-Vorreiters Jean-Martin Fortier anzusehen und war von deren Methoden begeistert. Später hab‘ ich mir auch Bücher besorgt, um mich ins Thema einzulesen.“ Der 34-Jährige gibt sich bescheiden, deutet immer wieder an, noch kein voller Experte zu sein, immer wieder dazuzulernen. „Jedes Gemüse ist anders und bietet seine eigenen Herausforderungen. Und ob eine Ernte gelingt oder nicht – da sind viele Umweltfaktoren zu beachten“, erklärt er. Das „Grünzeug“ aus Kietreibers Sortiment geht mittlerweile querbeet durch die heimische Gemüselandschaft: Paprika, Paradeiser, Chili, Pfefferoni, Fisolen, Karotten, Gurken, Knoblauch und vieles mehr. „Ich arbeite auf Beeten mit Perma-Kulturen. Ein Eckpunkt meiner Arbeit ist, dass ich auf das Umgraben so weit wie möglich verzichte. Der Boden wird, bis auf die oberste Schicht – etwa 5 cm – so belassen, wie er ist und das Anpflanzen vieler verschiedener Arten auf kleinem Raum wirkt ebenfalls positiv.“ Mittlerweile hält er auch einige Hühner. Ein weiterer Vorteil, der Kietreiber den Umstieg zum Bio-Bauern etwas leichter gemacht hat: „Ich benötigte relativ wenig Kapital. Bis auf meinen Einachstraktor arbeite ich mit manuellen, kleinen Gartengerätschaften. Rohstoffe brauche ich auch so gut wie keine und mit 20 Litern Treibstoff komme ich im Jahr etwa aus. Das ist gar nichts.“
Seit 2012 haben in Österreich 19.000 Landwirte ihre Höfe geschlossen. Das sind sieben pro Tag. Angesichts dessen zeigen Beispiele wie jene Kietreibers, dass Menschen sich trotz dieser tristen Lage für den Beruf des Bauern begeistern können, wenn die Bedingungen stimmen. Während die Landwirtschaft sogar akademisch professionalisiert wird, zählt Kietreiber zu den Quereinsteigern, die sich mit einfachsten Mitteln und durch viel Praxis selbst ausbilden und tatsächlich von ihrem agrarischen Schaffen leben können. Kietreiber ist wirtschaftlich stark genug, um sich aller Voraussicht nach noch dieses Jahr einen Angestellten in Vollzeit zur Hilfe zu holen. Was die Vermarktung angeht, will er von Einzelhandelsketten nichts wissen. „Nie würde ich einen Vertrag mit denen unterschreiben“, sagt er mit Nachdruck. „Zu vielen Kunden habe ich ein persönliches Verhältnis, weil die regelmäßig bei meinem Stand am St. Pöltner Domplatz auftauchen. Weiters biete ich auch Abholungen von Gemüsekisten hier in Maria Jeutendorf an und Kunden können Ernteanteile erwerben. Auf Facebook und Instagram liefere ich auch regelmäßige Postings über meine Arbeit.“ Neben Privatpersonen finden sich auch einige Gastro-Betriebe auf Kietreibers Abnehmerliste. Von „Einzelkämpfertum“ in der Bio-Landwirtschaft möchte er nicht sprechen. „Dazu ist die Masse an Leuten, die das betreiben schon zu groß und zu gut vernetzt.“
Konventionelle vereinnahmen die Labels „Bio“ und „Regional“
Obermamau, nordwestlich von St. Pölten. In dieser Ortschaft gibt es nicht viel. Was jedoch sofort ins Auge sticht, ist der Selbstbedienungsladen des Osthofes „Bioplatzl“ Maierhofer, der direkt an einer ehemaligen Bushaltestelle steht. „Das ist für mich ein günstiger Zufall, denn diese Haltestelle können unsere Kunden gleich als Parkplatz nutzen“, lächelt Rudolf Maierhofer, der Chef des Hofes. Er könne sich noch erinnern, wie das Bild des Bio-Bauern in den 80er- und 90er-Jahren war. „Ein Eigenbrötler, nicht gerade die adretteste Kleidung, vielleicht sogar etwas ungepflegt – das war so das gängige Bild“, erinnert
er sich scherzhaft. „Und eine Zeit lang hatte ich selbst Vorurteile gegen die Bio-Wirtschaft“, gibt der 48-Jährige zu.
Maierhofer kommt aus einem bäuerlichen Elternhaus, übernahm 2003 den Obstanbau und den Schweinebetrieb von seinen Eltern, ein konventionell geführter Hof. Ab diesem Zeitpunkt vollzog der Neo-Landwirt den wirtschaftlichen und geistigen Schwenk zum Bio-Betrieb. Die Schweinehaltung stellte er ein, die Obstfläche wurde auf 18 Hektar erweitert und auf Bio-Betrieb mit aktuell acht Mitarbeitern umgestellt. Besonders bildhaft blieb Maierhofer in Erinnerung, als er beobachtete, wie Hühnern konventionell produzierte Nahrung gefüttert wurde und die Tiere diese Mahlzeit verweigerten. „Die Tiere haben das instinktiv in sich zu merken, dass ihnen diese Nahrung nicht gut tut. Wenn schon Tiere so was nicht anrühren, was passiert mit uns Menschen, die wir uns solche Produkte regelmäßig zuführen?“ Eine weitere Bestärkung der biologischen Wirtschaftsweise war die Geburt seiner ersten Tochter, der einige Jahre später die zweite folgte. „Kinder haben einen entscheidenden Einfluss, das merke ich auch bei den Kunden. Vielen Leuten ist die Qualität ihrer Nahrungsmittel so lange egal, bis ein Kind ins Leben kommt. Und wenn es um die Gesundheit der Kleinen geht, da denken viele Menschen dann um.“ Es gibt eine zweite Gruppe, bei denen Maierhofer immer wieder einen radikalen Schwenk zu höherwertiger und biologisch produzierter Nahrung beobachtet: krebskranke Menschen. „Im Unterbewusstsein weiß jeder, dass diese Lebensmittel besser sind. Ich wehre mich auch gegen die Einteilung in ,konventionell‘ und ,biologisch‘. Eigentlich sollte Bio als Maßstab gelten und das, was heute als konventionell bezeichnet wird, ist im Grunde chemisch-synthetische Landwirtschaft.“
Der Selbstbedienungsladen wirkt teilweise wie ein Aushängeschild und das Angebot des Hofes Maierhofer ist äußerst vielfältig. „Uns war schnell klar, dass wir nicht nur die rohe Ware anbieten können, sondern sehr stark auch in die Verarbeitung gehen müssen.“ Von Marmeladen über Chips, Ketchup, Chilisauce, Weine, Essig und Nusserzeugnissen reicht die Produktpalette. „Für die Verarbeitung haben wir natürlich Partner, das machen wir nicht alles selbst“, erklärt Maierhofer. Wie Kietreiber ist auch er am St. Pöltner Markt am Domplatz zugegen, ebenso wie am Markt in Melk, liefert unter anderem nach Wien und hat einen Zwischenhändler, wodurch auch die Einzelhandelsketten Hofer und Billa indirekt einen Anteil seiner Produkte beziehen. Was die beiden Hauptsäulen seines Anbaus – Äpfel und Birnen – angeht, hält er eine Eigenvermarktungsquote von 40 bis 50 Prozent.
In den vergangenen Jahren beobachtete Maierhofer einen Trend, der ihn nachdenklich stimmt: „Ich denke, dass die Begriffe wie ,bio‘ und ,regional‘ oft zu Unrecht miteinander vermischt werden. Beziehungsweise sehe ich bei Kunden eine zunehmende Bedeutung des Begriffes ,regional‘. Dabei darf man nicht vergessen, dass es überall im Land etwa Schweinebetriebe gibt, die in meinen Augen nichts anderes als Fabriken sind. Ich würde dort nie etwas kaufen, auch wenn das ,regional‘ wäre.“
Maierhofer sieht Trittbrettfahrertum, wenn konventionelle Betriebe auf der „Regional“-Welle mitschwimmen wollen und Preise verlangen, die auf Niveau eines Bio-Betriebes liegen. Gerade wenn Läden „Regional und Bio“ anschreiben müsse das aber nicht heißen, dass jedes Produkt dort regional und (!) bio ist. Der Kunde muss also nicht nur im Supermarkt wachsam sein. Während man als Käufer im Supermarkt oft vor dem Dilemma steht, ein regionales aber konventionelles Produkt mit einem biologischen Produkt aus fernen Ländern konsum-ethisch abzuwägen, hat Maierhofer eine klare Haltung: „Ich schaue zwar, dass ich beides so gut es geht unter einen Hut bekomme beim eigenen Einkauf. Aber wenn es hart auf hart kommt hat Bio bei mir Vorrang vor Regionalität. Seitdem ich mich mit den chemischen Stoffen auseinandergesetzt habe, ist das meine Einstellung.“
Österreich ist im innereuropäischen Vergleich „Bio-Vorreiter“, auch wenn die heimische Branche nach wie vor Minderheitenprogramm ist. Der Blick in den „grünsten“ Zweig der Landwirtschaft zeigt: Er lebt von der Vielfalt. Von „Veteranen der ersten Stunde“, über risiko- und lernfreudige Quereinsteiger und Bio-Umsteiger mit ausgeprägtem Gesundheitsbewusstsein kommen viele verschiedene Ansätze und Erfahrungen, wie biologisches Landwirtschaften betrieblich und kollektiv gedeihen kann. Angesichts des Trends zu immer größeren Höfen und der nach wie vor großteils flächengebundenen EU-Agrarförderpolitik, sieht der Blick in die Zukunft zwar nicht allzu rosig aus. Für Kietreiber ist aber klar: „In Zukunft kann es nicht so laufen, dass einige Große uns ernähren, sondern dass viele Kleine diese Aufgabe übernehmen.“
„Bio ist seit etwa 20 Jahren in aller Munde“, so sieht es auch Schwendinger. Trotzdem ist er nach wie vor Teil einer professionellen Minderheit. Da die Erhebung der Biobetriebe durch die Statistik Austria nur alle zehn Jahre erfolgt und für 2020 erst im kommenden September abgeschlossen wird, sind die aktuellsten Zahlen von 2010. Der Statistik zufolge arbeiteten damals nur 4,6 Prozent oder jeder 22. von insgesamt 3.919 Betrieben in St. Pölten Stadt und Land biologisch. Im Bezirk Krems waren es immerhin 6,6 Prozent oder jeder 15. von 3.447 Betrieben. Da die Zahl der Biobetriebe sich laut Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf NÖ-weit jährlich um 300 erhöht, kann auch für St. Pölten und Krems von einem großen Plus ausgegangen werden. 1980 waren es nur 17 Bio-Betriebe. Österreichweit halten Bio-Bauern zehn Prozent Marktanteil. Laut AMA kaufte jeder heimische Haushalt 2020 für 190 Euro Bio-Lebensmittel ein – 20 Prozent mehr als im Vorjahr.
Schwendinger will Einzelkämpfertum beenden
Für Schwendinger ist diese Entwicklung einer von vielen Gründen zu sagen: „Das Einzelkämpfertum der Bio-Betriebe muss jetzt ein Ende haben.“ Diesem Appell ließ er nun auch Taten folgen und zwar in Form einer „Regionalwert Niederösterreich-Wien AG“, die nun kurz vor ihrer Gründung steht. „Davon gibt es in Deutschland schon einige. Die Grundidee ist, dass wir Betriebe, die Wert auf biologische Lebensmittel legen, besser vernetzen und integrieren.“ Dabei geht es aber nicht nur um die Erzeuger. „Die Regionalwert AG soll Betriebe entlang der gesamten Wertschöpfungskette umfassen. Also vom Samen bis hin zum fertigen Gericht in einer Bio-Gaststätte oder einem Nahrungsmittel in einem Bio-Markt.“ Interessierte Bürger können Aktien erwerben, der Preis liegt bei 500 Euro pro Papier. Mit diesem Geld bietet die Regionalwert AG interessierten Unternehmen verschiedene Instrumente an, je nach Lage und Bedürfnis des Interessenten. Bei der sogenannten Beteiligungspartnerschaft geht es um Betriebe, die Finanzierungsbedarf haben. Die AG beteiligt sich mit ihrem Eigenkapital, wobei auch der gesamte Betrieb in die AG eingebracht werden kann. „Diese Variante ist etwa für neu gegründete Betriebe, solche, die gerade in der Wachstumsphase sind oder erhöhten Investitionsbedarf haben“, erläutert Schwendinger.
Sollte ein Betrieb eine Beteiligung der AG nicht wollen, gibt es weiters die Möglichkeit einer Investitionspartnerschaft. „Hierbei beteiligen wir uns an Wirtschaftsgütern oder Gerätschaften und verpachten oder vermieten sie an Betriebe.“ Weiters seien Lizenzpartnerschaften für Betriebe vorgesehen, die zwar weder Investitions- noch Beteiligungsbedarf haben, aber die Visionen der Regionalwert AG mittragen und von den Vorteilen der Gemeinschaft profitieren wollen. Der obligatorische „Vernetzungsbeitrag“ reicht je nach Umsatz des Betriebs von 300 bis zu 6.000 Euro im Jahr.
Last but not least soll es auch noch Förderpartnerschaften geben, wo Betriebe gegen einen Förderbeitrag etwa das Förderer-Logo verwenden dürfen oder auch von der Regionalwert AG bei verschiedensten Gelegenheiten beworben werden. Die Art der Partnerschaft kann übrigens flexibel geändert werden.
„Wir wollen nicht für die Betriebe da sein, die schon biologisch arbeiten, sondern auch jenen helfen, die gerne diese Schwelle überwinden wollen, aber aus verschiedensten Gründen Hemmungen haben oder es nicht können.“ Dies spiegelt sich auch in den Kriterien für die jeweiligen Partner, die bis 2030 einen 80-prozentigen Anteil ihres Einkaufes an Betriebsmitteln vorweisen sollen. Weiters soll eine Bio-Zertifizierung vorliegen. „Sollte das nicht der Fall sein, muss die Umstellung aber innerhalb von maximal drei Jahren erfolgen“, so Schwendinger. Für Gastronomie- und Handelsbetriebe gilt lediglich die 80-Prozent-Regel.
Kein „schneller Euro“,aber „grüne Rendite“
Wer sich nun dazu entscheidet, seine hart verdienten „Groschen“ in die Regionalwert Niederösterreich-Wien AG zu investieren, den erwartet natürlich keine dicke Finanzrendite. „Der Output für unsere Aktienhalter ist ein besseres, größeres und flächendeckenderes Angebot an Bio-Nahrungsmitteln.“ Die Regional-AG soll laut Schwendinger durch das Mitmachen von Vielen funktionieren. „Wir haben uns dazu entschlossen, eine Höchstgrenze einzuziehen. Niemand soll mehr als 20 Prozent Stimmrecht erhalten“, betont der 66-Jährige.
So locker und flockig, wie die theoretische Idee sich liest, war der Gründungsprozess aber keineswegs. „Ich habe durch die ganze Sache vor allem im juristischen Bereich einiges dazugelernt“, scherzt Schwendinger. „Ein Problem war etwa die Definition des Begriffes ,Region‘. Da gab es bis 2015 ein Gesetz, das Vereinnahmungen von Regionen zu Vermarktungszwecken vorbeugen sollte. Dieses wurde zwar abgeschafft, aber solche Regionalbezeichnungen werden trotzdem nicht gerne gesehen.“ Die Wirtschaftskammern NÖ und Wien hätten schließlich den Namen „Regionalwert Niederösterreich-Wien AG“ als juristisch wasserfeste Variante vorgeschlagen. Letztlich soll es um die Region im 100 Kilometer umfassenden Umkreis um Krems gehen. Auch bei der Zusammenarbeit mit der zuständigen Bank spieße es sich hier und da aus formalen Gründen. „Ursprünglich wollte ich die AG mit einer Handvoll Gründern ins Leben rufen. Mittlerweile sind wir schon 50 Leute, wir haben das dann bei dieser Zahl gedeckelt.“ Fünf Lizenzpartnerschaften seien bereits unterschriftsreif, meint Schwendinger zufrieden.
Wie die deutschen Vorbilder fußt auch seine Regionalwert-AG auf dem Konzept der „Gemeinwohlökonomie“, das von Attac-Österreich-Chef Christian Felber ins Leben gerufen wurde. Attac, eine globalisierungskritische Organisation, verfolgt damit eine Wirtschaftsidee, in der ein Höchstmaß an sozialen und ökologischen Arbeitsweisen nicht als Kosten- und damit Wettbewerbsnachteil wirken soll, sondern umgekehrt. „Messbar soll dies durch klare Kriterien einer Gemeinwohlbilanz werden“, erklärt Schwendinger. Unternehmen mit guter Bilanz sollten in Felbers Vorstellung steuerlich und finanziell bevorteilt werden. Dies ist noch Zukunftsmusik, allerdings folgen bereits hunderte Unternehmen dieser Idee, darunter auch die deutschen Vorbilder der Regionalwert NÖ-Wien AG.
Vom DJ und Festival-Manager zum biologischen Kleinbauern
Etwa 50 Kilometer ostwärts von Schwendingers Bio-Landwirtschaft, in Maria Jeutendorf bei Herzogenburg, inspiziert Michael Kietreiber eines der Beete seiner 3.000 m² umfassenden Fläche. „3.000 m² klingen nach viel, es ist aber tatsächlich nur sehr wenig Platz.“ Über zu wenig Arbeit kann sich Kietreiber, der seinen Bio-Betrieb unter dem Motto „Grünzeug vom Feld“ führt, jedoch nicht beklagen. Vor etwas mehr als drei Jahren vollzog er einen radikalen beruflichen Richtungswechsel. „Zwölf Jahre war ich im Veranstaltungsmanagement tätig, zunächst nur Parties im Club Warehouse, später auch bei größeren Events wie dem Beatpatrol-Festival.“ Für den damals sehr party-freudigen Kietreiber war dies eine tolle, aber auch sehr stressige und lärmende Zeit.
Schließlich setzte ein Persönlichkeitswandel bei ihm ein und brachte die Erkenntnis: „Ich möchte mich beruflich mehr um nachhaltige Dinge kümmern, in einem Beruf, der mir auch etwas mehr Ruhe und Eigenständigkeit bietet. So kam ich zur Bio-Landwirtschaft.“ Wie so oft kam auch hier die Sache auf relativ banale Weise ins Rollen: „Ich begann Youtube-Videos des kanadischen ‚Urban Farmers‘ Curtis Stone und des ,Market Gardening‘-Vorreiters Jean-Martin Fortier anzusehen und war von deren Methoden begeistert. Später hab‘ ich mir auch Bücher besorgt, um mich ins Thema einzulesen.“ Der 34-Jährige gibt sich bescheiden, deutet immer wieder an, noch kein voller Experte zu sein, immer wieder dazuzulernen. „Jedes Gemüse ist anders und bietet seine eigenen Herausforderungen. Und ob eine Ernte gelingt oder nicht – da sind viele Umweltfaktoren zu beachten“, erklärt er. Das „Grünzeug“ aus Kietreibers Sortiment geht mittlerweile querbeet durch die heimische Gemüselandschaft: Paprika, Paradeiser, Chili, Pfefferoni, Fisolen, Karotten, Gurken, Knoblauch und vieles mehr. „Ich arbeite auf Beeten mit Perma-Kulturen. Ein Eckpunkt meiner Arbeit ist, dass ich auf das Umgraben so weit wie möglich verzichte. Der Boden wird, bis auf die oberste Schicht – etwa 5 cm – so belassen, wie er ist und das Anpflanzen vieler verschiedener Arten auf kleinem Raum wirkt ebenfalls positiv.“ Mittlerweile hält er auch einige Hühner. Ein weiterer Vorteil, der Kietreiber den Umstieg zum Bio-Bauern etwas leichter gemacht hat: „Ich benötigte relativ wenig Kapital. Bis auf meinen Einachstraktor arbeite ich mit manuellen, kleinen Gartengerätschaften. Rohstoffe brauche ich auch so gut wie keine und mit 20 Litern Treibstoff komme ich im Jahr etwa aus. Das ist gar nichts.“
Seit 2012 haben in Österreich 19.000 Landwirte ihre Höfe geschlossen. Das sind sieben pro Tag. Angesichts dessen zeigen Beispiele wie jene Kietreibers, dass Menschen sich trotz dieser tristen Lage für den Beruf des Bauern begeistern können, wenn die Bedingungen stimmen. Während die Landwirtschaft sogar akademisch professionalisiert wird, zählt Kietreiber zu den Quereinsteigern, die sich mit einfachsten Mitteln und durch viel Praxis selbst ausbilden und tatsächlich von ihrem agrarischen Schaffen leben können. Kietreiber ist wirtschaftlich stark genug, um sich aller Voraussicht nach noch dieses Jahr einen Angestellten in Vollzeit zur Hilfe zu holen. Was die Vermarktung angeht, will er von Einzelhandelsketten nichts wissen. „Nie würde ich einen Vertrag mit denen unterschreiben“, sagt er mit Nachdruck. „Zu vielen Kunden habe ich ein persönliches Verhältnis, weil die regelmäßig bei meinem Stand am St. Pöltner Domplatz auftauchen. Weiters biete ich auch Abholungen von Gemüsekisten hier in Maria Jeutendorf an und Kunden können Ernteanteile erwerben. Auf Facebook und Instagram liefere ich auch regelmäßige Postings über meine Arbeit.“ Neben Privatpersonen finden sich auch einige Gastro-Betriebe auf Kietreibers Abnehmerliste. Von „Einzelkämpfertum“ in der Bio-Landwirtschaft möchte er nicht sprechen. „Dazu ist die Masse an Leuten, die das betreiben schon zu groß und zu gut vernetzt.“
Konventionelle vereinnahmen die Labels „Bio“ und „Regional“
Obermamau, nordwestlich von St. Pölten. In dieser Ortschaft gibt es nicht viel. Was jedoch sofort ins Auge sticht, ist der Selbstbedienungsladen des Osthofes „Bioplatzl“ Maierhofer, der direkt an einer ehemaligen Bushaltestelle steht. „Das ist für mich ein günstiger Zufall, denn diese Haltestelle können unsere Kunden gleich als Parkplatz nutzen“, lächelt Rudolf Maierhofer, der Chef des Hofes. Er könne sich noch erinnern, wie das Bild des Bio-Bauern in den 80er- und 90er-Jahren war. „Ein Eigenbrötler, nicht gerade die adretteste Kleidung, vielleicht sogar etwas ungepflegt – das war so das gängige Bild“, erinnert
er sich scherzhaft. „Und eine Zeit lang hatte ich selbst Vorurteile gegen die Bio-Wirtschaft“, gibt der 48-Jährige zu.
Maierhofer kommt aus einem bäuerlichen Elternhaus, übernahm 2003 den Obstanbau und den Schweinebetrieb von seinen Eltern, ein konventionell geführter Hof. Ab diesem Zeitpunkt vollzog der Neo-Landwirt den wirtschaftlichen und geistigen Schwenk zum Bio-Betrieb. Die Schweinehaltung stellte er ein, die Obstfläche wurde auf 18 Hektar erweitert und auf Bio-Betrieb mit aktuell acht Mitarbeitern umgestellt. Besonders bildhaft blieb Maierhofer in Erinnerung, als er beobachtete, wie Hühnern konventionell produzierte Nahrung gefüttert wurde und die Tiere diese Mahlzeit verweigerten. „Die Tiere haben das instinktiv in sich zu merken, dass ihnen diese Nahrung nicht gut tut. Wenn schon Tiere so was nicht anrühren, was passiert mit uns Menschen, die wir uns solche Produkte regelmäßig zuführen?“ Eine weitere Bestärkung der biologischen Wirtschaftsweise war die Geburt seiner ersten Tochter, der einige Jahre später die zweite folgte. „Kinder haben einen entscheidenden Einfluss, das merke ich auch bei den Kunden. Vielen Leuten ist die Qualität ihrer Nahrungsmittel so lange egal, bis ein Kind ins Leben kommt. Und wenn es um die Gesundheit der Kleinen geht, da denken viele Menschen dann um.“ Es gibt eine zweite Gruppe, bei denen Maierhofer immer wieder einen radikalen Schwenk zu höherwertiger und biologisch produzierter Nahrung beobachtet: krebskranke Menschen. „Im Unterbewusstsein weiß jeder, dass diese Lebensmittel besser sind. Ich wehre mich auch gegen die Einteilung in ,konventionell‘ und ,biologisch‘. Eigentlich sollte Bio als Maßstab gelten und das, was heute als konventionell bezeichnet wird, ist im Grunde chemisch-synthetische Landwirtschaft.“
Der Selbstbedienungsladen wirkt teilweise wie ein Aushängeschild und das Angebot des Hofes Maierhofer ist äußerst vielfältig. „Uns war schnell klar, dass wir nicht nur die rohe Ware anbieten können, sondern sehr stark auch in die Verarbeitung gehen müssen.“ Von Marmeladen über Chips, Ketchup, Chilisauce, Weine, Essig und Nusserzeugnissen reicht die Produktpalette. „Für die Verarbeitung haben wir natürlich Partner, das machen wir nicht alles selbst“, erklärt Maierhofer. Wie Kietreiber ist auch er am St. Pöltner Markt am Domplatz zugegen, ebenso wie am Markt in Melk, liefert unter anderem nach Wien und hat einen Zwischenhändler, wodurch auch die Einzelhandelsketten Hofer und Billa indirekt einen Anteil seiner Produkte beziehen. Was die beiden Hauptsäulen seines Anbaus – Äpfel und Birnen – angeht, hält er eine Eigenvermarktungsquote von 40 bis 50 Prozent.
In den vergangenen Jahren beobachtete Maierhofer einen Trend, der ihn nachdenklich stimmt: „Ich denke, dass die Begriffe wie ,bio‘ und ,regional‘ oft zu Unrecht miteinander vermischt werden. Beziehungsweise sehe ich bei Kunden eine zunehmende Bedeutung des Begriffes ,regional‘. Dabei darf man nicht vergessen, dass es überall im Land etwa Schweinebetriebe gibt, die in meinen Augen nichts anderes als Fabriken sind. Ich würde dort nie etwas kaufen, auch wenn das ,regional‘ wäre.“
Maierhofer sieht Trittbrettfahrertum, wenn konventionelle Betriebe auf der „Regional“-Welle mitschwimmen wollen und Preise verlangen, die auf Niveau eines Bio-Betriebes liegen. Gerade wenn Läden „Regional und Bio“ anschreiben müsse das aber nicht heißen, dass jedes Produkt dort regional und (!) bio ist. Der Kunde muss also nicht nur im Supermarkt wachsam sein. Während man als Käufer im Supermarkt oft vor dem Dilemma steht, ein regionales aber konventionelles Produkt mit einem biologischen Produkt aus fernen Ländern konsum-ethisch abzuwägen, hat Maierhofer eine klare Haltung: „Ich schaue zwar, dass ich beides so gut es geht unter einen Hut bekomme beim eigenen Einkauf. Aber wenn es hart auf hart kommt hat Bio bei mir Vorrang vor Regionalität. Seitdem ich mich mit den chemischen Stoffen auseinandergesetzt habe, ist das meine Einstellung.“
Österreich ist im innereuropäischen Vergleich „Bio-Vorreiter“, auch wenn die heimische Branche nach wie vor Minderheitenprogramm ist. Der Blick in den „grünsten“ Zweig der Landwirtschaft zeigt: Er lebt von der Vielfalt. Von „Veteranen der ersten Stunde“, über risiko- und lernfreudige Quereinsteiger und Bio-Umsteiger mit ausgeprägtem Gesundheitsbewusstsein kommen viele verschiedene Ansätze und Erfahrungen, wie biologisches Landwirtschaften betrieblich und kollektiv gedeihen kann. Angesichts des Trends zu immer größeren Höfen und der nach wie vor großteils flächengebundenen EU-Agrarförderpolitik, sieht der Blick in die Zukunft zwar nicht allzu rosig aus. Für Kietreiber ist aber klar: „In Zukunft kann es nicht so laufen, dass einige Große uns ernähren, sondern dass viele Kleine diese Aufgabe übernehmen.“