Journalistisches No-Go
Text
Thomas Winkelmüller
Ausgabe
Superlative sind im Journalismus Anlass über etwas zu berichten. Wohl auch deshalb scheint sich aktuell fast jeder für die Erhaltung der der Wiener Zeitung einzusetzen. Über die Qualität des Blattes traue ich mich nicht zu urteilen. Gelesen habe ich sie kaum. Alles in allem befürchte ich aber, wird es sich um einen leisen Tod handeln, der unserem Medienmarkt mehr schaden als helfen wird.
Aber nicht das, was bald fehlen wird, bereitet mir ernste Sorgen, sondern vielmehr der Plan, was daraus entstehen soll: Eine Ausbildung für Journalisten, finanziert vom Bundeskanzleramt und dem direkt unterstellt. Eine gewisse Kompetenz in Sachen Medienarbeit mach ich den Mitarbeitern dort nicht streitig – wenn ich richtig zähle, beschäftigen sich unter Karl Nehammer damit 73 Menschen.
Doch wenn das Bundeskanzleramt die Oberhand über journalistische Kompetenzvermittlung gewinnt, läuten bei einem jeden Journalisten die Alarmglocken. Erschwerend kommt dazu, dass das „Media Hub Austria“, wie das Weiterbildungsinstitut der Wiener Zeitung heißt, nicht einfach größer werden soll. Mit fünf Millionen Euro ist dessen Finanzierung marktbeherrschend hoch angesetzt.
Als Absolvent von fast einem Dutzend unterschiedlicher Aus- und Weiterbildungen im Journalismus läuft es mir kalt auf. Die oberste Priorität im Journalismus ist Unabhängigkeit. Wir müssen Leser unbeeinflusst und nur mit deren Interesse im Hinterkopf informieren.
Wenn das schon in der Ausbildung in den Hintergrund gerät, dann gute Nacht.