MFG - Florian Krumböck, Abgeordneter zum Landtag (ÖVP)
Florian Krumböck, Abgeordneter zum Landtag (ÖVP)


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Florian Krumböck, Abgeordneter zum Landtag (ÖVP)

Text Michael Müllner
Ausgabe 05/2023

Meine Aufgabe im Landtag heißt Chancen bringen für St. Pölten und die Region rundherum.

Sie haben an der FH St. Pölten Ihr Bachelor-Studium abgeschlossen und studieren berufsbegleitend an einer britischen Universität ein Online-Masterprogramm „Political Management“. Warum? 
Ich wollte schon nach meinem Bachelor-Abschluss ein Master-Studium anhängen, aber beruflich ging sich das damals nicht aus. Seit 2021 studiere ich nun online und beschäftige mich verstärkt mit Nachhaltigkeit und Compliance. Es bleibt zwar leider sehr wenig Zeit für das Studium, aber für mich ist dieser Ausgleich spannend. Ich genieße es, ein Thema auf wissenschaftlicher, theoretischer Ebene in der Tiefe zu bearbeiten – quasi als Kopffutter neben dem ganzen Wahnsinn, der sich tagespolitisch so tut.

Sie arbeiten mehr als zehn Jahre in der Politik. Wie geht es Ihnen mit dem Begriff „Berufspolitiker“? Fehlt einem der Bezug zur „realen“ Welt oder braucht es diese totale Fokussierung auf die Politik? 
Ich war schon immer ein zutiefst politischer Mensch und wollte immer mitarbeiten und einen Unterschied machen – wobei ich eher gedacht habe, das im Hintergrund zu tun. Das habe ich dann als Pressesprecher oder in der Kommunikationsabteilung ja auch lange gemacht. Ich habe eigentlich nie nach einem Mandat gestrebt und anderen den Vortritt für die erste Reihe gelassen. Dann war plötzlich die Chance da es selber zu versuchen, als mir die Landeshauptfrau die Möglichkeit gab, als Bundesrat tätig zu werden. Mein Zugang ist: Nichts anstreben, aber dann auch nicht Nein-sagen, wenn man Verantwortung angeboten bekommt. Ich bin der jüngste Mandatar im ÖVP-Klub, und dort mitgestalten zu können, das ist eine wirkliche Chance. Es ist ja so: Ich kann meinen Mund nicht halten. Das konnte ich schon in der Schule nicht, egal ob in der Schülervertretung oder dann als Zivi-Sprecher im Krankenhaus – mir ging es immer darum, Dinge besser zu machen, wenn etwas nicht ganz rund läuft. Und wenn man dann – auch gerade als junger Mensch – eine Chance und Verantwortung bekommt, ja dann geht Kneifen auch nicht. Dann muss man schon mehr tun, als immer nur gescheit daherreden. 

Es gibt den Spruch, im ÖVP-Klub gelte: „Hände falten, Goschen halten“. Lässt die ÖVP kritische Meinungen intern zu? 
Ich bin einer, der ständig Dinge hinterfragt – und demnach kann ich auch sehr anstrengend sein. Ich glaube aber auch, dass man weiß, dass es mir um das große Ganze geht und nicht per se darum nur Kritik zu üben. Es ist generell mein Politikverständnis, dass es mir um die besten Lösungen in der Sache geht. Darum verstehe ich auch keine politischen Angriffe auf der persönlichen Ebene. Wir können gerne massiv auf der inhaltlichen Ebene streiten, darüber was ein Gemeinderat oder ein Landtag zu tun hat. Aber nicht aus Boshaftigkeit oder Eitelkeit andere kritisieren. 

Sie kennen beide Welten: als lästiger, aber machtloser Oppositionspolitiker im St. Pöltner Gemeinderat, in dem die SPÖ eine absolute Mehrheit hat, und nun als Teil der seit Jahrzehnten entscheidenden ÖVP im Landtag...
Ich fand es in den letzten Jahren sehr spannend beide Rollen zu kennen: einerseits absolute Oppositionsarbeit, andererseits absolute Regierungsarbeit. Dazu noch meine bundespolitischen Erfahrungen, wo wir ja in einer Koalition arbeiten. Das hilft mir sehr dabei eine gemeinsame Basis mit anderen Fraktionen zu finden. Grundsätzlich sind die Möglichkeiten einer Oppositionspartei im Landtag an Informationen zu kommen und an Entscheidungen teilzuhaben deutlich besser, als wir es im St. Pöltner Rathaus erleben. 

Warum hat die ÖVP so massiv viele Stimmen verloren?
Wir sehen auch bei anderen Wahlen, dass Regierende verlieren und dass das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler während dieser multiplen Krisensituation immer mehr verloren gegangen ist. Jetzt gibt es manche, die einfache Lösungen propagieren. Die aber nicht funktionieren. Und wir sehen, auch von der Bundespolitik abwärts, dass wir zwar viel damit beschäftigt waren, den Leuten zu erklären, warum diese vermeintlich einfachen Rezepte nicht funktionieren, aber dass wir dabei vergessen haben zu erklären, dass wir parallel dazu an echten Lösungen arbeiten und dass wir für diese das Vertrauen der Menschen gewinnen wollen. Für das Wahlergebnis in Niederösterreich war diese „Großwetterlage“ entscheidend, aber ich nehme uns nicht aus der Verantwortung mit dem, wie und worüber wir Wahlkampf geführt haben. Das hat auch nicht gereicht, um diesen Trend einzubremsen. 

War die Vereinnahmung des Landes im Wahlkampf mit der Gleichsetzung von Land und Partei und diese massive blau-gelbe Materialschlacht falsch?
Niederösterreich hat sich unter maßgeblicher Verantwortung der ÖVP in den letzten Jahrzehnten sehr gut entwickelt. Dass wir als Partei uns auch zu dieser Landesidentität und einer Art von Landesstolz bekennen, finde ich schon in Ordnung. Ich denke es ist uns nicht gut genug gelungen mit wichtigen Botschaften in Richtung Zukunft durchzudringen. Das ist uns früher vielleicht besser gelungen. Dafür ist die Kinderbetreuungsoffensive ein gutes Beispiel, die ja gerade in der Stadt St. Pölten große Verbesserungen bringt. Wir haben auch einen umfangreichen Plan zum Ausbau erneuerbarer Energien. Über all das haben wir nicht intensiv genug gesprochen. Diese großen Zukunftsbilder haben wir nicht gut genug in den Köpfen verankert und gleichzeitig die umgesetzten Maßnahmen zur Bekämpfung der aktuellen Krisen nicht gut genug vermittelt. Es muss uns gelingen, den Leuten klar zu zeigen, dass wir sie ernst nehmen, dass wir ihre täglichen Probleme erkennen und daran arbeiten. 

War es nicht auch ein Problem der ÖVP, dass man versucht hat den Stimmenverlust zur FPÖ zu begrenzen indem man auch eine populistische Suppe gekocht hat – die aber dann halt doch im Original besser angekommen ist? 
Politik muss zwei Dinge können: Erstens inhaltlich gescheit arbeiten. Das ganze aber zweitens auch so zu kommunizieren, dass es in den Herzen und Gehirnen der Menschen ankommt. Das Zweite können Populisten sehr gut. Aber meistens fehlt das Erste, das Fleisch in der Suppe, dass überhaupt ein handfester Inhalt da ist. Wir in der ÖVP sind gut im Ersten, wir verzetteln uns aber oft in inhaltlichen Detaildebatten und vergessen dann darauf Verständnis für das Thema zu schaffen. 

Die Krisen der letzten Jahre werden als Argument gebracht, dass Regieren schwierig ist und Wähler enttäuscht sind. Müssten nicht gerade mächtige, etablierte, finanzstarke Parteien wie die ÖVP aus solchen Krisen als Regierungspartei gestärkt hervorgehen, eben weil sie es schaffen Erfolge bei der Krisenbekämpfung zu kommunizieren?
Ich glaube wirklich, dass es in der DNA unserer Funktionärinnen und Funktionäre liegt, lieber zu arbeiten, als über die Arbeit zu reden. Da fange ich bei den Gemeinderäten an und gehe bis ganz nach oben. Das gilt auch bei Oppositionskandidaten, die sich in Projekten engagieren, auch wenn sie keine „Regierungsverantwortung“ haben. Da will man oft was auf der Sachebene weiterbringen, aber dann bleibt oft die Kommunikationsarbeit liegen. Und man muss sagen, dass sich die Art und Weise, wie sich die Öffentlichkeit über Politik informiert, in den letzten Jahren massiv verändert hat – Stichwort: Mediennutzung.

Der Landtag hat neben der Kontrollfunktion gegenüber der Landesregierung und der Landesverwaltung auch eine gesetzgebende Funktion. Wäre es nicht an der Zeit diese neunfache Landesgesetzgebung zu reduzieren und die Spielregeln österreichweit zu vereinheitlichen?
Die Abgeordneten der Landtage sind ganz nahe dran an der Bevölkerung und für diese gut greifbar. Ich glaube, dass es darum auch eine Frage der Legitimität ist, wo Gesetze gemacht werden. Wir sollten auch die Kompetenz der Landespolitik nicht unterschätzen, etwa beim öffentlichen Verkehr, dem Pflichtschulbereich, bei Gesundheit und Pflege. Dass hier die Länder eigene Lösungen finden, führt meiner Meinung nach dazu, dass es einen gewissen, positiven Wettbewerb gibt.

Die Volkspartei wollte sich im Wahlkampf als seriöse, das Land vor den Populisten schützende Partei präsentieren. Nun regiert man mit der FPÖ und redet sich auf das Wahlergebnis aus. Wie sollen Bürgerinnen und Bürger die Politiker noch ernst nehmen? 
Wir haben das Wahlergebnis demütig zur Kenntnis genommen. Ich sehe es also nicht als Ausrede, wenn wir sagen, dass wir aufgrund des Wahlergebnisses nicht anders konnten. Immerhin haben wir ja als erstes mit der drittplatzierten Partei, der SPÖ, Verhandlungen aufgenommen. Mein Wunsch wäre es gewesen, dass diese Gespräche auch zu einem positiven Ergebnis geführt hätten. Aber offenbar waren entscheidende Teile der SPÖ schon in Richtung Opposition unterwegs, was sich auch daran gezeigt hat, dass manche Forderungen einfach unglaublich viel Steuergeld gekostet hätten. Das ging sich für uns nicht aus. Somit blieb nur mehr die Variante mit der FPÖ, bei der wir auf einer inhaltlichen Ebene oft ähnliche Ansichten haben und dadurch Themen einfacher umsetzen können, etwa bei der Kinderbetreuungsoffensive. 

Bei einigen Eckpunkten des Arbeitsübereinkommens wunderte man sich aber schon, was die FPÖ ernsthaft forderte und dass die ÖVP dem tatsächlich zustimmt. Etwa beim oft zitierten Corona-Fonds, der mit faktenbasierter Gesundheitspolitik nichts zu tun hat.
Dieser Fonds ist ein schönes Beispiel, dass manches medial oft verkürzt rüberkommt. Es geht ja nicht darum, dass wir alle Strafen zurückzahlen und die Leute, die sich an alle gesundheitspolitisch sinnvollen und notwendigen Maßnahmen gehalten haben, die Dummen sind. Ziel ist es, jene Strafen zurückzuzahlen, die sich auf Bestimmungen gestützt haben, die der Verfassungsgerichtshof nachträglich aufgehoben hat. Das ist nur ein Bruchteil des Fonds und betrifft nur wenige 100 Strafen. Rund 99 Prozent des Fonds wird für die Bekämpfung der Pandemiefolgen aufgewendet, da gibt es genug Sinnvolles zu tun, etwa Menschen mit Long-Covid unterstützen oder Psychotherapien für Kinder und Jugendliche fördern, denen es in dieser Zeit wirklich nicht gutgegangen ist. Das ist dabei die Handschrift der ÖVP.

Wie lösen Sie als Verkehrspolitiker das Streitthema S34?
Es gibt einen Vorschlag, der mit dem zuständigen Ministerium abgestimmt ist. Das Projekt wird redimensioniert und damit der Flächenverbrauch deutlich reduziert. Es ist Aufgabe des Ministeriums, gemeinsam mit der ASFINAG dahingehend einen neuen Plan zu liefern, natürlich innerhalb des bestehenden Genehmigungsumfangs, damit dieser ganze jahrelange Prozess nicht von vorne beginnt. Die Aufgabe des Bürgermeisters ist es, Ersatzflächen für die Landwirte zu finden, denn ich verstehe junge Landwirte, die ihren Beruf weiter ausüben wollen und die rasche Klarheit über geeignete Ersatzflächen brauchen. Es ist unstrittig, dass wir verkehrspolitisch diesen Bypass für St. Pölten brauchen, für die Gewerbe- und Industriegebiete, aber auch um den Verkehr aus der Stadt rauszubekommen, wovon die ganze Stadt profitiert, nicht nur ein Ortsteil im Süden.

FLORIAN KRUMBÖCK
Geburtstag: 10.09.1991
Wohnort: St. Pölten 
Partei: ÖVP
Vorzugsstimmen: 2.295
Sitzplatz im Landtag: 96 
Krumböck ist seit 2010 Pressesprecher, anfangs für die Stadtpartei, seit 2018 für Finanz- und Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko. Von 2011 bis 2018 leitete er die digitale Kommunikation der ÖVP. Seit 2016 ist er Gemeinderat, seit 2021 ÖVP-Klubobmann im Rathaus. Von 2021 bis 2023 war er Bundesrat, seit der Wahl 2023 ist er Abgeordneter zum Landtag und Obmann-Stellvertreter im Verkehrsausschuss.

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Foto NLK Reinberger

 
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