MFG - Unterbelichtet
Unterbelichtet


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Unterbelichtet

Text Christoph Wagner
Ausgabe 12/2007
Es steht die Zeit des Jahres ins Haus, die sich ähnlich entspannt verhält, wie ein Schwarm Lachse beim Versuch, eine knapp nicht überwindbare Wehr zu überspringen. Als Pendler kann man sich das ganze Jahr über zwei Mal werktäglich ganz gut in die Lachse hineinversetzen. Aber anstatt rumpelstilzchengleich den Fuß in den Boden zu rammen, wenn die ÖBB die Grenzen der eigenen Leidensfähigkeit ausloten, könnte das Finale des Jahres zu einer Übung in Gleichmut genutzt werden. Hier einige Verhaltensempfehlungen für ein besinnlicheres Pendeln: Setzen sie bitte ein so breites Lächeln auf, dass neben ihnen selbst der Dalai Lama wie ein trauriger Pantomime wirkt, wenn just in dem Moment, als der Zug 100 Meter vor dem Bahnsteig St. Pölten den Betrieb einstellt, der Lautsprecher das Wort „Betriebsaufenthalt“ hinausquäkt und sich die unterste Schicht ihres Wintergewandes mit Schweiß voll zu saugen beginnt, eine Frau im Wagon auftaucht und einen Bewertungsbogen mit den Worten „ob eh alles gepasst hat“ verteilt. Nützen Sie in dieser Situation unbedingt die Gelegenheit und lachen sie befreit auf, wenn ihnen ein Fremder erzählt, dass kürzlich ein Schaffner per Lautsprecherdurchsage die Fahrgäste informiert hat: „Aufgrund von Bauarbeiten auf der Strecke ist der Zug eine Minute verspätet.“ Behalten sie sich die gute Laune, wenn Sie am nächsten Morgen noch immer vergnügt vor sich hin glucksend zum Bahnhof zurückkehren und der Fahrkartenautomat ihre Zieleingabe „Purkersdorf“ mit einem trockenen „Diese Funktion ist derzeit nicht verfügbar“ kontert. Ein besinnliches Fest und rutschen Sie gut.