MFG - Was kostet es die Zukunft zu gestalten?
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St. Pöltens gute Seite

Was kostet es die Zukunft zu gestalten?

Text Michael Müllner
Ausgabe 09/2024

Die Berta von Suttner Privatuniversität möchte die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten. Berufsbegleitend studiert man hier die Zukunftsthemen Soziales, Psychologie und Psychotherapie. Die Gegenwart prägt aber auch ein chronisches Budgetloch. Wohin will die Suttneruni?


Erlöse um 578.000 Euro, zugleich stieg aber der Personalaufwand um 757.000 Euro noch stärker an, auf stolze 2 Millionen Euro pro Jahr. Auch die Aufwendungen für Mieten und Werbung erhöhten sich deutlich, auf den zuvor zitierten Jahresverlust von rund einer Million Euro. Von einem Break-Even-Point scheint man weit entfernt. Im Prüfbericht merkt der Wirtschaftsprüfer aufgrund des negativen Eigenkapitals an, dass der Fortbestand des Unternehmens von der Aufrechterhaltung der Finanzierung durch die Gesellschafter abhängig ist – also der Stadt St. Pölten, welche durch nachrangige Darlehen Geld zuschießen muss. Der Finanzplan 2024 bis 2030 sieht laut dem Wirtschaftsprüfer ein positives Ergebnis 2028 vor. Es wird wohl noch eine Zeit lang dauern, bis aus derartigen Überschüssen eine Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen erfolgen kann – wenn überhaupt.

Uni-Ambulanz und Angebotsplus
Inhaltlich entwickelte sich die Suttneruni unterdessen konsequent weiter. Dank erfolgreicher Akkreditierung durch die AQ Austria, kann man ab dem Wintersemester 2024 Psychologie mit 30 Studienplätzen berufsbegleitend studieren (4.900 Euro je Semester im Bachelorstudium, auch ein Masterstudium wird später aufbauend angeboten). In den letzten Monaten stand die gesetzlich vorgesehene Re-Akkreditierung ins Haus, dabei überprüft eine Aufsichtsbehörde die Entwicklungspläne sowie die Qualität der praktischen Umsetzung und entscheidet, ob die Privatuni weitermachen darf. Die formalen Beschlüsse werden im Herbst 2024 erwartet, das Rektorat freut sich über ein sehr gutes Gutachten der Experten, die vor Ort den Betrieb durchleuchtet haben und erwartet darum eine Re-Akkreditierung ohne Auflagen. Besonders zufrieden waren die Studierenden bei einem wesentlichen Anspruch der BSU, der „Studierbarkeit“.
Eine für die Allgemeinheit zugängliche Uni-Ambulanz wurde 2023 eröffnet. Jeder kann sich an diese Ambulanz im Gesundheitszentrum in der Maximilianstraße wenden, um dort Beratungs- und Therapieangebote in Anspruch zu nehmen. Studierende und Lehrende von Sozialer Arbeit und Psychotherapie sind dort tätig, Klientinnen und Klienten erhalten günstige Angebote, Studierende sammeln Praxiserfahrung unter Supervision. 
Die wesentliche Zukunftsfrage für die Sutteruni wird wohl auch in der Psychotherapieausbildung liegen, welche gesetzlich neu aufgestellt wurde. 500 öffentlich finanzierte Studienplätze soll es künftig österreichweit geben. Bisher war die Ausbildung zur Psychotherapeutin bzw. zum Psychotherapeuten nur in privaten Einrichtungen möglich – und das zu sehr hohen Kosten. Werden nun öffentlich finanzierte und damit vergleichsweise kostengünstige Studienplätze die Sutteruni ad absurdum führen? Oder startet man  in dem bereits etablierten Rahmen mit einem öffentlich finanzierten Vollzeitstudium, flankiert von weiterhin privat bezahlten berufsbegleitenden Studien, wie dies etwa bei Sozialer Arbeit und Psychologie schon heute möglich ist? 

Versorgungsloch
Wir sprechen darüber mit Rektor Peter Pantuček-Eisenbacher und Studienprogrammleiter Michael Wininger. Sie führen aus, dass diese öffentlich finanzierten Studienplätze in der Planung der Sutteruni keine Rolle spielen, da Privatunis grundsätzlich nicht direkt vom Bund finanziert werden dürfen. Doch wie soll das dann funktionieren, wenn man an öffentlichen Universitäten „gratis“ Psychotherapie studieren kann, während man zum Studieren an der BSU tief in die Tasche greifen muss? Michael Wininger: „Knapp zehn Prozent der Bevölkerung in Österreich haben Bedarf an psychotherapeutischer Unterstützung und wären bereit, sich diese zu organisieren. Aber nicht mal drei Prozent der Bevölkerung bekommen teilstaatlich finanzierte Behandlungen, sprich einen Teil der Behandlungskosten tragen die staatlichen Gesundheitskassen. Daran sieht man, dass ein wesentlich größerer Bedarf an qualifizierten und leistbaren Behandlungsangeboten besteht. Wenn wir nur das heutige Niveau des Versorgungsgrads halten wollen, welches ja eigentlich viel zu gering ist, dann brauchen wir in Österreich in Zukunft jährlich rund 1.200 bis 1.300 Absolventen. Jetzt sind 500 Plätze von der Politik im Rahmen öffentlicher Universitäten angekündigt. Somit bleibt noch immer ein gewaltiges Loch in der Versorgung. Wenn wir unser Ziel schaffen, dass aus St. Pölten jährlich hundert Absolventen auf den Markt kommen, dann sind wir ein Teil der Lösung dieses gesellschaftlichen Problems. Man sieht klar, dass private Anbieter weiterhin nachgefragt werden.“  
Doch wenn der Bedarf an Absolventen und das Interesse an Studienplätzen so groß ist, wieso stockt man dann nicht die Ausbildungsplätze auf? Peter Pantuček-Eisenbacher: „Wir sind eine privatrechtlich organisierte Universität, das heißt nur, wir werden nicht vom Bund finanziert. Aber wir sind keine Uni, deren Eigentümer privatwirtschaftliche Ziele verfolgen – wir dürfen gar keine Gewinne machen. Natürlich verfolgen wir gemeinsam mit der Stadt St. Pölten als unserer Haupteigentümerin das sinnvolle Ziel, dass wir die laufenden Kosten über Studienbeiträge decken können. Es ist eine Erfolgsgeschichte, dass die Stadt mittlerweile nur mehr 30 Prozent unserer Gesamtkosten zuschießen muss – und nicht mehr 70 Prozent wie früher. Aber wenn wir in einem Studiengang die Plätze beispielsweise von 30 auf 60 verdoppeln wollen, dann müssen wir das doppelte Lehrpersonal bereitstellen. Das sind dann wieder hohe Anlaufkosten, bis man letztlich diese zusätzlichen Plätze vollbekommt und sich wieder alles im Businessplan bewegt. Wobei man auch sagen muss, dass die Studiengebühren nicht ausreichen können, um alle Kosten des Betriebes zu tragen.“ Michael Wininger ergänzt: „Der Begriff einer Privat-Universität weckt leider oft falsche Assoziationen. Bei uns können Sie sich nicht mit viel Geld einen Titel kaufen. Aber wir bieten hoch qualitative Lehre mit modernsten Methoden an. Bei uns studieren beispielsweise Menschen Psychotherapie, die nicht aus einem wohlhabenden Haus kommen, sondern die neben dem Studium arbeiten gehen müssen, um sich den Traum dieser teuren Berufsausbildung zu ermöglichen.“
So gesehen ist die Berta von Suttner Privatuniversität St. Pölten das Gegenteil von „Privat“. Nämlich eine von der Stadt St. Pölten mit rund einer Million Euro jährlich bezuschusste Bildungseinrichtung, die dringend benötigte Arbeitskräfte ausbildet, auch in der Hoffnung, damit einen möglichst hohen Versorgungsgrad in dieser Region bei diesen Berufsfeldern zu erreichen und zugleich auch einen wissenschaftlichen Raum für diese zukunftsweisenden Themenfelder in St. Pölten zu etablieren. Also durchaus eine Aufgabe für unsere Gesellschaft und nichts, was man dem freien Markt überlassen möchte.

FAKTENBOX
Die Entwicklung der Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten anhand von Zahlen, immer bezogen auf Sommersemester 2024 im Vergleich zum Sommersemester 2023:
• 258 ordentliche Studierende (zuvor: 254), davon 134 BA Soziale Arbeit, 95 BA Psychosoziale Interventionen, 17 MA Psychotherapie und 12 andere Studien.
• 117 außerordentliche Studierende in Universitätslehrgängen oder Summer Schools (zuvor: 75)
• 143 AbsolventInnen (zuvor: 92)