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St. Pöltens gute Seite

Drachentöterinnen

Ausgabe 03/2014

Schickt man sich an, eine große Magazinstrecke unter dem offensichtlich überfrachteten Reizwort „Feminismus“ zu machen, lassen die Reaktionen nicht lange auf sich warten.

So bescherte uns unser facebook-Aufruf, die Damen mögen uns doch bitte Fotos fürs Cover zuschicken, sogleich den reflexartigen Einwand „Warum immer wieder Feminismus?“
Ganz einfach, weil zwar gesetzlich weitestgehend Gleichberechtigung hergestellt ist, sie aber in der Realität noch immer nicht gänzlich durchgesetzt ist. 
Sie ist es nicht – und ich gebe nur ein paar Splitter persönlicher Erfahrungen wider – solange Frauen, die ihre Karriere rasch nach der Entbindung wieder aufnehmen, als „Rabenmütter“ abgestempelt werden, im selben Atemzug aber keiner die Frage aufwirft, ob stattdessen der Mann in Karenz geht.
Sie ist es nicht, solange Männer mehr verdienen als Frauen. Das zeitigt auch im Hinblick auf die Karenz – womit sich die Katze in den Schwanz beißt – Auswirkungen, weil in der Regel der Besserverdiener arbeiten geht. 
Sie ist es nicht, solange Frauen, die ganz bewusst länger bei ihren Kindern bleiben möchten, von Kolleginnen angefeindet werden, weil sie durch Verzicht auf Karriere „die Sache der Frauen verraten“.
Sie ist es nicht, solange Männer, die den Papamonat in Anspruch nehmen oder in Karenz gehen, als Superhelden gefeiert werden. Oder hätten Sie schon jemals gehört, dass jemand zu einer Mutter sagt: „Finde ich großartig, dass du in Karenz gehst.“ 
Sie ist es nicht, solange Medien – im besonderen die kaum an Schizophrenie zu überbietenden „Frauenmagazine“ – ein völlig verzerrtes Bild der Realität zeichnen und Druck ausüben, indem sie von „starken Frauen“ schwafeln, die alles locker-flockig – Kind, Beruf, Ehe, Haushalt – unter einen Hut bringen, dabei aber gerne unerwähnt lassen, dass diese Beispiele häufig aufgrund höheren Wohlstandes Hilfe in Form von Putzfrauen (!), Nannys (!) & Co. zukaufen können, während sich Otto Normalverbraucherin zerreißt. Vom brutalen Existenzkampf der Alleinerzieherinnen gar nicht erst zu sprechen – und die Rolle des Mannes bleibt in diesen Artikeln unerwähnt. 
Sie ist es nicht, solange durch die Überbetonung des Geschlechts nur Scheingefechte an Nebenfronten ausgetragen werden (z.B. der Binnen-I Wahnsinn), während der Blick auf das Wesentliche, nämlich die Gleichberechtigung von Menschen (egal welchen Geschlechts), verstellt wird. 
Sie ist es nicht, solange es in der Debatte zu einer Verwechslung der Begrifflichkeiten „Gleichberechtigung“ und „Gleichheit“ kommt. Frauen müssen nicht Männer und Männer keine Frauen werden.  Sie müssen aber die selben Chancen und Entfaltungsmöglichkeiten haben und frei entscheiden können. 
Die Gleichberechtigung ist noch nicht gänzlich Realität, die Richtung stimmt aber. Den Gesetzen müssen Taten folgen, wobei der entscheidende Schlüssel die Erziehung ist, ganz im Sinne Pestalozzis Wort: „Erziehung ist Liebe und Vorbild.“ Wenn die Erwachsenen Gleichberechtigung vorleben, wird sie auch REaltität werden, und wir werden darüber nicht mehr schreiben müssen, weil sie kein Thema mehr ist. 
Es bedarf dazu Konsequenz, zugleich aber bitte auch Gelassenheit. Man muss etwa keinen feministischen Zuckaus bekommen, nur weil der Junior mit der Oma Prinz und Prinzessin spielt „und Maxi-Prinz hat die Prinzessin gerettet. Dafür hat sie ihm als Belohnung etwa Gutes gekocht!“ Okay, ein modernes Rollenbild sieht anders aus – andererseits hat die Oma aber auf ihrer „Zauberwand“ auch Weisheiten wie jene Jodie Fosters hängen: „Natürlich tun mir die Männer leid, aber die letzten paar tausend Jahre haben sie es doch wirklich gut gehabt.“ 
Die Mischung passt also, und spätestens seitdem ein 7 jähriges Mädchen von LEGO eine Erklärung forderte, warum denn immer nur die Lego-Männchen die Helden sind, während die Lego-Damen klischeemäßig shoppen oder zum Friseur gehen, dürfte auch hier alsbald Normalität einkehren. Dann werden auch Prinzessinnen den bösen Drachen besiegen, während der Prinz zuhause mit dem Essen wartet – und umgekehrt. Ist doch egal – Hauptsache die beiden sind glücklich und fühlen, nein SIND gleichberechtigt!