MFG - In was für einer Stadt leben wir eigentlich...
In was für einer Stadt leben wir eigentlich...


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

In was für einer Stadt leben wir eigentlich...

Ausgabe 06/2014
In der zuletzt die Frage „Ja, derfen’s denn des?“ die Runde machte. Als nämlich plötzlich die Fassade des Hauses Domgasse 4 farbenfroh aufblühte, dauerte es nicht lange, bis der mfg-Facebook-Beitrag dazu tausende Male angeklickt war und viele Berufene einen Wortkleckser hinterließen. Aber, Überraschung: Die meisten Poster zeigen sich erfreut über den Graffiti-Hingucker mitten in der City. Von „Yeah, gern weiter so!“ über „Ist doch super, dass das in dieser Stadt endlich möglich ist“ bis „Absoluter Eye-Catcher, schön, bunt, modern“ reichen die strahlenden Kommentare, gedämpft von feinsinnigen Könnern: „Nicht alles, was mit Farbe gemacht wird, stammt von Künstlern.“ Und: „Was ist mit Denkmalschutz?“ Ja, der hat die Werbe-Malerei für das Fashionshop Monte Hegro mittlerweile temporär genehmigt, und die NV Immobilien-Gesellschaft als Eigentümer verspricht noch mehr Graffiti-Fassaden in der Stadt. St. Pölten bleibt bunt! In einer, die nicht existiert. Die quasi ein weißer Fleck auf der Landkarte ist, oder zumindest ein schwarzes Loch in der Wahrnehmung der Tourismusverantwortlichen des Landes. Die haben nämlich ganz stolz die „Tourismusstrategie Niederösterreich 2020“ präsentiert, hochprofessionell, mit Leitlinien und Zielvorgaben inklusive wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen – aber ohne die Landeshauptstadt. St. Pölten kommt in der 23-Seiten-Hochglanzbroschüre mit Landeslogo-Cover nicht vor, gar nicht. Lebenslust, Wohlbefinden und Abenteuer sind die Schlagwörter, die Menschen ins Land locken sollen, Kunst- und Kultur-Angebote konkrete Offerte dazu. Aber nicht die im Festspielhaus, im Landestheater, in der Bühne im Hof. Nicht St. Pöltens barocke Architektur, nicht die moderne Regierungsviertel-Landschaft. Kultur gibt’s nur in Grafenegg, meinen die Landesstrategen, und: Kunst kommt nach Krems.