MFG - In was für einer Stadt leben wir eigentlich...
In was für einer Stadt leben wir eigentlich...


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

In was für einer Stadt leben wir eigentlich...

Ausgabe 06/2013
In der Politiker für ein gutes Foto schon gern mal ihre Seele verkaufen. Um vom Volk geliebt und daher gewählt zu werden, nutzen sie zum Beispiel Umweltkatastrophen wie das Hochwasser an der Donau und lassen in Funk, Fernsehen und freundschaftlich verbundenen Printmedien perfekt inszenierte Betroffenheitsszenarien ablaufen/abdrucken – in Gummistiefeln, vor der Flut-Kulisse oder in gefährlich schwankenden Zillen mit geretteten Rehkitzen im Arm, mit sorgengekräuselter Stirn, immer eine Träne im Knopfloch.
Ein bisserl zu künstlich, ein bisserl zu glatt, ein bisserl zu vorhersehbar, um als gute Show beklatscht zu werden. Muss ja auch nicht sein werte Damen und Herren. Wär doch sympathischer, wenn unsere Volksvertreter ihren Job ohne Theaterdonner machen. Und außerdem könnten sie die Energie und Zeit, die sie in täglich neue Presse-Floskeln und sorgfältig komponierte Bilder stecken, für effizientes Krisenmanagement nutzen. Den Authentizitäts-Bonus gäb’s bei „drama!“-freiem Verhalten automatisch dazu.
In der zum Glück die Colts im Normalfall nur bei Schießübungen oder Schießbewerben rauchen, bisweilen aber auch politisch scharf geschossen wird – leider häufig mit peinlichen Rohrkrepierern. So echauffierte sich unlängst eine SP-Stadträtin über eine Gemeinderatskollegin anderer Couleur, weil diese im Zuge eines Schießbewerbes des Landeskriminalamtes Niederösterreich doch glatt, umringt von Männern, für ein Foto posiert hatte. Schnell war da von „Verharmlosung von Gewalt“ die Rede, dem nicht genug, brachte die Stadträtin Foto und Schießbewerb in Verbindung mit dem tragischen Mord am kleinen Berk vor einem Jahr. „Gerade in St. Pölten, angesichts des Jahrestages des Mordes an einem Kind, sollte der Umgang mit Waffen besonders sensibel und überlegt gehandhabt werden.“ Freilich gilt dies auch für den Umgang mit Worten! Denn den tragischen Vorfall in diesem Kontext zu bringen und politisch zu instrumentalisieren, ist an Unsensibilität und Geschmacklosigkeit wirklich nur schwer zu übertreffen.
In der sich im nahen Traismauer im Zuge der Hochwasserkatastrophe eine „abgeschmackte“ Episode abspielte. So hatte die „Muslimische Jugend Österreichs“, wie zahlreiche andere Vereine, ihre Mitglieder zur freiwilligen Mithilfe beim Wiederaufbau aufgerufen: „Genau in diesen Momenten braucht uns Österreich!“ Während betroffene Hochwasseropfer die helfenden Hände mit offenen Armen und dankbar empfingen, war sich ein FP-Mandatar nicht zu schäbig, auf der offiziellen Facebook-Site der FPÖ Traismauer (nicht auf seiner persönlichen!) sein krudes Weltbild, das offensichtlich selbst Schicksalsschlägen und menschlichen Tragödien in der Nachbarschaft standhält, zu verbreitern. So ließ er die „Muslimische Jugend Österreichs“ wissen: „Ich denke die Österreicher kommen sehr gut ohne euch zurecht!!! Und dass [sic!] in jeder Hinsicht.“ Tja, da liegt er ziemlich falsch: Hilfe von mitfühlenden und engagierten Menschen ist immer vonnöten. Die Menschen in diesem Land kommen aber sehr gut ohne ausländerfeindliche Politiker mit einem Brett vorm Kopf aus.