Chicken
Text
Althea Müller
Ausgabe
„Es gibt ja mittlerweile eh schon so Strampler mit niedlichen Totenschädeln zum Beispiel“, sinniere ich über dem Zimtkakao, den ich mir im Beisein von Lieblingsfreundin Sil ex reinstelle. „Und?“, fragt sie fadisiert. „Ich mein ja nur“, motze ich, „will ja nicht lästig sein, nur, sollten wir nicht langsam mal schauen, wegen all dem Zeux? Ich möchte nicht, dass das Kind in Lumpen rumrennen muss. Oder in rosa Sachen mit Winnie the Pooh.“ – „Das Kind“, sagt Sil mit steinerner Miene, „kommt erst in einem halben Jahr zur Welt. Und rennen kann es dann ganz sicher eh noch lange nicht.“ Wie kann man nur so gefühllos und desinteressiert sein? „Wer von uns beiden ist denn bitte schwanger?“, frage ich vorwurfsvoll und werfe mir panisch einen großen Nougatwürfel ein. „Eigentlich ich“, sagt Sil wahrheitsgemäß. „Aber“, bohre ich weiter, „wer von uns beiden wird denn nun Patentante, hm?“ – „Tja, das bist du“, gibt Sil zu, „ich werde ja nur Mutter.“ – „Siehst!“ Zufrieden stehe ich auf. Sollte mich noch heute wegen guter Kindergartenplätze in der Region informieren. „Wehe, du nimmst vor 2011 das Wort ‚Kindergarten’ auch nur in den Mund“, warnt mich Schwarzmagierin Sil, die schamlos meine Gedanken liest. Gut. Dann gehe ich halt einfach heim. Kann ja nichts dafür, dass da am Weg dieses Geschäft liegt, in dem sie die Tigerenten-Wiege im Schaufenster haben. Das schwarz-lila Pony aus London als gothic Äquivalent zum gemeinen Barbie-Pferd werde ich vorsorglich auch gleich bestellen. Und wenn’s ein Bub wird? Dann wird er halt schon früh Placebo hören und seine Haare färben, kein Problem. Ich bin bereits jetzt die glücklichste Patentante ever! Und die nervigste.