MFG - In der Warteschleife
In der Warteschleife


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

In der Warteschleife

Text Sascha Harold
Ausgabe 02/2025

Die kika/Leiner Pleite, das leerstehende Leiner-Stammhaus am Rathausplatz, das unter dem klingenden Namen „Rossmarkthöfe“ firmiert sowie vermeintliche Ungereimtheiten und Geruchsbelästigung bei der Mülldeponie am Ziegelofen halten seit geraumer Zeit die Stadt in Atem. MFG hat sich nach dem Status quo erkundigt.


Von einem „Deponie-Skandal in St. Pölten“ sprach Greenpeace in einer Aussendung im Dezember. Auf der Mülldeponie am Ziegelofen, die von der Zöchling Abfallverwertungs GmbH betrieben wird, sei es zur Ablagerung großer Mengen unbehandelter Rest- und Sperrmüll-Abfälle gekommen. Die NGO hat entsprechendes Video- und Fotomaterial angefertigt und den zuständigen Behörden übergeben. Beim Land Niederösterreich reagierte man damals und schloss die Deponie, um Material zu sichten und auszuwerten. Bis Redaktionsschluss war das Ergebnis dieser Auswertungen noch nicht bekannt, mögliche Konsequenzen für den Betreiber hängen von diesen Untersuchungsergebnissen ab.* Als Grund gab die Firma Zöchling das hohe Müllaufkommen nach dem Hochwasser im September an, aufgrund eines Logistikfehlers sei es dazu gekommen, dass einzelne Fuhren an falscher Stelle zwischengelagert wurden.
Im Jänner legte Greenpeace dann noch einmal nach: historische Luft- und Satellitenbilder würden belegen, dass es bereits in der Vergangenheit Verdachtsfälle für Falschdeponierungen gegeben habe. „Die Aufnahmen aus der Luft geben Hinweise darauf, dass die Falschdeponierung bereits deutlich länger zurückgeht und ein deutlich größeres Ausmaß hat als bisher angenommen“, so Stefan Stadler, Sprecher des Inves­tigativ-Teams bei Greenpeace in Österreich. Bei Zöchling weist man die Vorwürfe als „haltlos und rein spekulativ“ zurück. „Die erhobenen Anschuldigungen beruhen rein auf Spekulationen und Vermutungen. Wir verwehren uns entschieden dagegen und erwarten uns, dass die Ergebnisse der behördlichen Untersuchungen abgewartet werden, bevor haltlose Vorwürfe nicht nur die Existenz des Unternehmens, sondern die gesamte Entsorgungsinfrastruktur in Ostösterreich gefährden“, heißt es aus dem Unternehmen. 

(* Nach Redaktionsschluss wurde vom Land NÖ via APA mitgeteilt, dass das untersuchte Material großteils aus nicht vollständig behandeltem Abfall besteht. Die rechtlichen Vorgaben der Deponieverordnung  sind damit nicht erfüllt, weshalb eine Räumung notwendig werden könnte. Es werden nunmehr „weitere engmaschige Probeschürfe in allen Bereichen, auch in älteren Arealen und an Randwällen“ vorgenommen. Zudem werden Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft vorbereitet.)

Privatisierung 2019
Bis 2019 wurde die Deponie am Ziegelofen noch von der Stadt St. Pölten betrieben und dann an die Firma Zöchling verkauft. Der Verkauf ging mit einer Vergrößerung und intensivierter Nutzung der Deponie einher. Ziemlich zeitgleich wurde Geruchsbelästigung in der Nachbarschaft zum Thema. Im Sommer 2022 gründete sich deshalb der Verein „Landeshauptstadt-Luft“, um dagegen anzukämpfen und Bewusstsein bei der Politik zu schaffen. „Wie die jüngste Presseaussendung von Greenpeace schlüssig darlegt, begann die intensive Nutzung der Deponie bereits im Oktober 2019, nur 4 Monate nach dem Verkauf. Ein Gutteil der bis dahin gepflanzten Deponie-Begrünung, welche auf natürliche Weise Mief zurückhält, wurde entfernt. Insbesondere seit 2023 wurden in kurzer Zeit große Materialmengen deponiert. Unsere Geruchsprotokolle passen exakt zu dem von Greenpeace gezeigten zeitlichen Verlauf“, führt Vereinsobmann Wilhelm Maurer aus.
Den „großflächigen Umbau“ der Deponie im Jahr 2019, den auch Greenpeace als Kritikpunkt anführt, begründet man bei Zöchling mit betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten. In einer Aussendung hält das Unternehmen außerdem fest, dass man sich mit dem Kauf der Deponie zur Sicherung, Rekultivierung und Nachsorge verpflichtet habe. Vonseiten der Stadt begrüßt man die Kontrollen, Bürgermeister Matthias Stadler lässt wissen, dass man schon lange eine Aufklärung der Situation vor Ort durch die zuständige Landesbehörde fordere. Mit Bereitstellung entsprechender Flächen habe die Stadt außerdem bereits vor längerem die Grundlage für den Bau einer Halle samt Abluftanlage geschaffen. Vonseiten der Firma Zöchling bestätigt man, dass im Februar 2023 vereinbart wurde, ein entsprechendes Genehmigungsprojekt zu erstellen und einzureichen. Das Verfahren läuft derzeit beim Land, zur Dauer könne aktuell keine Auskunft gegeben werden. Auch darüber, wie lange die Errichtung der Halle im Anschluss an einen positiven Bescheid dauert, kann aktuell noch keine Auskunft gegeben werden. Es kann also noch dauern, bis sich die Luftqualität im Westen St. Pöltens verbessert. „Je nach Ausmaß der notwendigen Sanierungen dürften uns Anrainern aber mittelfristig Monate, wenn nicht sogar Jahre mit üblem Mief bevorstehen“, befürchtet Landeshauptstadt-Luft Vereinsvorstand Maurer. Die Frage, ob der Verkauf der Deponie 2019 angesichts der nunmehrigen Probleme ein Fehler war, bleibt vonseiten der Stadt unbeantwortet. 

Baustelle Rossmarkthöfe
Ein neues Stadtquartier am Rathausplatz. Das war der damalige Plan der -Gruppe, die auf dem Areal des ehemaligen Leiner-Möbelhauses u. a. Wohnungen und ein Hotel errichten wollte. Schnell zur Hand attraktive Renderings, die von mondänem Großstadtflair träumen ließen – passiert ist bis heute nichts, stattdessen verströmt der leerstehende Bunker insbesondere auf der Rückseite den Charme aufgelassener Fabrikshallen. 2022 übernahm der Bauträger SÜBA AG das Projekt, vor einem Jahr wurde auf Nachfrage noch von einer „zeitnahen Umsetzung“ gesprochen, und auch die Stadt St. Pölten bestätigte, dass man in engem Austausch mit dem Bauträger stehe. Allein, ein Jahr ist ins Land gezogen, nichts ist weitergegangen, die Zukunft scheint vage. Auch seitens der Stadt hält man auf Anfrage fest, dass es „leider keine Neuigkeiten“ gäbe. 
Zu allem Überfluss meldete ein Tochterunternehmen der SÜBA AG Ende Dezember Konkurs an. Betroffen sind davon 14 Dienstnehmer sowie 110 Gläubiger. Das Unternehmen teilt auf Anfrage mit, dass das Insolvenzverfahren „keinen direkten Einfluss auf die weiteren SÜBA-Projekte – so auch die Rossmarkthöfe – habe, deren Planung fortgesetzt wird.” Zum Stand der Planungen gibt es allerdings keine Informationen und das Unternehmen hält nur allgemein fest: „Grundsätzlich gehen wir optimistisch in dieses Jahr: Durch das Auslaufen der KIM-Verordnung und die eingeläutete schrittweise Senkung des Leitzinses stehen die Vorzeichen für eine bevorstehende positive Wende in der Immobilien- und Baubranche aktuell wieder gut.” Angesichts unübersehbaren jahrelangen Stillstands auf der „Baustelle“ beruhigt diese Aussage nicht wirklich.

Ein Ende mit Schrecken
Erst vor knapp einem Jahr widmete sich MFG den Entwicklungen bei kika/Leiner. Das Traditions-Möbelhaus mit Sitz in St. Pölten hatte bereits 2023 ein Sanierungsverfahren beantragt. Filialschließungen und Entlassungen im Logistikbereich waren die Folge. Bis September 2025 sollte die Sanierung, so der Plan damals, abgeschlossen sein. Auf MFG-Anfrage hieß es seitens des Unternehmens im Frühjahr 2024: „Die Ergebnisse bewegen sich innerhalb des vorgelegten Sanierungsplanes. Die Geschäftsleitung ist mit dem Wiederaufbau von kika/Leiner zufrieden.“ Gereicht hat das alles nicht – mit 15. November 2024 hat das Unternehmen beim Landesgericht St. Pölten Insolvenz angemeldet und schließt damit endgültig.
Aktuell läuft das Konkursverfahren, insgesamt mehr als 1.300 Arbeitsplätze gehen durch die Pleite verloren, 924 Gläubiger aber auch zahlreiche Kunden, die bereits Anzahlungen geleistet haben, sind davon betroffen. Mit Ende Jänner haben die letzten verbliebenen Filialen geschlossen. Das Land Nieder­österreich und das AMS NÖ haben noch im Dezember die Einrichtung einer Arbeitsstiftung beschlossen, um bis zu 300 Teilnehmern bei der Suche nach neuen beruflichen Perspektiven zu unterstützen. Man gehe seitens des AMS davon aus, dass einige Mitarbeiter den direkten Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt schaffen, für alle anderen soll die Stiftung Umstiegsmöglichkeiten eröffnen. Es ist der Schlusspunkt einer Abwärtsspirale, die ihren Anfang bereits 2018 mit dem Verkauf an die südafrikanische Steinhoff International Holdings nahm. Nach mehreren Weiterverkäufen, an den Signa-Konzern sowie anschließend die Grazer Supernova Invest GmbH sowie stetem Stellenabbau ist seit Ende letzten Jahres klar: die gemeinsame Geschichte von Leiner und der Stadt St. Pölten ist zu Ende. Die Leiner-kika Belegschaft erinnerte in der Auslage des ehemaligen Leiner-Stammhauses am Rathausplatz mit einem Gedicht an den legendären Gründer und bessere Zeiten. „Wir ALLE sind ratlos und zutiefst traurig, wie kann ein solches Imperium so zunichte gemacht werden!? … Herr Leiner war noch ein Mann mit Handschlagqualität, ein Mensch mit großem Herz und großer Spendebereitschaft. Es war uns eine EHRE, ein Teil der damaligen Leiner Philosophie zu sein. Wir suchten damals einen Job und fanden eine große Familie und Freunde! Vielen Dank und auf Wiedersehen! Ihre ehemalige Belegschaft von kika und Leiner.“