MFG - Der Zoo im Museum
Der Zoo im Museum


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St. Pöltens gute Seite

Der Zoo im Museum

Text Beate Steiner
Ausgabe 02/2025

Im Haus für Natur leben über 40 heimische Tierarten, von Ameisen bis zu Zauneidechsen, vom Stör bis zum Schneiderfisch, von der Forelle bis zum Feuersalamander. Die nächste Sonderausstellung beleuchtet das Leben von Tieren der Nacht.


Nachtschwärmer, das sind nicht nur lustige Leute, die das Leben in der „schwarzen Luft“ genießen. Nachtschwärmer, das sind eigentlich nachtaktive Motten, die uns umschwärmen, wenn die Sonne bereits untergegangen ist. Viele kleine Tiere sind nachtaktiv, etwa Frösche, Regenwürmer oder Schnecken – ihnen schadet das Sonnenlicht. Andere haben sich an lichtarme Stunden angepasst, um vor ihren Fressfeinden besser geschützt zu sein. Raubtiere wie Eulen, Füchse und Katzen können allerdings Insekten, Igel und Maus auch im Dunkeln erwischen. Denn „viele Tiere und auch Pflanzen entfalten in der Dunkelheit ganz besondere Fähigkeiten“, erklärt Ronald Lintner, wissenschaftlicher Leiter vom Haus für Natur im Museum NÖ. 
Dort beleuchtet die nächste Sonderausstellung das Thema „Tiere der Nacht“. Die interaktive Schau ist eine faszinierende Entdeckungsreise in eine verborgene Welt. Welche Strategien haben z. B. Igel oder Feldhamster, Fuchs oder Wildschwein, Eule oder Fledermaus entwickelt, um in der Nacht leben zu können? Die einen riechen besonders gut, andere hören exzellent oder haben besonders lichtempfindliche Augen. Oder sie können Echos orten, wie die Fledermäuse. Die einzigen aktiv fliegenden Säugetiere sind Lintner ein besonderes Anliegen: „Wir arbeiten wieder mit der Koordinationsstelle für Fledermausschutz und -forschung zusammen und laden zu zwei Fledermausabenden ein.“ Am 19. und 26. August können Teilnehmer die lautlosen Jäger mit etwas Glück bei ihren nächtlichen Jagdflügen beobachten – eine Fledermaus kann in einer Nacht übrigens bis zu 1.000 Mücken fressen. Und: In St. Pölten leben nachgewiesenermaßen 19 Arten dieser Flattertiere.

Das Museum als außerschulischer Lernort
Es wurlt rund um die Breite Föhre, beim riesigen Donaubecken und vorm beeindruckend hohen Terrarium der Äskulapnattern: Viele, viele Schüler besuchen gerade das Haus für Natur, in dem über 40 einheimische Tierarten leben. Wie viele einzelne Tiere es sind, kann niemand sagen – und daran sind die Ameisen schuld. Denn es wurlt auch im riesigen Formicarium, in dem unzählbar viele Kleine Waldameisen leben, verteilt über zwei Stockwerke.  Gefüttert werden sie mit Honigwasser, Insekten, Heimchen und wenn die Schlange mal was übriglässt, auch mit einem Stückchen Maus.
Zoo und Museum sind wichtige Einrichtungen für Schulen, sie sind die größten außerschulischen Lernorte, erklärt Ronald Lintner: „Wir haben einen Bildungsauftrag.“ Die Besucher, große und kleine, treffen hier auf ein hochmotiviertes und kompetentes Team, das mit Leidenschaft vermittelt, warum Artenschutz uns alle betrifft. „Wir wollen für die Natur begeistern, die Blicke schärfen, das ist für den Tierschutz in freier Wildbahn wichtig.“ Ein scharfer Blick kann auch fürs eigene Wohlbefinden wichtig sein, wenn man nach einem Museumsbesuch die giftige Kreuzotter nicht mehr mit der harmlosen Schlingnatter verwechselt.

Niederösterreichs Landschaft im Museum
Im Museum leben nur Tiere, die hier auch in Wald, Wiese, Fluss und Feld zu beobachten sind, vom felsigen Gebirge bis zum flachen Marchfeld. Im obersten Stockwerk schwimmen riesige Bachforellen in ihrem artgerecht gestalteten Aquarium mit besonderen Lampen, die Strukturen hervorheben. Eine Kältemaschine sorgt für Wohlfühltemperaturen. 
Im Mittelgebirge teilen sich 15 Schneiderfische ein 5.000-Liter-Becken mit Elritzen, Bachschmerlen und Gründlingen. Die farbenprächtigen Karpfenfische sind erst vor Kurzem hierher ins Haus für Natur in St. Pölten übersiedelt – St. Pölten ist Mitglied in der OZO, der österreichischen Zoo-Organisation, es herrscht reger Austausch mit anderen Zoos. „Der Austausch ist für die Tierpfleger immer auch eine Fortbildungsfahrt. Da wird über die spezielle Haltung der Jungtiere und ihr Futter informiert – die bekommen quasi ihren CV mit“, erklärt Ronald Lintner und wandert weiter zum Donaubecken mit einem Fassungsvermögen von 125.000 Litern Wasser. Ein Hecht teilt sich diesen Lebensraum mit seinem Futter, das sind Rotfedern, und mit Karpfen, Welsen und einem Waxdick – das ist eine riesige Störart. „Goofy ist ein richtiges Kuscheltier, er lässt sich auch von Hand füttern.“
Der Museumsteich ist sowohl von innen als auch vom Freibereich aus zu bewundern. Und er ist neben Flussbarsch, Schleien, Rotfedern, Edelkrebsen, Teichfröschen und Stockenten auch das Zuhause von 16 Europäischen Sumpfschildkröten, darunter Morla, mit mindestens 20 Jahren die vermutlich älteste Schildkröte im Teich.

Gelebter Artenschutz
Mit Museumstouren, Vermittlungsprogrammen wie dem „Tierischen Dienstag“ und vielen Veranstaltungen wie der Reihe „Erlebte Natur“ oder mit der Teilnahme an der internationalen City Nature Challenge setzt sich das Haus für Natur für Artenschutz ein. Ganz konkret auch mit der Rettung von 19 Feuersalamander-Babys, die im Museum aufgepäppelt wurden, nachdem die Mutter verstorben war. Die Tiere wurden später in der Nähe ihres Fundortes in geeigneter Umgebung wieder ausgesetzt. Und die kleinen Lurche wurden international bekannt: „Besucher aus dem gesamten deutschsprachigen Raum kamen die Babysalamander besuchen“, erinnert sich Ronald Lintner.

INTERVIEW MIT MARLENE ZECHEL
Marlene Zechel ist Leiterin der zoologischen Abteilung im Haus für Natur.  

Welche Tiere hier im Zoo im Museum mögen Sie besonders?
Ich war schon immer besonders fasziniert von Reptilien. Aber wenn ich mich um die Ameisen kümmere, finde ich das auch spannend. Ich lerne viel über das Sozialverhalten unserer Tiere.

Die Smaragdeidechsen haben sich gerade sehr schnell zur Öffnung ihrer Behausung geschlängelt. Erkennen die Tiere, wenn Sie mit Futter kommen?
Ja, auch die Laubfrösche und die Fische. Wir gestalten die Terrarien und Aquarien immer wieder um, damit sich die Tiere wohlfühlen und immer neue Eindrücke haben. Zum Terrarium der Smaragdeidechsen hat mich der Vogelbergsteig in der Wachau inspiriert, wo diese Eidechsenart häufig zu beobachten ist. Ein Tipp von mir, wenn es nicht geklappt hat mit einem Foto: Warten, die Eidechsen kommen immer wieder zurück.

Eine besondere Beziehung haben Sie auch zu Bambina, der weißen Äskulapnatter.
Ja, sie braucht immer noch sehr viel Zuwendung. Bambina, eine Albino mit weißer Haut und roten Augen, wurde 2014 geboren und hat erst nach zehn Jahren angefangen, selbstständig Mäuse zu fressen. Ich habe die gefrorenen Futtermäuse zunächst auf Körpertemperatur erwärmt, das hat nichts genutzt. Dann habe ich sie gewaschen – erfolglos. Dann gewaschen und getrocknet – wieder nix. Dann habe ich die gewaschene und getrocknete Maus mit einem Tuch abgerubbelt, mit dem ich zuerst eine lebende Maus abgerieben habe – dann war Bambina zufrieden und hat die Futtermaus gefressen. Äskulapnattern können übrigens bis zu 30 Jahre alt werden. Sie sind die größten heimischen Schlangen, sie sind ungiftig und europaweit streng geschützt.