Auf den Spuren der Frauen
Text
Anne-Sophie Müllner
Ausgabe
Frauen hinterlassen so wenige Spuren in der Geschichte, „als ein Schiff Spuren hinterlässt auf seinem Weg durch die Wellen“. Diese Worte Anna Maria von Schürmanns leiten die aktuelle Ausstellung „Frauenleben in Niederösterreich“ im Landesmuseum ein - denn bis auf wenige Ausnahmen ist unsere Geschichte männlich dominiert.
Kuratorin Elisabeth Vavra stellt in der Ausstellung daher bewusst nicht „Ausnahmefrauen“, sondern die Frau von nebenan in den Mittelpunkt. „Ich habe versucht typische Frauen aus Niederösterreich zu finden“, erzählt die wissenschaftliche Leiterin für Geschichte im Landesmuseum. Mehr als 80 Heimatmuseen hat sie auf der Suche nach Frauenschicksalen und Gegenständen aus dem (Frauen-)Alltag bereist. Mit Hilfe von „Frauenschicksalen“ erzählt sie in persönlichen Dialogen über das Leben der Frauen. „Durch reale und fiktive Geschichten möchte ich veranschaulichen, welche Probleme sie hatten und wie sie diese bewältigt haben.“ Der zeitliche Bogen spannt sich dabei vom Mittelalter bis zur Generation unserer Großmütter.
Ein Teil der Ausstellung widmet sich dem Thema Migration. „Ich will damit zeigen, dass es nicht DIE Frau aus Niederösterreich gibt, sondern dass verschiedenes Blut in unseren Adern fließt“, so Vavra. Da kommt zum einen die Arbeitsmigrantin Maruska (geb. 1875) zu Wort, die als 14-Jährige mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern, getrieben von Not und Hunger, nach Niederösterreich kam, um Arbeit zu suchen. Oder Helena (geb. 1931), die aufgrund eines Dekretes nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches am 31. Mai über Nacht von der Tschechoslowakei nach Österreich emigrieren musste. Eine Nacht, in der die Milizen Helena und zahlreiche junge Mädchen und Frauen aus ihren Nachtlagern holten und vergewaltigten.
Reicher Kindersegen
Ein großer Schwerpunkt wird weiters dem Thema „Ehefrau und Mutter“ gewidmet. „Die Anbahnung erfolgte früher über die Familie“, erklärt die Kuratorin. Der künftige Bräutigam wurde von Vater, Bruder oder Onkel ausgesucht. „Liebesheiraten waren eher die Ausnahme.“ Ziel der Ehe war reicher Kindersegen. Wie auch bei Elisabeth (geb. 1623) wurde darauf geachtet, dass die zukünftige Partnerin aus einer fruchtbaren Familie stammt. In 27 Jahren gebar die Adelige 23 Kinder, aufgrund der hohen Kindersterblichkeit überlebte nur etwa die Hälfte. Während zahlreicher Nachwuchs in adeligen Kreisen Prestige und Gewissheit des Familien-Fortbestandes bedeutete, waren Kinder in weniger wohlhabenden Familien vor allem ein zusätzliches Händepaar zum Anpacken sowie ein Garant für die Altersvorsorge.
Neben ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter mussten viele auch im bäuerlichen Betrieb, bei Heimarbeit oder Handwerk mithelfen, um das finanzielle Überleben zu sichern. „Typische Arbeitsbereiche in Niederösterreich waren das textile Verlagswesen im Waldviertel und die Fabrikarbeit im Industrieviertel“, erläutert Vavra. Dabei wurden Frauen für dieselbe Arbeit stets schlechter entlohnt als ihre männlichen Kollegen, wie etwa die Fabriksarbeiterin Ludmilla (geb. 1895): Ihr Nachbar am Webstuhl verdiente 15,10 Kronen, sie selbst nur 12,10 Kronen.
Nicht jeder Frau kam die Rolle als Ehefrau und Mutter zu Teil. „Manche sind freiwillig ins Kloster eingetreten, da sie dort bessere Entfaltungsmöglichkeiten hatten, wie etwa Hildegard von Bingen“, erklärt die Kuratorin. Andere wiederum fanden keinen Mann bzw. wurden nicht „auserwählt“ und gingen daher in eine geistliche Gemeinschaft. „Viele Frauen, die beide Weltkriege erlebt haben, blieben ledig, da viele Männer im Krieg gefallen sind.“ Dieses Schicksal musste auch Mizzi (geb. 1891) erleben, deren zukünftiger Bräutigam kurz vor der Eheschließung 1914 einrücken musste und nicht mehr zurückkam. „Ledige Frauen wurden dann oft von ihrer Familie ausgenutzt und mussten ihr Leben lang nur schuften. Ihnen blieb nichts vom Leben.“ So blieb auch Mizzi bis zu ihrem Tod nicht mehr als eine billige Arbeitskraft im Haus ihres Bruders.
Schönheitswa(h)ndel
Der erste Weltkrieg war auch ein großer Wendepunkt in der Frauengeschichte. Die Fortpflanzung stand nicht mehr primär im Vordergrund, denn „Frauen wurden nun als Arbeitskräfte benötigt. Auch das allgemeine Wahlrecht für Frauen wurde eingeführt“, so Vavra.
Heute sind wir Frauen emanzipiert. Dennoch: „Der Druck, den Frauen früher hatten, viele Kinder zu kriegen, fällt zwar heute weg, dafür machen wir uns nun selbst den nächsten Druck mit dem Schönheitswahn“, resümiert Vavra und nennt ein Beispiel: „Heute gilt man mit Kleidergröße 42, ja sogar schon 40, als dick. Früher wäre dazu Größe 48 nötig gewesen.“ Besonders erschütternd: Frauen, die hungern, um schlank zu sein, nehmen nicht mehr Kalorien zu sich als jene in der Kriegszeit, die Hunger leiden mussten.
Ein Teil der Ausstellung widmet sich dem Thema Migration. „Ich will damit zeigen, dass es nicht DIE Frau aus Niederösterreich gibt, sondern dass verschiedenes Blut in unseren Adern fließt“, so Vavra. Da kommt zum einen die Arbeitsmigrantin Maruska (geb. 1875) zu Wort, die als 14-Jährige mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern, getrieben von Not und Hunger, nach Niederösterreich kam, um Arbeit zu suchen. Oder Helena (geb. 1931), die aufgrund eines Dekretes nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches am 31. Mai über Nacht von der Tschechoslowakei nach Österreich emigrieren musste. Eine Nacht, in der die Milizen Helena und zahlreiche junge Mädchen und Frauen aus ihren Nachtlagern holten und vergewaltigten.
Reicher Kindersegen
Ein großer Schwerpunkt wird weiters dem Thema „Ehefrau und Mutter“ gewidmet. „Die Anbahnung erfolgte früher über die Familie“, erklärt die Kuratorin. Der künftige Bräutigam wurde von Vater, Bruder oder Onkel ausgesucht. „Liebesheiraten waren eher die Ausnahme.“ Ziel der Ehe war reicher Kindersegen. Wie auch bei Elisabeth (geb. 1623) wurde darauf geachtet, dass die zukünftige Partnerin aus einer fruchtbaren Familie stammt. In 27 Jahren gebar die Adelige 23 Kinder, aufgrund der hohen Kindersterblichkeit überlebte nur etwa die Hälfte. Während zahlreicher Nachwuchs in adeligen Kreisen Prestige und Gewissheit des Familien-Fortbestandes bedeutete, waren Kinder in weniger wohlhabenden Familien vor allem ein zusätzliches Händepaar zum Anpacken sowie ein Garant für die Altersvorsorge.
Neben ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter mussten viele auch im bäuerlichen Betrieb, bei Heimarbeit oder Handwerk mithelfen, um das finanzielle Überleben zu sichern. „Typische Arbeitsbereiche in Niederösterreich waren das textile Verlagswesen im Waldviertel und die Fabrikarbeit im Industrieviertel“, erläutert Vavra. Dabei wurden Frauen für dieselbe Arbeit stets schlechter entlohnt als ihre männlichen Kollegen, wie etwa die Fabriksarbeiterin Ludmilla (geb. 1895): Ihr Nachbar am Webstuhl verdiente 15,10 Kronen, sie selbst nur 12,10 Kronen.
Nicht jeder Frau kam die Rolle als Ehefrau und Mutter zu Teil. „Manche sind freiwillig ins Kloster eingetreten, da sie dort bessere Entfaltungsmöglichkeiten hatten, wie etwa Hildegard von Bingen“, erklärt die Kuratorin. Andere wiederum fanden keinen Mann bzw. wurden nicht „auserwählt“ und gingen daher in eine geistliche Gemeinschaft. „Viele Frauen, die beide Weltkriege erlebt haben, blieben ledig, da viele Männer im Krieg gefallen sind.“ Dieses Schicksal musste auch Mizzi (geb. 1891) erleben, deren zukünftiger Bräutigam kurz vor der Eheschließung 1914 einrücken musste und nicht mehr zurückkam. „Ledige Frauen wurden dann oft von ihrer Familie ausgenutzt und mussten ihr Leben lang nur schuften. Ihnen blieb nichts vom Leben.“ So blieb auch Mizzi bis zu ihrem Tod nicht mehr als eine billige Arbeitskraft im Haus ihres Bruders.
Schönheitswa(h)ndel
Der erste Weltkrieg war auch ein großer Wendepunkt in der Frauengeschichte. Die Fortpflanzung stand nicht mehr primär im Vordergrund, denn „Frauen wurden nun als Arbeitskräfte benötigt. Auch das allgemeine Wahlrecht für Frauen wurde eingeführt“, so Vavra.
Heute sind wir Frauen emanzipiert. Dennoch: „Der Druck, den Frauen früher hatten, viele Kinder zu kriegen, fällt zwar heute weg, dafür machen wir uns nun selbst den nächsten Druck mit dem Schönheitswahn“, resümiert Vavra und nennt ein Beispiel: „Heute gilt man mit Kleidergröße 42, ja sogar schon 40, als dick. Früher wäre dazu Größe 48 nötig gewesen.“ Besonders erschütternd: Frauen, die hungern, um schlank zu sein, nehmen nicht mehr Kalorien zu sich als jene in der Kriegszeit, die Hunger leiden mussten.