MFG - Frenkie goes to Franky
Frenkie goes to Franky


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Frenkie goes to Franky

Text Matthias Steinperl
Ausgabe 07/2005

Austria Wien ist das unberechenbarste Zirkuspferd der Fußballarena mit ebensolchem Zirkusdirektor. Viele Dompteure sind bislang gescheitert. Nun versucht es Frenkie Schinkels. Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen.

Austria Wien ist Hollywood: Jahrmarkt der Eitelkeiten, Intrigenstadl, Genie und Wahnsinn, Blockbuster und Desaster - kurzum eine echte Herausforderung. Wir plauderten mit Frenkie Schinkels über seine vermeintliche mission impossible als „Austria Trainer“, über persönliche Schicksalsschläge und Bubendummheiten. Quasi eine Elfer-Frage: Sind Sie morgen noch Austria Trainer? Ganz ehrlich - ich denke nicht darüber nach. Ich bin nicht der Trainertyp, der Jahre in die Zukunft. Das ist wie mit dem Kaffee hier. Den genieße ich jetzt, und ob ich einen zweiten bestell’, weiß ich noch nicht. Wie war das mit Ihrem Austria-Engagement: Es geht ja die Mär, dass Sie den Anruf von Magna für einen Scherz hielten? Ich hab als Kommentator auf Premiere die Austria analysiert. Die Klub-Verantwortlichen haben damals Spiel und Analyse gemeinsam im Magna Racino verfolgt und waren angetan: „Was der sagt, das trifft absolut zu.“ Stronach ist dazugekommen und hat gemeint. „Na, dann brauchen wir den!“ Am nächsten Tag hab ich den Anruf erhalten. Geeinigt hatten wir uns schnell.  War das kein Rückschritt? Immerhin wurden Sie „nur“ als Scout engagiert, während sie bei Mattersburg Trainer hätten werden können. Nein, denn der Deal war die klare Zukunftsperspektive, dass ich einmal Trainer werde. Sonst hätt ich es auch nicht gemacht.  Ist das so ein erstrebenswertes Amt? Immerhin könnte man Stronachs Weg unter das Motto „Trainer pflastern seinen Weg“ stellen. Da hab ich keine Angst. Das ist bei Stronach ganz einfach: Wenn du gut bist, bist du dabei, wenn nicht, dann bist du weg. Trainer werden nun einmal an ihrem Erfolg gemessen, und Stronach will Nummer 1 sein! Mir ist jedenfalls lieber, für Stronach zu arbeiten, als irgendwoanders drei Monate auf mein Geld zu warten. Austria gibt gute Verträge.  Ja, es leben einige ihrer Vorgänger noch recht gut davon. Kennt sich Stronach überhaupt mit Fußball aus? Stronach hat durchaus Ahnung vom Fußball, nur hatte er in Vergangenheit zu viele Berater, die allesamt unterschiedliche Auffassungen vertraten. Irgendwann zweifelt man dann an seiner eigenen Linie. Stöger und ich haben aber ein sehr kooperatives Verhältnis mit ihm, er vertraut uns. A propos Trainer-Duo. Wie funktioniert das überhaupt? Wer schreit etwa an der Linie? Beide. Ich leite das Training, schlag die Aufstellung vor, Peter hat das letzte Wort. Auswechslungen besprechen wir gemeinsam. Wir haben die selben Vorstellungen. Und wie schauen die aus? Die letzten Austria-Trainer setzten auf Defensive, Stöger und ich hingegen gewinnen lieber 5:3 als 1:0. Die bisherigen Trainer haben nur gekauft und gekauft. Wir wollen aber – das ist auch Stronachs Wunsch - junge Spieler einbauen, auch Österreicher. Hierzulande wird ja viel zuwenig für die Nationalmannschaft getan. Ich möchte Hans Krankl im Hinblick auf die EM 2008 unterstützen. Und wir wollen natürlich Meister werden! Keine Angst, dass Salzburg Flügel wachsen? Salzburg beunruhigt mich nicht. Die werden deswegen auch nicht früher zu trainieren beginnen als wir. Was gefällt dem Austria Trainer an Rapid Wien? Bei Rapid gefällt mir das drumherum, die Fans, die Stimmung im Stadion – das ist schon toll. Aber auch die Westtribüne bei Austria ist top! Und die St. Pöltner Fans, wo sie ja lange wirkten? Die sind sehr schwierig, viel zu kritisch! Die reden immer von früher, wie es vor 20 Jahren einmal war. Viele sind nur negativ, nörgeln immerzu anstatt ein Spiel genießen, auch hinter der Mannschaft zu stehen wenn es einmal nicht so läuft.  Wohnen tun Sie aber gerne St. Pölten, oder? Wir haben ein Paradies hier. St. Pölten ist echt super, und das vertrete ich auch in ganz Österreich, egal wo ich hinkomm. Früher bin ich jeden Tag nach Wien gefahren. Dieser Verkehr, die Wirbel. Da schätze und genieße ich die Ruhe und Überschaubarkeit St. Pöltens. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich älter werde. Was hat eigentlich Ihr Sohn Romario, ein Rapidfan, zu Ihrem Engagement gesagt? Im ersten Moment hat er gemeint, dass ich ein Judas bin. Außerdem hätt er gern gehabt, dass ich Mattersburg trainiere, weil er ein großer Kühbauer Fan ist. Schließlich hat er aber eingeräumt, dass die Austria ja auch nicht s o schlecht ist – tja, und jetzt wackelt er bereits und überlegt, ob er nicht selbst Austria Fan wird. Sie gelten als ausgesprochener Familienmensch? Ihr Vater etwa folgte Ihnen nach Österreich nach! Ja, mein Vater ist mein bester Freund. Er ist immer, auch in meinen bittersten Stunden, für mich da gewesen. Ohne ihn säßen wir vielleicht heut gar nicht da. Meinen Sie damit den Schicksalsschlag, als ihre Frau starb?  Ja, oder auch die nicht leichte Kindheit, weil meine Mutter schwer krank war, in einer psychiatrischen Klinik behandelt wurde. Als Kind war das kein Honiglecken, wenn man uns angerufen wird, dass sie irgendwo verstört im Nachthemd herumläuft. Der Tod meiner Frau war wie ein Stich ins Herz. Aber was hat man für Alternativen? Entweder du bläst dich jeden Tag um oder du kämpfst weiter. Ich war immer ein Fighter, ein Stehaufmanderl. Das gilt wohl auch in Sachen Finanzen. Da erlitten sie mit ihrem Lokal „1,2,X“ ja einst gehörig Schiffbruch?  Mein Vorteil ist, dass ich Realist bin und mir nichts vormach. Ich hab jetzt etwa einen neuen Mercedes gekauft, woraufhin mein Vater gemeint hat: „Schaut das nicht komisch aus?“ Aber das ist mir egal, weil ich bin vorher – und das hat mir auch nichts ausgemacht – mit einem 500 Schilling Ford Escort herumgedüst, den ich gegen mein Mountainbike eingetauscht hatte. Ich hab Prospekte ausgetragen, hab im Winter Schnee am Bahnhof von 2 Uhr nachts bis 14 Uhr geschaufelt - einfach weil ich die Marie brauchte. Die neue Situation ist natürlich eine Hilfe! Wie tut sich der Trainer mit seinen Viermäderlhaus und seinem 8 jährigen Sohn. Tanzen die alle nach Ihrer Pfeife? Ich stehe auf Eigenverantwortung, solange die Kinder damit umgehen können. Es gibt aber klare Regeln: Bis 18 Jahre gibt es keine Piercen, keine Tatoos, keinen Alkohol. Dann sind sie alt genug und können das für sich selbst entscheiden. Fortgehen ist mit 15 bis 12 Uhr, mit 16 bis 1 Uhr, mit 17 bis 2 Uhr erlaubt. Alle haben zur Firmung ein Handy bekommen. Freilich machen meine Kinder auch Blödsinn  - da kann ich dann aber durchaus streng werden. Was war Ihr größter Blödsinn? Dass ich damals bei Austria nicht alles gegeben hab. Mir ist das zu Kopf gestiegen, hab geglaubt, mir gehört die Welt. Ich bin mit Andi Ogris um die Häuser gezogen. Das Problem war nur: Der Ogris hat das locker weggesteckt, während ich am letzten Zahnfleisch dahergekrochen bin. Ich wünschte mir, ich hätt damals die Willenskraft von heut gehabt. Eine andere Dummheit führte dazu, dass sie in Holland 8 Monate gesperrt wurden? Ja - das war eine Horrorwoche. Meine Frau hatte damals eine Fehlgeburt, meine Eltern ließen sich scheiden. Nach einer Fehlentscheidung des Schiris hatte ich ein Black Out und hab ihm eine runtergehaut. Völlig idiotisch. Die Folge waren 8 Monate Sperre und ein Schlägerimage. Da Österreich damals noch nicht in der EU war, galt die Sperre hier nicht. War das – im Nachhinein betrachtet – ein Glücksfall oder Pech. Vielleicht hätten Sie ja in Holland den Sprung ins Nationalteam geschafft? Eindeutig Glück! In Holland war damals die Generation von van Basten, Gullit, Rijkard. Da hätt ich 10 Tore pro Spiel schießen müssen, um eine Chance zu haben. In Österreich hats aber geklappt. Ja, das war großartig. Dadurch hab ich auch in Holland unheimlich an Stellenwert gewonnen, weil mich just Ernst Happel – der dort ja als Trainergott verehrt wird - einberufen hat. Und dann noch das Tor gegen Holland – das war der absolute Höhepunkt meiner Karriere. Hätt mich mein Vater nicht eingefangen, ich würd heute noch jubelnd durchs Stadion laufen. Sie haben Flugangst? Was wär ihr Horrorlos im UEFA Cup? Ein Verein in Russland. Aber die Flugangst hab ich halbwegs im Griff, war zuletzt etwa in Portugal. Aber ich hatte schon einige Erlebnisse mit kleinen Maschinen, da bekam die Unterhose eine andere Farbe. Deswegen fahr ich nur mit dem Auto in Urlaub. Und wohin geht’s da? Nach Kroation. Wohnen im Wohnwagen, FKK - das ist mein Traumurlaub. Meiner Frau hingegen taugt es nicht so. Stimmt es, dass sie beim SV Ratzersdorf quasi für einen Freitisch beim Pemmer kicken. Jetzt hab ich leider kaum mehr Zeit. Aber das Kicken ist Obmann Pemmer gegenüber eine Art Dankeschön, weil er mir immer geholfen hat. Ich hab einmal zu ihm gesagt: Ich spiel ein Jahr für dich, dafür bekomm ich ein Cordon Bleu mit Kartoffelsalat. Zur Person: Frenkie Schinkels wird 1963 in Rotterdam geboren. Mit 8 Jahren von Feynord entdeckt, erhält er mit 16 seinen 1. Profivertrag. Jüngster Legionär in der schwedische Liga. Zurück in Holland insultiert er den Schiedsrichter - 8 Monate Sperre. Wechsel nach Österreich, wo er u.a. bei Voest Linz, Austria und VSE St. Pölten kickt. 1991 Einberufung ins Nationalteam. 7 Ländermatches und legendäres Kopfballtor gegen Holland! Privat schwerer Schicksalsschlag durch den Tod seiner Frau. Vier Mädchen und ein Sohnemann. Schiffbruch erleidet er als Lokalbetreiber. Trainerlaufbahn, u.a. bei Krems, Kottingbrunn, SKN NÖ. Als Kommentator für Premiere wird er von Stronach entdeckt und vom Fleck weg als Talentescout engagiert. Seit mission impossible: Austria Wien Trainer