In was für einer Stadt leben wir eigentlich ...
Ausgabe
. . . in der es in St. Pölten ab sofort auch um die Wurst geht. Da aber Nemetz nicht Niemetz ist, und St. Pölten nicht Schweden, wird hierzulande als neue lukullische Trademark eben nicht auf Schwedenbomben von Niemetz, sondern auf die St. Pöltner Schinkenwurst vom Nemetz gesetzt! Das war auch beileibe überfällig, immerhin harrt das St. Pöltner Brot längst eines g‘scheiten Belages. Und nachdem sich ein Fleischermeister zwar vielleicht die Butter vom Brot, aber sicher nicht die Wurst nehmen lässt, hat Johann Nemetz eben die St. Pöltner Schinkenwurst kreiert. Womit St. Pölten auch endlich zu berühmten Wurstdestinationen wie Wien, Krakau oder Braunschweig aufschließt. Und an alle Puristen, die lamentieren, dass eine Wurst doch rund gehört und nicht dreieckig wie die St. Pöltner: „Ihr Würschtln, das ist völlig Blunzn! Hauptsache die St. Pöltner schmeckt – alles andere is wurscht!“
. . . in der das alljährliche „Gruppenfoto“ beim Wirtschaftsempfang wieder vor Testosteron triefte – soll heißen, es war ein Gruppenbild ohne Dame. Nicht einmal mehr die „berühmte Quotenfrau“ als, wie es ehemals chauvilike formuliert wurde, „Aufputz“, schaffte es aufs Bild. Das ist wenigstens ein Fortschritt, denn Aufputz sind die Damen sicher nicht. Was wären dann die Männer – Abglanz? Wobei Quote ein gutes Stichwort ist: Offensichtlich bedarf es tatsächlich einer solchen, um die zum himmelschreiende Schieflage endlich zu entschärfen. Beim Wirtschaftsempfang war der Männerüberhang augenscheinlich, beim Magistrat St. Pölten z. B. sind aktuell von 127 Funktionsdienstposten gerade einmal 32 weiblich. Im Gemeinderat wurde mit der Bestellung Birgit Beckers nun wenigstens die 10-Damen-Schallmauer durchbrochen – bei 32 männlichen Kollegen! Ein kleiner Anfang.
. . . in der St. Pölten die erste Hürde auf dem Weg zur Europäischen Kulturhauptstadt 2024 genommen hat. Ende Jänner präsentierte man das sogenannte Bidbook unter dem Motto „Europa daheim“, und schaffte es auf die Shortlist – darf sich also Ende des Jahres beim finalen Hearing um den tatsächlichen Zuschlag matchen. Was an der Präsentation bzw. der Zusammensetzung des Teams positiv auffiel, war, dass man manch Grundgedanken der Bewerbung bereits personell transportierte. So war das Geschlechterverhältnis mit fünf Männern und fünf Frauen ausgeglichen, und allen Präsentatoren wurde dieselbe Redezeit eingeräumt – egal ob Landeshauptfrau, Bürgermeister, Geschäftsführer oder Vertreterin der Plattform Kulturhauptstadt – was das klare Bekenntnis zur Partizipation unterstreichen sollte sowie den Schulterschluss zwischen Stadt und Land. Keine schlechten Voraussetzungen.