Der Rote
Text
Thomas Fröhlich
Ausgabe
Die Schnittmenge aus knalliger Pop Art, beseeltem Schauspiel und zum Teil wahnwitzigem Aktionismus? Antwort: donhofer.. Mit kleinem d am Anfang. Und Punkt am Ende. Und einer künstlerischen Vision, an der sich mitunter die Geister scheiden.
Frühjahr 2014. Vor dem Wiener Burgtheater bremst sich ein dunkler Kastenwagen ein, schwarz gewandete Menschen springen heraus, unter ihnen einer ganz in Rot. Sie verlegen rasch einen Rollrasen vorm Haupteingang. Dann verschwinden sie wieder. Bereits einige Wochen davor konnten Passanten auf einem Plakat anstatt der üblichen Stückankündigung vor dem Burgtheater Folgendes lesen: „Wir sind noch einmal davon gekommen – von Bundestheater Holding GmbH.“
Bei einer später angesetzten Presseerklärung wird der Mann in Rot süffisant darauf hinweisen, dass er mit seiner Intervention „Gras über den Burgtheater-Skandal wachsen lassen“ wolle, da ja „nach den dargebrachten Bauernopfern Hartmann und Stantejski nun endlich wieder Ruhe einkehren“ könne.
Der Rasen bleibt eine Zeitlang liegen. Ein sich progressiv dünkender, gleichwohl im Irrglauben befindlicher Lehrer erklärt seiner Klasse sogar, das Ganze sei Teil eines Theaterstücks: Interpretation ist alles. Der Titel der Aktion: „donhofer. lässt Gras drüber wachsen.“
Zwei Jahre davor: Der Mann in Rot lässt sich im Rahmen des Tomorrow-Festivals im AKW Zwentendorf vor Publikum in einen Raum sperren, in dem die Strahlung (Leselampe, Spots, Scheinwerfer, Handys) permanent erhöht wird. Während des Besuchs hochrangiger Politiker, lässt er sich, von Kabeln umwickelt, auf die Bühne tragen – nicht gerade zum Gaudium von Minister Berlakovich, den dieser „Störfall“ ziemlich aus dem Konzept bringt. Titel des Treibens: „donhofer. supergau“.
Mai 2011: Im Rahmen der Ausstellung „Steyr men are very good“, im Schloß Steyr hängt im Keller ein STG 77, daneben gibt’s auf einer TV-Screen Frauenakte zu bewundern, deren Anblick allerdings von insgesamt 52 Briefmarken gleichsam zensiert wird (also nix für Voyeure) – Briefmarken aus jenen 52 Ländern, in die das ausgestellte Steyr-Gewehr exportiert wird. Dazu fallen in regelmäßigen Abständen hörbar Schüsse. Bei der Ausstellungseröffnung, während der Ansprache einer Kunsthistorikerin einen Stock höher, stürzen bei Nennung des Namens donhofer. einige Leute im Publikum zu Boden und rühren sich nicht mehr.
Bei einer später angesetzten Presseerklärung wird der Mann in Rot süffisant darauf hinweisen, dass er mit seiner Intervention „Gras über den Burgtheater-Skandal wachsen lassen“ wolle, da ja „nach den dargebrachten Bauernopfern Hartmann und Stantejski nun endlich wieder Ruhe einkehren“ könne.
Der Rasen bleibt eine Zeitlang liegen. Ein sich progressiv dünkender, gleichwohl im Irrglauben befindlicher Lehrer erklärt seiner Klasse sogar, das Ganze sei Teil eines Theaterstücks: Interpretation ist alles. Der Titel der Aktion: „donhofer. lässt Gras drüber wachsen.“
Zwei Jahre davor: Der Mann in Rot lässt sich im Rahmen des Tomorrow-Festivals im AKW Zwentendorf vor Publikum in einen Raum sperren, in dem die Strahlung (Leselampe, Spots, Scheinwerfer, Handys) permanent erhöht wird. Während des Besuchs hochrangiger Politiker, lässt er sich, von Kabeln umwickelt, auf die Bühne tragen – nicht gerade zum Gaudium von Minister Berlakovich, den dieser „Störfall“ ziemlich aus dem Konzept bringt. Titel des Treibens: „donhofer. supergau“.
Mai 2011: Im Rahmen der Ausstellung „Steyr men are very good“, im Schloß Steyr hängt im Keller ein STG 77, daneben gibt’s auf einer TV-Screen Frauenakte zu bewundern, deren Anblick allerdings von insgesamt 52 Briefmarken gleichsam zensiert wird (also nix für Voyeure) – Briefmarken aus jenen 52 Ländern, in die das ausgestellte Steyr-Gewehr exportiert wird. Dazu fallen in regelmäßigen Abständen hörbar Schüsse. Bei der Ausstellungseröffnung, während der Ansprache einer Kunsthistorikerin einen Stock höher, stürzen bei Nennung des Namens donhofer. einige Leute im Publikum zu Boden und rühren sich nicht mehr.
Eine Frage der Kunst?
Frage an den Mann in Rot: „Das soll Kunst sein?“ donhofer. grinst: „Weißt du, das Problem mit der Kunst ist die Kunst.“ Und präzisiert: „Ab dem Zeitpunkt, wo es klar ist, dass sich etwas um Kunst handelt, erwartet auch jeder Kunst. Sozusagen einen Sturm in einer gleichsam geschützten Werkstätte. Aber spannend wird’s ja eigentlich erst dann, wenn etwas an einem Ort beziehungsweise in einem Zusammenhang passiert, der nicht unbedingt Teil dieser Kunstwelt ist. Wenn sich Dinge auf ein Leben außerhalb des Kunstdiskurses auswirken.“ Ob man ihn nun als Künstler oder Nicht-Künstler bezeichne, sei ihm im Grunde völlig wurscht. Die Auswahl der Medien ergebe sich daher auch nach der jeweiligen Intention – so stehen Malerei, Aktionismus, Schauspielerei, Performance sowie die Interaktion mit dem Publikum, ja das Publikum selbst gleichberechtigt nebeneinander. Seine Bilder erinnern ein wenig an Pop Art – aber auch Übermalungen von Übermalungen sind bei donhofer., wie er sich als Künstler (oder Nicht-Künstler) nennt, nicht auszuschließen. „Eines Tages kam einer und übermalte Rainer“ war so eine Aktion, die auch malendes Publikum miteinbezog.
Frage an den Mann in Rot: „Das soll Kunst sein?“ donhofer. grinst: „Weißt du, das Problem mit der Kunst ist die Kunst.“ Und präzisiert: „Ab dem Zeitpunkt, wo es klar ist, dass sich etwas um Kunst handelt, erwartet auch jeder Kunst. Sozusagen einen Sturm in einer gleichsam geschützten Werkstätte. Aber spannend wird’s ja eigentlich erst dann, wenn etwas an einem Ort beziehungsweise in einem Zusammenhang passiert, der nicht unbedingt Teil dieser Kunstwelt ist. Wenn sich Dinge auf ein Leben außerhalb des Kunstdiskurses auswirken.“ Ob man ihn nun als Künstler oder Nicht-Künstler bezeichne, sei ihm im Grunde völlig wurscht. Die Auswahl der Medien ergebe sich daher auch nach der jeweiligen Intention – so stehen Malerei, Aktionismus, Schauspielerei, Performance sowie die Interaktion mit dem Publikum, ja das Publikum selbst gleichberechtigt nebeneinander. Seine Bilder erinnern ein wenig an Pop Art – aber auch Übermalungen von Übermalungen sind bei donhofer., wie er sich als Künstler (oder Nicht-Künstler) nennt, nicht auszuschließen. „Eines Tages kam einer und übermalte Rainer“ war so eine Aktion, die auch malendes Publikum miteinbezog.
Seinen Weg gehen
Geboren wurde er 1983 als Alexander Donhofer in Mödling. Er kam mit vier Jahren nach St. Pölten, wo er sich schon während seiner Schulzeit der Schauspielerei zuwandte. Bei der Theatergruppe PERPETUUM etwa „hab‘ ich wahnsinnig viel gelernt“ – davon kann man sich regelmäßig im ehemaligen Forum-Kino überzeugen. In der FH studierte er Medientechnik. „Übers Theater bin ich zur Performance gelangt.“ Akademische Ausbildung in bildender Kunst besitze er keine. Er lernt dort, wo es etwas Essenzielles zu erfahren gibt, und kümmert sich wenig um institutionalisierte Vorgaben, dafür umso mehr um Handwerkliches. „Wenn einen etwas interessiert, muss man sich das Handwerk zulegen und sich mit der zu Grunde liegenden Philosophie beschäftigen.“ Die „Safe area“ des Kunstbetriebs interessiere ihn sowieso nicht. Kommunikation sei das Zauberwort. Ob die nun von St. Pölten, Wien oder einem abgelegenen Kuhdorf ausgehe, sei völlig nebensächlich. „Das alles ist niemals ortsabhängig.“ Klar: „Um Regeln zu brechen, muss man sie kennen.“
Und Regeln kennt donhofer. zur Genüge und versteht sie auch zu nutzen. Unter seinem Geburtsnamen ist er Leiter der erfolgreichen Werbeagentur linie1. Und nicht nur von dort ist ihm die Wichtigkeit von corporate identity geläufig. Hier der Werbemann Donhofer, dort der Künstler donhofer. in Rot. Auch sein Atelier in Wien ist zweigeteilt – hier der künstlerische Bereich, dort das Agenturbüro: eine klare Trennung ist ersichtlich. Sämtlichen Klischees des im Chaos lebenden Künstlers zum Trotz wirken beide Bereiche allerdings unglaublich aufgeräumt und richtig schön ordentlich. „Mit meiner Werbeagentur erwirtschafte ich mir die Freiräume, die ich in meiner Kunst brauche. So bin ich finanziell unabhängig und brauche keinen Trends nachzurennen.“ Und könne so in seiner Kunst auch Dinge zur Sprache bringen, die sich sonst vielleicht nicht so viele zu thematisieren trauen.
Nicht zufällig zählt Hermann Nitsch zu einem seiner Helden. „Der ist auch immer seinen Weg gegangen und hat sich nix ‚pfiffen. Und wenn Menschen dann sagen: ‚Das kann ich auch; der schmeißt ja nur Farbe an eine Wand‘ – dann sag‘ ich: ‚Dann mach‘s halt!‘ Nur was dabei gerne übersehen wird: Das ist ja immer nur ein – sichtbarer – Endpunkt einer langen Reihe an sämtliche Lebensbereiche durchdringenden, künstlerischen Aktionen.“ Das sei eine Haltung und Herangehensweise an Kunst und Leben, die ihm sehr gefalle.
Auch donhofer.s nächster Streich ist schon in der Pipeline: Er heißt „pornographisch dezente nonnen“. Man darf gespannt sein.
Der rote Faden in donhofer.s Leben heißt schlicht: Kreativität.
Rot – wie der Lebenssaft selbst.
Fad geht anders.
www.donhofer.com
Geboren wurde er 1983 als Alexander Donhofer in Mödling. Er kam mit vier Jahren nach St. Pölten, wo er sich schon während seiner Schulzeit der Schauspielerei zuwandte. Bei der Theatergruppe PERPETUUM etwa „hab‘ ich wahnsinnig viel gelernt“ – davon kann man sich regelmäßig im ehemaligen Forum-Kino überzeugen. In der FH studierte er Medientechnik. „Übers Theater bin ich zur Performance gelangt.“ Akademische Ausbildung in bildender Kunst besitze er keine. Er lernt dort, wo es etwas Essenzielles zu erfahren gibt, und kümmert sich wenig um institutionalisierte Vorgaben, dafür umso mehr um Handwerkliches. „Wenn einen etwas interessiert, muss man sich das Handwerk zulegen und sich mit der zu Grunde liegenden Philosophie beschäftigen.“ Die „Safe area“ des Kunstbetriebs interessiere ihn sowieso nicht. Kommunikation sei das Zauberwort. Ob die nun von St. Pölten, Wien oder einem abgelegenen Kuhdorf ausgehe, sei völlig nebensächlich. „Das alles ist niemals ortsabhängig.“ Klar: „Um Regeln zu brechen, muss man sie kennen.“
Und Regeln kennt donhofer. zur Genüge und versteht sie auch zu nutzen. Unter seinem Geburtsnamen ist er Leiter der erfolgreichen Werbeagentur linie1. Und nicht nur von dort ist ihm die Wichtigkeit von corporate identity geläufig. Hier der Werbemann Donhofer, dort der Künstler donhofer. in Rot. Auch sein Atelier in Wien ist zweigeteilt – hier der künstlerische Bereich, dort das Agenturbüro: eine klare Trennung ist ersichtlich. Sämtlichen Klischees des im Chaos lebenden Künstlers zum Trotz wirken beide Bereiche allerdings unglaublich aufgeräumt und richtig schön ordentlich. „Mit meiner Werbeagentur erwirtschafte ich mir die Freiräume, die ich in meiner Kunst brauche. So bin ich finanziell unabhängig und brauche keinen Trends nachzurennen.“ Und könne so in seiner Kunst auch Dinge zur Sprache bringen, die sich sonst vielleicht nicht so viele zu thematisieren trauen.
Nicht zufällig zählt Hermann Nitsch zu einem seiner Helden. „Der ist auch immer seinen Weg gegangen und hat sich nix ‚pfiffen. Und wenn Menschen dann sagen: ‚Das kann ich auch; der schmeißt ja nur Farbe an eine Wand‘ – dann sag‘ ich: ‚Dann mach‘s halt!‘ Nur was dabei gerne übersehen wird: Das ist ja immer nur ein – sichtbarer – Endpunkt einer langen Reihe an sämtliche Lebensbereiche durchdringenden, künstlerischen Aktionen.“ Das sei eine Haltung und Herangehensweise an Kunst und Leben, die ihm sehr gefalle.
Auch donhofer.s nächster Streich ist schon in der Pipeline: Er heißt „pornographisch dezente nonnen“. Man darf gespannt sein.
Der rote Faden in donhofer.s Leben heißt schlicht: Kreativität.
Rot – wie der Lebenssaft selbst.
Fad geht anders.
www.donhofer.com