MFG - Mein Manager und ich
Mein Manager und ich


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Mein Manager und ich

Text Johannes Reichl
Ausgabe 09/2014

Donnerstag Vormittag. Café Schubert – Rauchsalon. Wir treffen den Literaten, Schauspieler und Chansonier Roul Starka und seinen neuen Manager Manfred Steinwendner zum witzigen Plausch über deren neue geschäftliche „Ehe“, kommende Projekte und ein orangenes Hemd.

Starka in feinem Zwirn, graues Hemd, graue Krawatte, Gilet unterm Sakko und – Markenzeichen – silbernen Schuhe. Manfred Steinwendner wiederum mit charakteristischer grauer Löwenmähne, hipper Brille, oranges Hemd. „Das is ja das Lustige - wenn man uns nicht kennt, glaubt man, I bin der Künstler und Roul der Manager“, lacht er, wie die zwei – auch im Zwiegespräch – selbst bisweilen wie in einer Doppelconference rüberkommen. „Du, Manfred, zu Weihnachten wünsch ich mir dein orangenes Hemd“, bittet sich Starka aus, und er könnte es durchaus ernst meinen. In Anlehnung an Starkas fertiggestelltes Manuskript „Meine Frau und ich“ kommt einem in Bezug auf die zwei Herren der Titel „Mein Manager und ich“ in den Sinn, musikalisch abrunden könnte man das Ganze mit einer Starkaschen Version von Rio Reisers Klassiker „Mein Manager erledigt das für mich“. Wobei, da sind sich beide einig, der eigentliche Chef sowieso Starkas Frau Else ist. „Die hat das allerletzte Wort!“
Die neue Liasion zwischen dem Künstler und dem Sales-Profi ist in einer für Starka fast üblichen Weise zustande gekommen. „Zwar hab ich den Roul von früher gekannt, er hat ja im Löwenkeller als DJ aufgelegt, und er wird bei mir anno dazumal, als ich beim Hartlauer Lehre machte, wohl Schallplatten – ja, so alt sind wir schon – gekauft haben, aber eigentlich bin ich über seine Texte gestolpert.“ Und zwar jene, die Starka auf seiner facebook-Site veröffentlicht und die dieses gewisse Etwas an Authentizität, Sprachkunst und Originalität vereinen. „Dabei bin ich eigentlich gar nicht der große Buchleser, aber mir gefallen Texte, die mich positiv berühren.“ Texte wie jene Starkas, und so kam es alsbald zum ersten Treffen mit Roul und Else – „da hab ich mich sozusagen aufgedrängt“ – und nachdem Starka im Zuge eines Liederabends auch noch „die hefigste und schwerste Kritikerin, nämlich meine vierjährige Tochter, sowie meine Frau und Schwiegermutter fesselte“ hatte Steinwendner auch seitens seiner Familie den Segen, ins Management von Starka einzusteigen. Seine Aufgabe sieht er dabei klassisch. „Es geht darum, das ‚Produkt‘ Starka besser zu vermarkten, einen Künstler, der wirklich sau gut und wert ist, gesehen zu werden, Auftritte zu verschaffen und dafür zu sorgen, dass er dementsprechend entlohnt wird.“
Damit trifft er genau Starkas Interessen, denn wonach er sich nach Jahrzehnten des „Starkstromkünstlers“ und Durchkämpfens sehnt, ist der „Luxus“ der Konzentration rein aufs Künstlerische. „Ich habe 100 verschiedene Locations für Lesungen aufgetrieben, hab in der Gastro gearbeitet, um meine Projekte zu finanzieren, bin Nächte im Copyshop gestanden, um Manuskripte zu kopieren – das brauch ich nimmer.“ Was er sich nach Achtungserfolgen – sein erstes Stück „Urknall“ wurde etwa im Offtheater Wien uraufgeführt – hingegen wünscht, ist finanzieller Spielraum. „Das Klischee vom armen Künstler, dem das gar noch gefällt, kannst vergessen. Ganz im Gegenteil, ich hab Geld ganz lieb“, schmunzelt er und fügt pragmatisch hinzu. „Als Brand über meinem Konterfei auf Plakaten wäre mir Rolex zehnmal lieber als Shakespeare. Da würd ich es ganz wie Sartre halten, der mit nie weniger als 30000 Francs in der Tasche ausgegangen ist.“
Steinwendner ist jedenfalls voll motiviert. „Ich seh das auch als Chance für St. Pölten, einen Künstler groß zu machen. Jetzt haben wir mit Hans Jörg Schelling einen Finanzminister mit österreichweiter Strahlkraft, warum mit Roul Starka nicht einen dementsprechenden Künstler?!“, wobei Starka die „tolle Unterstützung durch die Stadt, durch Thomas Karl hervorstreichen möchte. “
Linkswalzer
Dass hinter den Worten auch konkrete Vorhaben stecken, beweist eine kleine „Herbstoffensive“. So gastiert Starka am 27. September in der Seedose, im Oktober sollen vier weitere Vorstellungen im Voithsaal der Musikschule folgen: „Der Rouli am Steinway“, da glänzen des Künstlers Augen. Unter der Produktionsleitung von Dieter Libuda wird zudem eine Live-CD eingespielt. Wie das Programm – das prinzipiell auf seinem bisherigen „Linkswalzer“ basiert – in Hinkunft heißen wird, ist noch nicht ganz ausgeschnapst. „Möglicherweise‚ Roul Starka – St. Pöltner Gesichten und Chansons.‘“ Das Lied „Linkswalzer“ bildet dabei nach wie vor einen fundamentalen Teil „weil es mir extrem wichtig ist. Dabei geht es um einen Dialog mit meinem verstorbenen Vater, der eigentlich immer davon geträumt hat, auch einmal Literat zu werden. Mit 47 Jahren ist er gestorben.“ Es beschreibt v.a. eine problematische Vater-Sohn-Beziehung, die erst durch den (Toten)Tanz Erlösung erfährt. „Ich hab meinen Vater als Kind kaum gekannt, war einmal im Jahr bei ihm, hatte eher Angst. Als ich 1979 dann aber eine Nervenentzündung hatte, hat er mit mir Walzer getanzt. Das war das erste Mal, dass ich keine Angst vor ihm hatte, während er wahrscheinlich die allergrößte um mich hatte.“
Neben „Linkswalzer“ singt Starka über weitere Begebenheiten, stets mit starkem Lokalkolorit und immer aus seinem Leben gegriffen. All made by Starka, wobei der „Liederrat“, wie man ihn auch mit einem von Heli Deinboek geprägten Begriff umschreiben könnte, neuerdings zusätzlich auf musikalische Klassiker zurückgreift. „Etwa ‚Get back‘ oder ‚Bobby Brown‘, die ich dann mit St. Pöltner Texten versehe.“ Ostbahn Kurti, Heli Deinboek oder Wolfi Ambros lassen Grüßen, „wobei es bei Roul“, wie Steinwender findet „eher hadert, bronnert und qualtingert.“
Zwischen den Liedern liest Starka Textpassagen aus seinem Manuskript „Meine Frau und ich“, das einen witzigen Blick auf des Künstlers Lebensalltag mit seiner Else wirft „und dies ohne Rücksicht auf Verluste.“ Ob er da nicht mitunter „Brösel“ mit der Frau Gemahlin bekommt? Starka schmunzelt: „Naja, es gibt natürlich bisweilen heftige Diskussionen, die sind aber immer produktiv – und das letzte Wort hat Else.“ Was im Übrigen auch auf Starkas Facebook-Einträge zutrifft, die nicht minder offenherzig über sein Leben Auskunft geben. Dabei spukt dem Künstler schon das nächste Buchprojekt im Kopf umher, das den exzessiv-autobiographischen Ansatz quasi auf die Spitze treiben möchte. „Mir schwebt ein ‚Eheliches Tagebuch‘ vor ... also wenn das die Else erlaubt, bin ich verblüfft“, lacht er, zündet sich noch eine Zigarette an. „Und wann bekomm ich jetzt das Hemd, Manfred?!“