Andreas Gruber - Der Angstmacher
Text
Thomas Fröhlich
Ausgabe
Er schreibt die so ziemlich spannendsten (und für manche Zeitgenossen auch grauslichsten) Thriller, die Österreich zu bieten hat. Er sucht nicht nur regelmäßig St. Pölten heim, sondern schickt – wie in seinem aktuellen Roman „Herzgrab“ – die Protagonisten seiner Romane und Erzählungen regelmäßig an die Abgründe der menschlichen Seele und darüber hinaus. Er heißt Andreas Gruber und hat die Lizenz zum Angst einjagen.
Der Bär!“, ruft eine nicht ganz unbekannte österreichische Schriftstellerin bei einem unserer Treffen aus, als die Sprache auf Andreas Gruber kommt, und lacht. Sie meint natürlich: Teddybär. Das sei die liebevolle Bezeichnung der österreichischen Krimi-Autorenschaft, wenn es um besagten Herrn geht.
Ich kann‘s nachvollziehen: Es gibt kaum einen deutschsprachigen Vertreter der schreibenden Zunft, der dermaßen freundlich, unkompliziert und humorvoll ist wie Gruber. In seiner Gegenwart fühlt man sich in Sekundenschnelle unglaublich wohl. Seine finstere Seite zeigt er in seinen Büchern: ob Horror, Science Fiction oder – seit einigen Jahren – erfolgreiche Thriller, die regelmäßig an der 100.000er-Auflagen-Marke kratzen.
Nicht schlecht für einen Teddy. Der mir schon einige Male schlaflose Nächte bereitet hat, mit der Geschichte der dünnen Männer etwa, die einen Wiener Hausflur entlang schleichen. Und dann klopfen sie … O Gott!
„Schreiben wollte ich immer schon“, erinnert er sich. „Zu einem Zeitpunkt, als ich noch zu klein war, um schreiben zu können, hab‘ ich Comics gezeichnet, um Geschichten zu erzählen. In den Sprechblasen waren dann irgendwelche Zeichen, die halt aussehen sollten wie Schrift.“ Geschichten erzählen – das ist der Punkt. Aber halt nicht irgendwelche: „Im Grunde schreib‘ ich das, was ich selbst gerne lese. Und das sind nun einmal Horror- und SciFi-Stories, Thriller und Krimis.“ Wobei er seit Beginn seiner Karriere umgehend in Deutschland akzeptiert wurde – in Österreich ließ sich das aufgrund seiner Genre-Bezogenheit und seiner Weigerung, permanent zu irgendwelchen sozialen oder politischen Themen (literarisch) Stellung zu nehmen, eher zäh an und er galt hier jahrelang als „Geheimtipp“. Das etcetera der LitGes St. Pölten war wohl eine der wenigen österreichischen Publikationen, in denen Gruber regelmäßig veröffentlichte – bei einigen Lesungen in St. Pölten, beim Blätterwirbel im Landestheater oder im Cinema Paradiso etwa, zementierte er persönlich seinen Ruf als präziser Chronist des Schreckens. Nicht, dass Gruber an gesellschaftlichen Themen uninteressiert wäre – im Gegenteil. „Aber wenn ich über die Überwachung à la NSA schreiben tät‘, gegen die alles von Orwell verblasst, würde das mit soviel Wut im Bauch passieren ...“ Da schon lieber gemütliche Serienkiller, Tentakelmonster from outer space oder Racheengel aus der Mitte der so genannten guten Gesellschaft.
Am stärksten ist Gruber ja dann, wenn er, wie im soeben bei Goldmann erschienen Roman Herzgrab, die Leserschaft in der scheinbaren Sicherheit der Normalität wiegt, um dann schleichend Düsternis und Grauen an den Rändern einsickern lässt.
Gruber ist gebürtiger Wiener und erblickte im mythenverhangenen Jahr 1968 das fahle Licht der Welt. Nach einer „von Raumschiff Enterprise und Clever und Smart-Comics versüßten und inspirierten Kindheit“ lernte er an der Wirtschaftsuniversität Wien die Trockenheit des „wirklichen“ Lebens kennen – und möglicherweise den wahren Horror, der sich hinter Kürzeln wie BWL, VWL oder Nebelbegriffen wie Shareholder Value versteckt. Derzeit arbeitet Gruber halbtags im Büro eines Pharmakonzerns und lebt mit Ehefrau Heidemarie und jeder Menge Katzen in Grillenberg in Niederösterreich.
„Das Landleben hat für mich nur Vorteile,“ meint Gruber, der ja auch die Großstadt zur Genüge kennt. „In der Früh kommen die Rehe aus dem nahe gelegenen Wald bis fast vor die Haustür, es ist ruhig – und ich komme zum Schreiben.“ Was er ab 2015 ausschließlich betreiben wird. „Es ist jetzt soweit.“ Er, der mit Veröffentlichungen bei Klein- und Kleinstverlagen begonnen hat, darf nun auf einen von seinem Literaturagenten vermittelten Vertrag über mehrere Bücher beim Goldmann-Verlag blicken, was Freiheiten aber auch Verpflichtungen bringt. „Der Buchmarkt ist unglaublich hart. Und es ist leider so: Dein Buch kann noch so gut sein – wenn es nicht g‘scheit beworben wird, du also keine gute Marketing-Abteilung im Verlag hast, gelangt das nie an ein größeres Publikum.“
Er selbst nahm drei Anläufe, den dritten im Alter von 29. „1996 hatte ich Grippe, war zwei Wochen ans Bett gefesselt, fad war mir, also hab‘ ich meinen Laptop hergenommen und im Krankenstand meinen ersten Roman geschrieben.“ Er schmunzelt: „Und genauso liest er sich auch. Der ist zurecht nie veröffentlicht worden.“ Doch seitdem schrieb er regelmäßig – für Fanzines, Fantastikmagazine, Literaturzeitschriften, Anthologien, verfasste Erzählbände und Romane, vieles davon preisgekrönt.
Dabei sei ihm das Talent dazu gar nicht in die Wiege gelegt worden. „Zum Musiker, Regisseur, Maler oder Comiczeichner hatte ich allerdings noch weniger Talent. Also besuchte ich diverse Schreibseminare, um es zu lernen.“ Denn Schreiben sei zum überwiegenden Teil Handwerk. Plus ein paar gute, in seinem Fall wunderbar grauenhafte Plotideen. Und langjährige harte Arbeit. „Darum empfehle ich auch Jungautoren, sich ernsthaft zu fragen, ob sie dieses ‚Müssen‘ verspüren. Denn wenn das Schreiben ohne Herzblut passiert, werden da nur ein paar sinnlos verschissene Jahre daraus.“
Sprachlich versiert zieht Gruber nun seit Jahren schon die Spannungsschraube an und vergießt dabei nicht nur jede Menge Herzblut. Für Ende 2014 ist der nächste Anschlag aufs Nervenkostüm der Leserschaft geplant.
Und er beweist damit wieder einmal, dass die literarisch perfidesten Ideen mitunter von den nettesten Menschen ausgebrütet werden. ROMANE
Der Judas-Schrein (Festa Verlag, 2005)
Schwarze Dame (Festa Verlag, 2007)
Das Eulentor (Blitz Verlag, 2008)
Die Engelsmühle (Festa Verlag, 2008)
Rachesommer (Bertelsmann, 2010)
Todesfrist (Club Bertelsmann, 2012)
Herzgrab (Goldmann Verlag, 2013)
Ich kann‘s nachvollziehen: Es gibt kaum einen deutschsprachigen Vertreter der schreibenden Zunft, der dermaßen freundlich, unkompliziert und humorvoll ist wie Gruber. In seiner Gegenwart fühlt man sich in Sekundenschnelle unglaublich wohl. Seine finstere Seite zeigt er in seinen Büchern: ob Horror, Science Fiction oder – seit einigen Jahren – erfolgreiche Thriller, die regelmäßig an der 100.000er-Auflagen-Marke kratzen.
Nicht schlecht für einen Teddy. Der mir schon einige Male schlaflose Nächte bereitet hat, mit der Geschichte der dünnen Männer etwa, die einen Wiener Hausflur entlang schleichen. Und dann klopfen sie … O Gott!
„Schreiben wollte ich immer schon“, erinnert er sich. „Zu einem Zeitpunkt, als ich noch zu klein war, um schreiben zu können, hab‘ ich Comics gezeichnet, um Geschichten zu erzählen. In den Sprechblasen waren dann irgendwelche Zeichen, die halt aussehen sollten wie Schrift.“ Geschichten erzählen – das ist der Punkt. Aber halt nicht irgendwelche: „Im Grunde schreib‘ ich das, was ich selbst gerne lese. Und das sind nun einmal Horror- und SciFi-Stories, Thriller und Krimis.“ Wobei er seit Beginn seiner Karriere umgehend in Deutschland akzeptiert wurde – in Österreich ließ sich das aufgrund seiner Genre-Bezogenheit und seiner Weigerung, permanent zu irgendwelchen sozialen oder politischen Themen (literarisch) Stellung zu nehmen, eher zäh an und er galt hier jahrelang als „Geheimtipp“. Das etcetera der LitGes St. Pölten war wohl eine der wenigen österreichischen Publikationen, in denen Gruber regelmäßig veröffentlichte – bei einigen Lesungen in St. Pölten, beim Blätterwirbel im Landestheater oder im Cinema Paradiso etwa, zementierte er persönlich seinen Ruf als präziser Chronist des Schreckens. Nicht, dass Gruber an gesellschaftlichen Themen uninteressiert wäre – im Gegenteil. „Aber wenn ich über die Überwachung à la NSA schreiben tät‘, gegen die alles von Orwell verblasst, würde das mit soviel Wut im Bauch passieren ...“ Da schon lieber gemütliche Serienkiller, Tentakelmonster from outer space oder Racheengel aus der Mitte der so genannten guten Gesellschaft.
Am stärksten ist Gruber ja dann, wenn er, wie im soeben bei Goldmann erschienen Roman Herzgrab, die Leserschaft in der scheinbaren Sicherheit der Normalität wiegt, um dann schleichend Düsternis und Grauen an den Rändern einsickern lässt.
Gruber ist gebürtiger Wiener und erblickte im mythenverhangenen Jahr 1968 das fahle Licht der Welt. Nach einer „von Raumschiff Enterprise und Clever und Smart-Comics versüßten und inspirierten Kindheit“ lernte er an der Wirtschaftsuniversität Wien die Trockenheit des „wirklichen“ Lebens kennen – und möglicherweise den wahren Horror, der sich hinter Kürzeln wie BWL, VWL oder Nebelbegriffen wie Shareholder Value versteckt. Derzeit arbeitet Gruber halbtags im Büro eines Pharmakonzerns und lebt mit Ehefrau Heidemarie und jeder Menge Katzen in Grillenberg in Niederösterreich.
„Das Landleben hat für mich nur Vorteile,“ meint Gruber, der ja auch die Großstadt zur Genüge kennt. „In der Früh kommen die Rehe aus dem nahe gelegenen Wald bis fast vor die Haustür, es ist ruhig – und ich komme zum Schreiben.“ Was er ab 2015 ausschließlich betreiben wird. „Es ist jetzt soweit.“ Er, der mit Veröffentlichungen bei Klein- und Kleinstverlagen begonnen hat, darf nun auf einen von seinem Literaturagenten vermittelten Vertrag über mehrere Bücher beim Goldmann-Verlag blicken, was Freiheiten aber auch Verpflichtungen bringt. „Der Buchmarkt ist unglaublich hart. Und es ist leider so: Dein Buch kann noch so gut sein – wenn es nicht g‘scheit beworben wird, du also keine gute Marketing-Abteilung im Verlag hast, gelangt das nie an ein größeres Publikum.“
Er selbst nahm drei Anläufe, den dritten im Alter von 29. „1996 hatte ich Grippe, war zwei Wochen ans Bett gefesselt, fad war mir, also hab‘ ich meinen Laptop hergenommen und im Krankenstand meinen ersten Roman geschrieben.“ Er schmunzelt: „Und genauso liest er sich auch. Der ist zurecht nie veröffentlicht worden.“ Doch seitdem schrieb er regelmäßig – für Fanzines, Fantastikmagazine, Literaturzeitschriften, Anthologien, verfasste Erzählbände und Romane, vieles davon preisgekrönt.
Dabei sei ihm das Talent dazu gar nicht in die Wiege gelegt worden. „Zum Musiker, Regisseur, Maler oder Comiczeichner hatte ich allerdings noch weniger Talent. Also besuchte ich diverse Schreibseminare, um es zu lernen.“ Denn Schreiben sei zum überwiegenden Teil Handwerk. Plus ein paar gute, in seinem Fall wunderbar grauenhafte Plotideen. Und langjährige harte Arbeit. „Darum empfehle ich auch Jungautoren, sich ernsthaft zu fragen, ob sie dieses ‚Müssen‘ verspüren. Denn wenn das Schreiben ohne Herzblut passiert, werden da nur ein paar sinnlos verschissene Jahre daraus.“
Sprachlich versiert zieht Gruber nun seit Jahren schon die Spannungsschraube an und vergießt dabei nicht nur jede Menge Herzblut. Für Ende 2014 ist der nächste Anschlag aufs Nervenkostüm der Leserschaft geplant.
Und er beweist damit wieder einmal, dass die literarisch perfidesten Ideen mitunter von den nettesten Menschen ausgebrütet werden. ROMANE
Der Judas-Schrein (Festa Verlag, 2005)
Schwarze Dame (Festa Verlag, 2007)
Das Eulentor (Blitz Verlag, 2008)
Die Engelsmühle (Festa Verlag, 2008)
Rachesommer (Bertelsmann, 2010)
Todesfrist (Club Bertelsmann, 2012)
Herzgrab (Goldmann Verlag, 2013)