Wir Staatskünstler
Text
Michael Müllner
Ausgabe
Als „Wir Staatskünstler“ liefern die Spaßvögel Thomas Maurer, Robert Palfrader und Florian Scheuba Quotenhits im ORF und füllen Konzerthäuser. Doch mit einem Dreh im St. Pöltner Dom haben sie bei katholischen Fundis angeeckt. Ein klassisches Stück über die Freiheit der Kunst – und die Frage, wie angerührt Gläubige sein dürfen.
Als das Trio im Rahmen ihrer Fernseh-Satire „Wir Staatskünstler" einen Beitrag aus St. Pölten zuspielt, lachen in den Gebührenzahlerhaushalten viele laut auf. Die Satire zeigt drei vermummte Gestalten im St. Pöltner Dom. In Anlehnung an „Pussy Riot" tragen sie ein „Punkgebet" vor, beten die Himmelsmutter an und spielen mit dem – natürlich rein theoretischen – Gedanken, dass man im heiligen Land Niederösterreich ja eigentlich auch jemand anderen wählen könnte, als „den Pröll, den Erwinvater." Sinn macht diese Nummer erst recht, wenn man den Vorspann kennt. Darin wurde gezeigt, wie junge Frauen der Punkband „Pussy Riot" in der „Christ-Erlöser"-Kathedrale in Moskau ihr „Punkgebet" vortragen – um gegen Putin und die enge Verknüpfung zwischen seiner Politik und der russisch-orthodoxen Kirche zu protestieren. Doch zurück nach St. Pölten, wo BZÖ-Europaparlamentarier Ewald Stadler nach der Ausstrahlung des Beitrages die drei Künstler anzeigte – wegen „Kirchenschändung." Florian Scheuba bestätigt MFG, dass diese Anzeige Ende Februar eingestellt wurde: „Laut Staatsanwaltschaft Wien lag kein objektiver Tatbestand vor – was eigentlich jedem klar sein sollte, der das Video gesehen hat." Doch auch in der Diözese St. Pölten hatte der Dreh für Irritation gesorgt, wie Eduard Habsburg, bischöflicher Medienreferent, bestätigt: „Es gab im Vorfeld keine Anfrage für eine Drehgenehmigung. Als wir die Ausstrahlung sahen, waren wir irritiert. Die ersten Videosequenzen zeigen die Darsteller beim Beten, dem Anrufen der Himmelsmutter. Wir Katholiken sind bei der Jungfrau Maria empfindlich, so gesehen verstehe ich, wenn sich Gläubige verletzt fühlen." „Wenn sich ein gläubiger Mensch von diesem Beitrag beleidigt fühlt, dann hat er die Nummer nicht verstanden. Natürlich wollten wir nicht die Religion, sondern die Politik und ihre Allmacht verarschen", kontert Scheuba. Jedoch hatte die Produktionsfirma tatsächlich keine Drehgenehmigung eingeholt: „Wir waren in St. Pölten und hatten spontan die Idee für diese Nummer. Als wir im Dom gesehen haben, dass wir hier keine Anwesenden stören würden, haben wir rasch gedreht. Die Spontaneität ist Teil des Formats, der Überraschungseffekt ist uns wichtig." Mit dem Argument, dass zu bestrafen sei, wer regliöse Gefühle verletzt, schickte zuletzt die Putin-Justiz zwei junge Frauen von „Pussy Riot" für zwei Jahre ins Arbeitslager. Unfeine Gesellschaft für Gläubige, oder?