Die Vergessenen
Text
Sascha Harold
Ausgabe
Groß war die Aufregung als die traditionsreiche St. Pöltner Glanzstoff Fabrik Ende 2008 ihren Betrieb einstellte. Vor allem mehr als 300 Arbeiter in der Fabrik betraf die Schließung. Die Politik versprach den Schicksalschlag jedoch durch Sozialprogramme abzufedern. Heute, vier Jahre danach, ist es still geworden um das Ende der Fabrik, ehemalige Arbeiter erinnern sich.
Gute 21 Jahre war Christian Zollhuber im Bereich Mess- und Regeltechnik in der Glanzstoff Fabrik beschäftigt. „Als die ersten Gerüchte aufkamen, dass das Werk vermutlich schließen würde, begann ich im Internet zu schnuppern, was mich danach in der neuen Welt erwarten könnte. Ich bemerkte sofort, dass der Markt von Leihfirmen überschwemmt war.” Viele Jobs, für die sich Zollhuber in weiterer Folge beworben hat, entsprachen schlicht nicht seiner Qualifikation, und das Lohnniveau war durch Leiharbeiter soweit gedrückt, dass niemand gewillt war, ihm den Lohn zu bezahlen, den er bei der Glanzstoff erhalten hatte. Dem konnte auch die vom AMS eingerichtete Stiftung nicht viel entgegen setzen. „Ziel einer Stiftung ist einerseits die Neuorientierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, andererseits die entsprechende Ausbildung für die neuen beruflichen Anforderungen”, so Thomas Pop, Leiter des AMS St. Pölten. Die soziale Einrichtung konnte so zwar vielen angelernten Hilfskräften entsprechende Qualifikation verschaffen, für langjährige Fachkräfte wie Zollhuber war sie aber nicht ausgelegt. Seinen jetzigen Job verdankt er persönlichem Engagement bei der Suche, ein wenig Glück sowie der kooperativen Geschäftsführung der Glanzstoff, die seinen Vertrag vorzeitig löste.
Neuorientierung. Etwas länger dauerte die Arbeitssuche Otto Höchtls, einem Chemielaboranten, der mehr als 30 Glanzstoffjahre auf dem Buckel hatte. Drei Monate nach der Schließung fand sich durch einen glücklichen Zufall ein Job am Magistrat als Bademeister. Ihm wurde zwar ein Jobangebot in seiner angestammten Branche unterbreitet, die neue Stelle wäre aber mit Pendeln oder Umzug verbunden gewesen. Nachdem sich sein Lebensmittelpunkt in St. Pölten befindet, kam dies für ihn nicht in Frage. Über die Stiftung weiß er nicht nur Gutes zu berichten: “Langjährige Schlosser und Schweißer wurden von der Stiftung zu einem Anfängerkurs in ihrem Bereich geschickt, obwohl sie selbst Profis waren und sogar teilweise den Lehrern noch etwas erzählen hätten können.” Für ihn selbst hat sich nicht viel geändert. „Ich hatte nicht den finanziellen Druck, den manch anderer hatte. Der Verdienst ist zwar anders, aber man muss natürlich auch Kompromisse eingehen“, erzählt Höchtl und wirkt zufrieden. Dass das Werk geschlossen werden würde, ahnte er bereits – „Die Glanzstoff hat für mich schon öfter zugesperrt!“ – und war deshalb auch seelisch darauf vorbereitet. Doch manche traf das Ende aus heiterem Himmel, und viele klammerten sich schließlich an den Strohhalm der Stiftung.
Neuorientierung. Etwas länger dauerte die Arbeitssuche Otto Höchtls, einem Chemielaboranten, der mehr als 30 Glanzstoffjahre auf dem Buckel hatte. Drei Monate nach der Schließung fand sich durch einen glücklichen Zufall ein Job am Magistrat als Bademeister. Ihm wurde zwar ein Jobangebot in seiner angestammten Branche unterbreitet, die neue Stelle wäre aber mit Pendeln oder Umzug verbunden gewesen. Nachdem sich sein Lebensmittelpunkt in St. Pölten befindet, kam dies für ihn nicht in Frage. Über die Stiftung weiß er nicht nur Gutes zu berichten: “Langjährige Schlosser und Schweißer wurden von der Stiftung zu einem Anfängerkurs in ihrem Bereich geschickt, obwohl sie selbst Profis waren und sogar teilweise den Lehrern noch etwas erzählen hätten können.” Für ihn selbst hat sich nicht viel geändert. „Ich hatte nicht den finanziellen Druck, den manch anderer hatte. Der Verdienst ist zwar anders, aber man muss natürlich auch Kompromisse eingehen“, erzählt Höchtl und wirkt zufrieden. Dass das Werk geschlossen werden würde, ahnte er bereits – „Die Glanzstoff hat für mich schon öfter zugesperrt!“ – und war deshalb auch seelisch darauf vorbereitet. Doch manche traf das Ende aus heiterem Himmel, und viele klammerten sich schließlich an den Strohhalm der Stiftung.
Politische Instrumentalisierung. Von vielen wurde dieser Strohalm auch dankbar ergriffen. Statistisches weiß Pop zu berichten: “In die Glanzstoff Stiftung sind 129 Personen eingetreten, weitere Eintritte sind nicht mehr möglich, da die Stiftung zeitlich begrenzt ist – voraussichtliches Ende: 31.10.2013.” Nicht ganz die Hälfte aller Glanzstoff Mitarbeiter war also in die Stiftung eingetreten. Immerhin 65 befanden sich laut AMS drei Monate nach Stiftungsaustritt noch in einem aufrechten Dienstverhältnis. Inwieweit die Stiftung im konkreten Einzelfall geholfen hat, lässt sich rückwirkend nicht feststellen. Acht Mitarbeiter stecken nach wie vor in Fort- und Weiterbildungen. Ein abschließendes Statement lässt sich Pop, ob des noch laufenden Programmes nicht entlocken, das Zwischenresümee fällt aber überwiegend positiv aus. Dass nicht alles reibungslos ablief, beweisen die Aussagen von Höchtl betreffend fehlgeplanter Ausbildungen, sowie die Tatsache, dass sowohl er wie auch Zollhuber das Glück betonen, das sie bei der Suche hatten.
Die Politik schweigt sich mittlerweile zu dem Thema aus. Nach der Schließung (mitten im Wahlkampf) klang das noch anders. Von SPÖ-Seite waren Solidaritätsbekundungen zu hören, die den Arbeitern ihre Unterstützung zusicherten. „Gemeinsam mit Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Sepp Leitner werde ich ein persönliches Patenschaftsmodell vor allem für ältere und schwer vermittelbare ArbeitnehmerInnen ins Leben rufen“, ließ etwa der Bürgermeister wissen. Die ÖVP wiederum gefiel sich theatralisch darin, die Schuld der Schließung einfach bei den Roten zu wittern, worauf die “Schwarzen” als “Blockierer” verunglimpft wurden, denen das Wohl der Arbeiter am Allerwertesten vorbeigehe. Die betroffenen Arbeiter hatten wenig von dieser politischen Schlammschlacht, und vier Jahre später scheint kein Hahn mehr nach ihnen zu krähen. So ward vom „persönlichen Patenschaftsmodell“ nichts mehr gehört, und im Bürgermeistersekretariat wird nur lapidar aufs AMS verwiesen. „Die Stiftung ist über das AMS abgewickelt worden, Anfragen dazu bitte dorthin richten.“
Die Politik schweigt sich mittlerweile zu dem Thema aus. Nach der Schließung (mitten im Wahlkampf) klang das noch anders. Von SPÖ-Seite waren Solidaritätsbekundungen zu hören, die den Arbeitern ihre Unterstützung zusicherten. „Gemeinsam mit Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Sepp Leitner werde ich ein persönliches Patenschaftsmodell vor allem für ältere und schwer vermittelbare ArbeitnehmerInnen ins Leben rufen“, ließ etwa der Bürgermeister wissen. Die ÖVP wiederum gefiel sich theatralisch darin, die Schuld der Schließung einfach bei den Roten zu wittern, worauf die “Schwarzen” als “Blockierer” verunglimpft wurden, denen das Wohl der Arbeiter am Allerwertesten vorbeigehe. Die betroffenen Arbeiter hatten wenig von dieser politischen Schlammschlacht, und vier Jahre später scheint kein Hahn mehr nach ihnen zu krähen. So ward vom „persönlichen Patenschaftsmodell“ nichts mehr gehört, und im Bürgermeistersekretariat wird nur lapidar aufs AMS verwiesen. „Die Stiftung ist über das AMS abgewickelt worden, Anfragen dazu bitte dorthin richten.“