Und immer wieder Bach
Text
Johannes Reichl
Ausgabe
Über mangelnde schöne Aussichten kann sich Otto Kargl, seines Zeichens St. Pöltner Domkapellmeister, wahrlich nicht beklagen: Der Weg zu seinem Arbeitsplatz führt über den romantischen Kreuzgang, von seinem Büro aus genießt er – mitten in der City – einen Blick ins Grüne, und oben auf der Orgelempore liegt ihm im wahrsten Sinne des Wortes das barocke Dom-Innere zu Füßen.
Dass ihn sein Weg in die Kirche und zur Musik geführt hat, war dabei lange Zeit keine ausgemachte Sache. „Ursprünglich wollte ich Wirt werden“, lacht Kargl über seine Kindheitsvorstellung von sich als Erwachsenem. Diese kam freilich nicht von ungefähr. Die Großmutter hatte ein Wirtshaus im steirischen Örtchen Gaal, wo Kargl herstammt und bis heute jeden Sommer verbringt „weil Heimat einfach Heimat ist“. Selbstredend, dass er im Familienbetrieb von Kleinauf mitanpackte, „und ich bin auch ganz gern einfach so dabei gesessen bei den diversen Runden – das mach ich übrigens bis heute gern“, schmunzelt er. Vor allem faszinierte ihn die die einzigartige Gästestruktur „die eine Mischung aus Alkoholikern und Mönchen war.“
Das Liederliche und Heilige sozusagen gütlich vereint am Wirtshaustisch. Die Mönche kamen von der nahen Abtei Seckau, die auch Kargls erste kirchenmusikalische Sozialisierung bringen sollte, „weil dort viele gregorianische Choräle gesungen wurden. Und auch die Orgelmusik, dieser mystische Klang, der den alten Dom erfüllte, hat mich immens fasziniert.“
Zuhause gings musikalisch hingegen volkstümlicher zu. „Wir haben einfach viel und gerne gesungen, ganz ohne künstlerischen Anspruch. Vor allem meine Mama war eine sehr gute Sängerin.“ Am Programm standen eher Volkslieder, die klassische Musik brachte dem kleinen Otto die Verwandtschaft der Mutter näher, „aber ich wurde nie in Richtung Musik getrimmt.“
Das Liederliche und Heilige sozusagen gütlich vereint am Wirtshaustisch. Die Mönche kamen von der nahen Abtei Seckau, die auch Kargls erste kirchenmusikalische Sozialisierung bringen sollte, „weil dort viele gregorianische Choräle gesungen wurden. Und auch die Orgelmusik, dieser mystische Klang, der den alten Dom erfüllte, hat mich immens fasziniert.“
Zuhause gings musikalisch hingegen volkstümlicher zu. „Wir haben einfach viel und gerne gesungen, ganz ohne künstlerischen Anspruch. Vor allem meine Mama war eine sehr gute Sängerin.“ Am Programm standen eher Volkslieder, die klassische Musik brachte dem kleinen Otto die Verwandtschaft der Mutter näher, „aber ich wurde nie in Richtung Musik getrimmt.“
Musikalischer Eisenfuß
Zwar lernt Kargl während der Gymnasialzeit – mittlerweile hat es die Familie nach Knittelfeld verschlagen und der kindliche Wirtshaustraum ist ob einer „ungünstigen Erbfolge“ geplatzt – Klavier, aber auch in diesen Teenagerjahren ist die Musik keinesfalls die eindeutige Nummer eins. „Ich hatte genauso ein Faible für Sport, hab Leichtathletik gemacht, vor allem Langstrecken, und dann natürlich Fußball gespielt.“ Das tut er bis heute gerne, wobei Kargl seiner Spielanlage von damals treu geblieben ist: „Ich bin ein gefürchteter Eisenfuß!“
Als sich die Schulzeit dem Ende zuneigt, steht er mit diesen beiden Interessen vor der Entscheidung des weiteren Ausbildungsweges – das Pendel schlägt weder für das eine, noch das andere explizit aus, und so strebt Kargl zunächst den Kompromissweg an: Lehramt für Sport und Musik. Als er aber beim ersten Antreten nicht die Aufnahmsprüfung schafft, ist der Plan gescheitert. Im zweiten Anlauf schafft er zwar dann den Sprung an die Hochschule, diesmal inskribiert er allerdings „Kirchenmusik“ – eine folgenschwere Entscheidung, wie sich zeigen sollte „obwohl ich sie nicht aus einem wie immer gearteten Berufungsgefühl heraus gefällt habe.“ Sie war wohl eher der Kategorie „aus der Not eine Tugend machen“ zuzuordnen, und aus diesen entstehen oft die bemerkenswerten Karrieren und Lebenswege. Denn heute ist der Beruf für Kargl ohne Zweifel zur Berufung geworden – musikalisch wie auch in einem persönlich religiösen Sinne. Wobei er Musik gar nicht als ausschließlichen Hauptnerv seines Lebens begreift, sondern einer Art holistisch-künstlerischem Weltbild nachhängt. „Mir ist etwa auch die Literatur immens wichtig!“ Zu seinen diesbezüglichen Helden zählen „Handke, Faulkner und Camus, die ich exzessiv lese“, und es wird während des Gesprächs nicht nur einmal vorkommen, dass Kargl wie selbstverständlich – nicht etwa aus einem angeberischen Geltungsdrang heraus – passende Zitate einstreut.
Und seine musikalischen Heroen? „Ach, da gibt es so viele, es ist schwer, einen hervorzuheben. Am ehsten natürlich Bach, der ist und bleibt der Übervater, aber das trifft ja für viele zu.“
Vom Menscheln
Kunst, so ist Kargl überzeugt, „macht den Menschen jedenfalls menschlicher – wobei es völlig egal ist, ob man sie hobbymäßig oder beruflich betreibt.“ Dies meint er aber keinesfalls in einem elitären Sinne, „Musiker, Künstler sind keine besseren Menschen“, sehr wohl aber in einem sozialen. Vielleicht ist man dadurch näher am Leben dran, setzt sich damit stärker auseinander, oder ist – wie im Falle jener Wirkungsbereiche, in denen Kargl tätig ist – auch unmittelbarer involviert. „Ein Chor, ein Orchester, in dem 20-80 Leute zusammen sind, schärft sicher die soziale Kompetenz. Das sind ja unglaubliche soziale Gebilde!“
Gebilde, in denen es vor allem „menschelt“, wie man so schön sagt. Das kann entweder gehörig aus dem Ruder laufen, wenn Eiteltkeit, Eifersüchteleien und Intrigen überhand nehmen, oder es kann zu grandiosen, erfüllenden Gemeinschaftserlebnissen führen „wenn man sein Ego im Dienste eines großen Ganzen, eines gemeinsamen Zieles ein bisschen zurücknimmt und versucht, eine gemeinsame Sprache zu finden.“ Dem Chor- und Kapellmeister kommt dabei nicht nur die künstlerische Führerschaft zu, sondern er muss vor allem auch die „Bestie Orchester“, wie sie etwa Federicco Fellini in seinem gleichnamigen Film „prova d’orchestra“ nachzeichnete, wie ein Dompteur in Schach, bei Laune halten. Ob Kargl dabei eher der Kategorie „autoritär“ oder „kumpelhaft“ zuzuzählen ist, „kann ich selbst nicht einschätzen“, aber aus einer grundsätzlichen Überzeugung macht er kein Hehl: „Demokratie gibt es natürlich keine!“
Zwar lernt Kargl während der Gymnasialzeit – mittlerweile hat es die Familie nach Knittelfeld verschlagen und der kindliche Wirtshaustraum ist ob einer „ungünstigen Erbfolge“ geplatzt – Klavier, aber auch in diesen Teenagerjahren ist die Musik keinesfalls die eindeutige Nummer eins. „Ich hatte genauso ein Faible für Sport, hab Leichtathletik gemacht, vor allem Langstrecken, und dann natürlich Fußball gespielt.“ Das tut er bis heute gerne, wobei Kargl seiner Spielanlage von damals treu geblieben ist: „Ich bin ein gefürchteter Eisenfuß!“
Als sich die Schulzeit dem Ende zuneigt, steht er mit diesen beiden Interessen vor der Entscheidung des weiteren Ausbildungsweges – das Pendel schlägt weder für das eine, noch das andere explizit aus, und so strebt Kargl zunächst den Kompromissweg an: Lehramt für Sport und Musik. Als er aber beim ersten Antreten nicht die Aufnahmsprüfung schafft, ist der Plan gescheitert. Im zweiten Anlauf schafft er zwar dann den Sprung an die Hochschule, diesmal inskribiert er allerdings „Kirchenmusik“ – eine folgenschwere Entscheidung, wie sich zeigen sollte „obwohl ich sie nicht aus einem wie immer gearteten Berufungsgefühl heraus gefällt habe.“ Sie war wohl eher der Kategorie „aus der Not eine Tugend machen“ zuzuordnen, und aus diesen entstehen oft die bemerkenswerten Karrieren und Lebenswege. Denn heute ist der Beruf für Kargl ohne Zweifel zur Berufung geworden – musikalisch wie auch in einem persönlich religiösen Sinne. Wobei er Musik gar nicht als ausschließlichen Hauptnerv seines Lebens begreift, sondern einer Art holistisch-künstlerischem Weltbild nachhängt. „Mir ist etwa auch die Literatur immens wichtig!“ Zu seinen diesbezüglichen Helden zählen „Handke, Faulkner und Camus, die ich exzessiv lese“, und es wird während des Gesprächs nicht nur einmal vorkommen, dass Kargl wie selbstverständlich – nicht etwa aus einem angeberischen Geltungsdrang heraus – passende Zitate einstreut.
Und seine musikalischen Heroen? „Ach, da gibt es so viele, es ist schwer, einen hervorzuheben. Am ehsten natürlich Bach, der ist und bleibt der Übervater, aber das trifft ja für viele zu.“
Vom Menscheln
Kunst, so ist Kargl überzeugt, „macht den Menschen jedenfalls menschlicher – wobei es völlig egal ist, ob man sie hobbymäßig oder beruflich betreibt.“ Dies meint er aber keinesfalls in einem elitären Sinne, „Musiker, Künstler sind keine besseren Menschen“, sehr wohl aber in einem sozialen. Vielleicht ist man dadurch näher am Leben dran, setzt sich damit stärker auseinander, oder ist – wie im Falle jener Wirkungsbereiche, in denen Kargl tätig ist – auch unmittelbarer involviert. „Ein Chor, ein Orchester, in dem 20-80 Leute zusammen sind, schärft sicher die soziale Kompetenz. Das sind ja unglaubliche soziale Gebilde!“
Gebilde, in denen es vor allem „menschelt“, wie man so schön sagt. Das kann entweder gehörig aus dem Ruder laufen, wenn Eiteltkeit, Eifersüchteleien und Intrigen überhand nehmen, oder es kann zu grandiosen, erfüllenden Gemeinschaftserlebnissen führen „wenn man sein Ego im Dienste eines großen Ganzen, eines gemeinsamen Zieles ein bisschen zurücknimmt und versucht, eine gemeinsame Sprache zu finden.“ Dem Chor- und Kapellmeister kommt dabei nicht nur die künstlerische Führerschaft zu, sondern er muss vor allem auch die „Bestie Orchester“, wie sie etwa Federicco Fellini in seinem gleichnamigen Film „prova d’orchestra“ nachzeichnete, wie ein Dompteur in Schach, bei Laune halten. Ob Kargl dabei eher der Kategorie „autoritär“ oder „kumpelhaft“ zuzuzählen ist, „kann ich selbst nicht einschätzen“, aber aus einer grundsätzlichen Überzeugung macht er kein Hehl: „Demokratie gibt es natürlich keine!“
Evolutionstheorie
Im Künstlerischen sowieso nicht. Der Dirigent wählt die Werke aus, er hat seine Vorstellung davon, wie sie klingen sollen. „Man kann da nicht die Leute fragen, ob es ihnen passt.“ Der Einfluss der jeweiligen Klangkörper erfolgt eher indirekt, dafür aber unmittelbar im Zuge des Probenprozesses, wenn der Dirigent – sozusagen mit der Wirklichkeit seiner Vision konfrontiert – noch weiter am Stück „herumschraubt“, ausprobiert. Wobei man als guter Dirigent, wie Kargl überzeugt ist, ohnedies nicht vom Himmel fällt. „Das ist work in progress. Mit 20 Jahren kann man noch kein großer Musiker sein. Ein großer Techniker vielleicht, aber kein großer Musiker – das kommt erst mit den Jahren.“
Also mit der Erfahrung, der steten Auseinandersetzung, dem Anwenden. Dabei ist, insbesondere wenn man wie Kargl mit vielen Laien zusammenarbeitet, nicht minder wichtig, die Musiker nicht zu überfordern. „Du kannst noch so hochtrabende Vorstellungen haben, aber wenn das Ensemble diese nicht umsetzen kann, hilft dir das gar nichts.“ Kurzum, wer seine Musiker überfordert, ist in Wahrheit ein schlechter Dirigent mit dementsprechend niedrigem Output sowie hoher Frustrationsgefahr.
Umgekehrt gilt es durch das richtige Maß sozusagen das Beste, das Maximum des Möglichen freizulegen – und dies kann großartig sein. „Letztlich geht es um eine stete Weiterentwicklung, das ist die Herausforderung“, ist Kargl überzeugt und zitiert Cicero „‘Was langsam reift, bleibt lange frisch!’“ Genauso ist es! Natürlich kann man Profis einkaufen, sozusagen den schnellen Erfolg suchen – aber dieser verpufft auch ebenso rasch wieder.“ Und stößt wohl jene, die allwöchentlich ihr Bestes geben, über kurz oder lang vor den Kopf.
Kargl zieht aus diesem Entwicklungsprozess, aus der unstillbaren Sehnsucht, sich zu verbessern, auch seine ganz persönliche künstlerische Motivation. „Denn sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben hieße ja nichts anderes als in Routine zu verfallen – und diese ist bekanntlich der Tod jeder künstlerischen Arbeit!“
Im Künstlerischen sowieso nicht. Der Dirigent wählt die Werke aus, er hat seine Vorstellung davon, wie sie klingen sollen. „Man kann da nicht die Leute fragen, ob es ihnen passt.“ Der Einfluss der jeweiligen Klangkörper erfolgt eher indirekt, dafür aber unmittelbar im Zuge des Probenprozesses, wenn der Dirigent – sozusagen mit der Wirklichkeit seiner Vision konfrontiert – noch weiter am Stück „herumschraubt“, ausprobiert. Wobei man als guter Dirigent, wie Kargl überzeugt ist, ohnedies nicht vom Himmel fällt. „Das ist work in progress. Mit 20 Jahren kann man noch kein großer Musiker sein. Ein großer Techniker vielleicht, aber kein großer Musiker – das kommt erst mit den Jahren.“
Also mit der Erfahrung, der steten Auseinandersetzung, dem Anwenden. Dabei ist, insbesondere wenn man wie Kargl mit vielen Laien zusammenarbeitet, nicht minder wichtig, die Musiker nicht zu überfordern. „Du kannst noch so hochtrabende Vorstellungen haben, aber wenn das Ensemble diese nicht umsetzen kann, hilft dir das gar nichts.“ Kurzum, wer seine Musiker überfordert, ist in Wahrheit ein schlechter Dirigent mit dementsprechend niedrigem Output sowie hoher Frustrationsgefahr.
Umgekehrt gilt es durch das richtige Maß sozusagen das Beste, das Maximum des Möglichen freizulegen – und dies kann großartig sein. „Letztlich geht es um eine stete Weiterentwicklung, das ist die Herausforderung“, ist Kargl überzeugt und zitiert Cicero „‘Was langsam reift, bleibt lange frisch!’“ Genauso ist es! Natürlich kann man Profis einkaufen, sozusagen den schnellen Erfolg suchen – aber dieser verpufft auch ebenso rasch wieder.“ Und stößt wohl jene, die allwöchentlich ihr Bestes geben, über kurz oder lang vor den Kopf.
Kargl zieht aus diesem Entwicklungsprozess, aus der unstillbaren Sehnsucht, sich zu verbessern, auch seine ganz persönliche künstlerische Motivation. „Denn sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben hieße ja nichts anderes als in Routine zu verfallen – und diese ist bekanntlich der Tod jeder künstlerischen Arbeit!“
Himmlisch
Eine zweite, sehr persönliche Motivation, mag auch der Glaube sein, wobei sich hier der Kreis zu seinem heutigen Wirkungsbereich, der Kirchenmusik, zu schließen scheint. „Ich selbst bin ja sehr volksfrömmig aufgewachsen – das ist die schönste Form des Glaubens überhaupt, weil sie ein bisschen kindlich naiv daherkommt. Aber so richtig zum Glauben gebracht hat mich eigentlich erst die Musik Johann Sebastian Bachs!“
Die Musik, die universalste aller Künste, als Mittler zum Glauben, zu einem tieferen Sinn? „Das ist das Besondere an der Kirchenmusik! Einem glaubenden Menschen hilft sie, seinen Glauben noch weiter zu vertiefen, und einen Nicht-Glaubenden bringt sie dazu, sich zumindest mit der Musik, mit den Texten auseinanderzusetzen, sie auf sich einwirken zu lassen – und auch mit ihm wird etwas geschehen.“ Vielleicht möchte Kargl diese persönlich-spirituelle Erfahrung durch sein Wikren weitergeben. Freilich nicht in einem missionarisch-dogmatischem Sinne, sondern eher als Angebot an die Seele. Die Kirchenmusik lässt sozusagen niemanden kalt, nicht einmal die hartgesottensten Atheisten wie etwa den rumänischen Philosophen Cioran, den Kargl zum Abschluss zitiert. „Er meinte sinngemäß ‘Wenn es Jesus nicht gäbe, wäre die Musik Bachs reine Illusion!‘ So ist es doch wirklich: Es gäbe so vieles nicht – irgendetwas muss dran sein!“ ZUR PERSON
Otto Kargl, geboren im steirischen Gaal, ist seit 1992 Domkapellmeister zu St. Pölten und damit oberster Leiter der Dommusik. Dieser gehören aktuell rund 180 aktive Mitglieder an. Zur Dommusik zählen Domchor, Domkantorei, Domorcheser, Choralschola, Frauenschola, Solistenensemble, Jugendensemble sowie Kinder- und Schülerchor. Die meisten davon leitet Kargl selbst, ureigenste Aufgabe ist die musikalische Gestaltung der Messen und lithurigischen Feierlichkeiten.
Kargl leitet zudem das 1984 gegründete Ensemble „capella nova graz“, unterrichtet am St. Pöltner „Konservatorium für Kirchenmusik, Gregorianik und Chordirigieren“ und ist Leiter des renommierten Festivals Musica Sacra, das heuer von 7.9. – 12.10. stattfindet (www.festival-musica-sacra.at). Neben dem Pflegen der kirchenmusikalischen Tradition ist Kargl in seinem programmatisch-künstlerischen Ansatz ebenso die Präsentation zeitgenössischer Sakralmusik ein Anliegen. „Ein ‚Museum‘ interessiert mich nicht!“
Eine zweite, sehr persönliche Motivation, mag auch der Glaube sein, wobei sich hier der Kreis zu seinem heutigen Wirkungsbereich, der Kirchenmusik, zu schließen scheint. „Ich selbst bin ja sehr volksfrömmig aufgewachsen – das ist die schönste Form des Glaubens überhaupt, weil sie ein bisschen kindlich naiv daherkommt. Aber so richtig zum Glauben gebracht hat mich eigentlich erst die Musik Johann Sebastian Bachs!“
Die Musik, die universalste aller Künste, als Mittler zum Glauben, zu einem tieferen Sinn? „Das ist das Besondere an der Kirchenmusik! Einem glaubenden Menschen hilft sie, seinen Glauben noch weiter zu vertiefen, und einen Nicht-Glaubenden bringt sie dazu, sich zumindest mit der Musik, mit den Texten auseinanderzusetzen, sie auf sich einwirken zu lassen – und auch mit ihm wird etwas geschehen.“ Vielleicht möchte Kargl diese persönlich-spirituelle Erfahrung durch sein Wikren weitergeben. Freilich nicht in einem missionarisch-dogmatischem Sinne, sondern eher als Angebot an die Seele. Die Kirchenmusik lässt sozusagen niemanden kalt, nicht einmal die hartgesottensten Atheisten wie etwa den rumänischen Philosophen Cioran, den Kargl zum Abschluss zitiert. „Er meinte sinngemäß ‘Wenn es Jesus nicht gäbe, wäre die Musik Bachs reine Illusion!‘ So ist es doch wirklich: Es gäbe so vieles nicht – irgendetwas muss dran sein!“ ZUR PERSON
Otto Kargl, geboren im steirischen Gaal, ist seit 1992 Domkapellmeister zu St. Pölten und damit oberster Leiter der Dommusik. Dieser gehören aktuell rund 180 aktive Mitglieder an. Zur Dommusik zählen Domchor, Domkantorei, Domorcheser, Choralschola, Frauenschola, Solistenensemble, Jugendensemble sowie Kinder- und Schülerchor. Die meisten davon leitet Kargl selbst, ureigenste Aufgabe ist die musikalische Gestaltung der Messen und lithurigischen Feierlichkeiten.
Kargl leitet zudem das 1984 gegründete Ensemble „capella nova graz“, unterrichtet am St. Pöltner „Konservatorium für Kirchenmusik, Gregorianik und Chordirigieren“ und ist Leiter des renommierten Festivals Musica Sacra, das heuer von 7.9. – 12.10. stattfindet (www.festival-musica-sacra.at). Neben dem Pflegen der kirchenmusikalischen Tradition ist Kargl in seinem programmatisch-künstlerischen Ansatz ebenso die Präsentation zeitgenössischer Sakralmusik ein Anliegen. „Ein ‚Museum‘ interessiert mich nicht!“