Unterbelichtet
Text
Christoph Wagner
Ausgabe
Fraglos wäre es fein, ließe sich die Unbeschwertheit des Urlaubes ein wenig konservieren. Aber das Leben ist kein Wurlitzer, am allerwenigsten für jene Menschen, die in St. Pölten schlafen aber in Wien arbeiten, also kurz „Pendler“ gerufen werden. Deren Unbeschwertheit wird am ersten Arbeitstag um exakt 7.58 vom „Allegro Don Giovanni“ überrollt. Da hocken sich die Pendler nämlich gerade auf die orthopädischen Verbrechen von Gangnotsitzen, in einem Zug, der um 7.43 hätte abfahren sollen. Christoph W., treuer Leser dieser Kolumne, berichtet, dass er bei seinen letzten vier Montagsfahrten mit dem guten Don nie einen regulären Platz ergattern konnte und zwei Mal gar am nackten Boden kauerte, die Knie auf Höhe der Ohrläppchen arretiert. Einen Ganzkörperkrampf verhinderte nur das mehrmalige Aufstehen, erzwungen von schwachen Blasen, die zum Klo drängelten, oder etwas ängstlichen Zugfahrern, die schon auf der Höhe von Neulengbach mit der Vorbereitung auf das Aussteigen in Wien begannen. Als sich W. einmal ganz renitent in die 1. Klasse setzte, enthielt das übliche Geplänkel mit dem Schaffner („Da müss ma aufzahlen.“ „Sicher nicht, ich setz mich nicht schon wieder auf den Boden.“ „Sie zahlen nur fürs Mitfahren und nicht für den Sitzplatz.“ „Warum kann man nicht zusätzliche Wagons anhängen?“) eine bemerkenswerte Information: „Wir können nicht mit mehr Wagons fahren, weil es zu wenig Personal gibt. Wir sind jetzt schon unterbesetzt und dürften nicht fahren.“
Kann es sein, dass die ÖBB ihre Passagiere nicht nur am Boden sitzen lässt, sondern auch unter Missachtung von Auflagen transportiert?
Kann es sein, dass die ÖBB ihre Passagiere nicht nur am Boden sitzen lässt, sondern auch unter Missachtung von Auflagen transportiert?